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Aus vielen Stimmen wird ein Chor
ОглавлениеDer Austausch der Bürgerinnen und Bürger untereinander sowie der Dialog mit den Expertinnen und Experten hat deutlich gemacht: Wir brauchen in vielen Bereichen des Gesundheitswesens einen Neustart! Dies wurde auch im Rahmen der Online-Umfrage im Vorfeld des virtuellen Bürgerforums bestätigt. Von 226 Abstimmenden hält fast die Hälfte das deutsche Gesundheitssystem für ziemlich (36,7 Prozent) oder sehr (12,4 Prozent) reformbedürftig. 42,9 Prozent sehen einen mittleren Reformbedarf und nur für acht Prozent der Befragten ist der Reformbedarf gering.
Dass diese Zahlen weder Ausdruck allgemeiner Politikverdrossenheit noch in hohem Maße der Verunsicherung durch die Corona-Krise geschuldet sind, zeigt sich in dem großen Engagement, der Ernsthaftigkeit und der Kreativität, mit denen sich die Bürgerinnen und Bürger in die Debatte eingebracht haben. Die Diskussionen wurden überaus differenziert geführt und belegen einmal mehr die These von der kollektiven Intelligenz: Viele unterschiedliche Perspektiven auf ein Thema bringen mehr Facetten und Aspekte ans Licht, was wiederum intelligentere Entscheidungen ermöglicht.
In der Vergangenheit wurde die Ressource „Bürger“ für die Gestaltung und das Funktionieren des Gesundheitswesens kaum genutzt. Betrachtet man das gesamte Panorama der Argumente, Ideen, Empfehlungen und Forderungen, die im Verlauf der Neustart!-Bürgerdialoge angesprochen und beleuchtet wurden, erscheint es fast schon fahrlässig, dieses Potenzial nicht auszuschöpfen. Die Voraussetzung dafür wäre allerdings die Bereitschaft der Akteure, auch einmal den Blick über den Tellerrand hinaus zu wagen, denn das Gesundheitswesen der Zukunft, wie es die Bürgerinnen und Bürger skizziert haben, schert sich nicht um die Grenzen zwischen Ressorts oder Sozialgesetzbüchern. Gefragt ist vielmehr ein ganzheitlicher Ansatz im Sinne von „Health in All policies“ – Gesundheitsvorsorge und -fürsorge ist ein Querschnittsthema, das in nahezu alle Politikbereiche von der Bildungs- und Sozialpolitik über die Verkehrs- und Umweltpolitik bis hinein in die Ernährungs- und Verbraucherschutzpolitik reicht.
Die Bereitschaft zur aktiven Mitgestaltung der Menschen ist da. Dieses Momentum zu nutzen, könnte zukünftigen Reformvorhaben viel Rückenwind verleihen – sofern sie sich denn an den Vorstellungen der Bürgerinnen und Bürger orientieren. Die wichtigste Säule stellt dabei – das haben die Bürgerinnen und Bürger auf vielfältige Weise zum Ausdruck gebracht – der Solidargedanke dar. Das gilt nicht nur für die Finanzierung des Systems, sondern auch für seine Ausgestaltung.