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b) Kodifikation von Standards

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Sprachliche Standards müssen kodifiziert werden, damit sie wirksam werden können. Die Kodifikation betrifft vor allem Wortschatz und Grammatik, aber auch die Regeln, Normen und Konventionen der Sprachverwendung.

Die Kodifikation des Wortschatzes einer Sprache erfolgt in einsprachigen und mehrsprachigen Wörterbüchern. Am Anfang der lexikalischen Kodifikation des Deutschen standen lateinisch-deutsche Glossare für den Schulgebrauch. Seit dem späten 15. Jahrhundert wurden Glossare gedruckt, die mehrere Volkssprachen miteinander verbanden. Im 16. und 17. Jahrhundert waren polyglotte Wörterbücher verbreitet (JonesJones, William Jervis, German Lexicography; MüllerMüller, Peter O., Deutsche Lexikographie; GlückGlück, Helmut, Deutsch als Fremdsprache). Erst seit dem 18. Jahrhundert spielt das einsprachige Wörterbuch, das den Muttersprachlern Wortbedeutungen anbietet, eine Rolle (GlückGlück, Helmut, Die Fremdsprache Deutsch). Neben allgemeinsprachlichen Wörterbüchern wurden schon früh fachsprachliche Wörterbücher verfasst, die z.B. den Warenhandel, die Pharmazie, die Jagd oder das Kriegswesen lexikalisch erschlossen. Solche Wörterbücher dehnten die Reichweite des Standards aus und stabilisierten ihn. Wörterbücher legen in alphabetisch verschrifteten Sprachen den Standard für die lautliche Realisierung in erheblichem Umfang fest. Aussprachewörterbücher sind eine relativ junge Gattung. In einigen Sprachräumen gibt es sog. Akademiewörterbücher, die den Wortschatz mit hohem Verbindlichkeitsanspruch dokumentieren und normieren, in Frankreich seit 1694, in Italien seit 1612, in (West-)Friesland seit 1984. Für das Deutsche gibt es kein solches Wörterbuch. Moderne korpusgestützte Wörter-»Bücher« stützen sich auf große Datenmengen aus dem Internet (KleinKlein, Wolfgang, »Von Reichtum und Armut«). Sie verstehen sich als deskriptiv, weil sie lediglich den Sprachgebrauch abbilden wollen.

Die Kodifikation von Phonologie, Morphologie und Syntax geschieht durch Grammatiken und Lehrbücher (›grammaticae minores‹). Grammatikographen müssen aus dem Sprachmaterial, das sie als einschlägig betrachten, ständig auswählen und darüber entscheiden, welche der vorhandenen (dialektalen, soziolektalen usw.) Varianten zu standardsprachlichen Mustern erklärt werden sollen und welche nicht. In Westeuropa war die lateinische Grammatik des Aelius DonatusDonatus, Aelius (4. Jahrhundert) das unhintergehbare Vorbild, von dem sich erst die Grammatiker des 18. Jahrhunderts allmählich lösten. Es gab immer wieder Grammatiker, deren Werke Vorbilder wurden, im deutschsprachigen Raum z.B. Johann Christoph GottschedGottsched, Johann Christoph und Johann Christoph AdelungAdelung, Johann Christoph im 18. Jahrhundert, die Brüder Grimm, WilhelmGrimmGrimm, Wilhelm und Karl Ferdinand BeckerBecker, Karl Ferdinand im 19. Jahrhundert, Hermann PaulPaul, Hermann, Gerhard HelbigHelbig, Gerhard und Peter EisenbergEisenberg, Peter im 20. Jahrhundert, doch gab es nie eine Grammatik, die verbindlich war für den Gebrauch in Schulen und Behörden. In anderen Sprachräumen erheben Akademiegrammatiken diesen Anspruch; sie werden mitunter durch Rechtsakte für verbindlich erklärt, z.B. in Bulgarien oder Lettland.

Die Verfasser der Wörterbücher und Grammatiken des Deutschen beriefen sich bis etwa 1980 auf vorbildliche religiöse, juristische, literarische, wissenschaftliche oder administrative Texte. Danach setzten sich deskriptive Prinzipien durch; man will sich seither eher am durchschnittlichen Sprachgebrauch orientieren. Die normativen Effekte von Deskriptionen werden kontrovers diskutiert.

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