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d) Vermittlungsaspekte

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Die Pragmatik der Mehrsprachigkeit ist angesichts von Globalisierungserscheinungen und zunehmender demographischer Vielfalt eigentlich ein konstitutives Thema für den Unterricht, insbesondere den Fremdsprachenunterricht. Aber sie findet trotz der pragmatischen Wende der 1970er Jahre (›Kommunikative Sprach- und Literaturdidaktik‹) nur ansatzweise Eingang in die unterrichtliche Praxis. Die vor allem auf Formaspekte der Zielsprache abgestellte Didaktik orientiert sich mehrheitlich an monoglottalen und sterilen Normen einer schwer definierbaren ›Allgemeinsprache‹, die mit der Kommunikationsrealität einer zunehmend mehrsprachigen Schülerschaft und deren Ausdruckspotenzialen wenig zu tun haben und daher in der Kommunikationspraxis oft auch nur schwer, wenn überhaupt, nutzbar sind. In der Fremdsprachendidaktik gilt verbreitet das Primat der Einfachheit und die Angst vor Komplexität, die kaum Raum für pragmatische Variation lassen. Für Literatur, zumal eine anspruchsvolle mehrsprachige, ist in diesen Konzepten kein Platz.

Folglich bleiben auch die katalytischen Potentiale von Mehr-Sprachen ungenutzt. Etwa wie es die von der kognitiven Linguistik inspirierte kognitive Sprachdidaktik, die Mehrsprachigkeits-/Interkomprehensionsdidaktik, die interkulturelle Sprachdidaktik, die Didaktik der Erinnerungsorte oder einfache Methoden wie die diglot-weave-method oder der Einsatz des Euro-Latein zur Vermittlung von Wortschatz tun. All diesen Ansätzen und Methoden ist gemein, dass sie die sprachlichen und linguakulturellen Vorkenntnisse der Lerner konstruktiv für die Sprachenvermittlung und den Sprachenerwerb nutzen, indem sie kontrastiv vermittelnd entweder stärker form- oder pragmatisch-orientiert an vorhandene Konzepte bei den Lernern andocken. Die kognitive Sprachdidaktik versucht etwa, über konzeptuelle Metaphern und Bildschemata verschiedener Linguakulturen (z.B. das Konzept der Fläche in sous la pluie/bajo la lluvia im Französischen und Spanischen vs. das Konzept des Containers in im Regen/in the rain im Deutschen und Englischen, vgl. EvansEvans, Vyvyan/TylerTyler, Andrea, »Applying cognitive linguistics to pedagogical grammar«) die Transferdifferenz zwischen den Linguakulturen zu bestimmen und für Lerner salient und damit nutzbar zu machen. Gleichzeitig ergibt sich aus der Orientierung auf die Bedeutungen in Linguakulturen eine aus vermeintlichen Simplizitätsgründen bisher unterentwickelte, produktive Schnittstelle zwischen Sprach- und Kultur-/Literaturvermittlung. Auf der Bedeutung – und den vorhandenen Ressourcen des kulturellen und sprachlichen Grenzgängertums – basieren die interkulturelle Literaturdidaktik des Dialogs (vgl. OliverOliver, José F., Lyrisches Schreiben im Unterricht) und die Poetikdozentur und Schulprogramme des Internationalen Forschungszentrums Chamisso-Literatur.

Literatur und Mehrsprachigkeit

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