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2 Ein appellativischer Beleg

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Einen wortgeschichtlich bedeutsamen Beleg von burgus in appellativischer Verwendung liefert nun eine etwas oberhalb des Moseltals, zwischen Bernkastel-Kues und Koblenz, in Mittelstrimmig (Ortsteil Liesenich), gefundene Bauinschrift. Dort heißt es:

Qui burgum (a)edificaverunt Lup(ulinius) Am/minus pr(a)efectus Sab(inius) Acceptio Vid(ucius) / Perpetu(u)s Flavius Tasgillus CO() Lepidus / Min(ucius) Luppus cum C(a)es(ius) Ursulus paratus / est Victorino Augusto et / Sa(n)cto co(n)s(ulibus) X Kal(endas) Iunias

Hier erbauten der Präfekt Lupulinus Amminus, Sabinius Acceptio Viducius, Perpetuus Flavius Tasgillus, CO(), Lepidus Minucius Luppus gemeinsam mit Caesius Ursulus einen Burgus; er wurde für den Herrscher Victorinus und für Sanctus, die Konsulen, eingerichtet, 10 Tage vor den Kalendae des Juni (Übers. Th.K.)1

Die Inschrift ist auf einen 23. Mai datiert, der von der Forschung dem Jahr 270 n. Chr. zugeschrieben wird.2

Der Beleg ist für die Wortgeschichte von zentraler Bedeutung; denn burgus referiert hier auf einen spezifischen, unmittelbar vor Anbringung der Inschrift ausgeführten Gebäudetyp und nicht auf einen gesamten Siedlungskomplex (Grenzkastell mit canaba), nämlich auf eine kleinere, aber in massiver Steinbauwiese ausgeführte, turmähnliche Befestigungsanlage.

Durch Wiederstandsmessungen im Erdreich des Vicus bei Mittelstrimmig ließ sich die inschriftlich belegte Kleinfestung genauestens lokalisieren. Mächtige Mauern schützten ein 13x18 m großes durch Räume unterteiltes Gebäude mit kleinem Innenhof. Der Festungsbau war von zwei Gräben umgeben. Die bis zu 48 m langen Gräben zeigen keine Unterbrechung, der Zugang führte über Brücken. (Thoma 2006:online; cf. auch die dort veröffentliche Rekonstruktion des Gebäudes). Bemerkenswert ist auch die frühe Datierung der Inschrift, denn erst ca. 100 Jahre später, im Zuge des Ausbaus des Limes unter Valentinian (Kaiser von 364–375) wurden Gebäude dieser Art zur Sicherung in regelmäßigen Abständen an der gesamten Reichsgrenze ausgeführt, wie durch Ammianus Marcellinus bezeugt wird:

At Valentinianus magna animo concipiens et utilia, Rhenum omnem a Raetiarum exordio, ad usque fretalem Oceanum, magnis molibus communiebat, castra extollens altius et castella, turresque assiduas per habiles locos et opportunos, qua Galliarum extenditur longitudo: non numquam etiam ultra flumen aedificiis positis, subradens barbaros fines. (Ammianus Marcellinus XVIII, 2, 1; 1950:122)

But Valentinian, meditating important and useful plans, fortified the entire Rhine from the beginnings of Raetia as far as the strait of the Ocean with great earthworks, erecting lofty fortresses and castles, and towers at frequent intervals, in suitable and convenient places as far as the whole length of Gaul extends; in some places also works were constructed even on the farther bank of the river, which flows by the lands of the savages. (Ammianus Marcellinus XVIII, 2, 1; 1950:122)

Ausgerechnet der Ausdruck burgus wird hier allerdings nicht genannt; er findet sich jedoch bei einem anderen Autor, Vegetius, mit Bezug auf dasselbe Befestigungsprogramm. Vegetius empfiehlt in seinen Epitoma rei militaris (Ende des 4. Jhs.) die Sicherung von außerhalb der Siedlungen gelegenen Wasserstellen durch Mauern und weiterhin durch Errichtung kleiner Kastelle, die als burgus bezeichnet werden:

[…] castellum paruulum, quem burgum vocant, inter ciuitatem et fontem conuenit fabricari ibique ballistas sagittariosque constitui ut aqua defendatur ab hostibus (Flavius Vegetius Renatus IV, 10; 1885:135)

[…] es ist angebracht, zwischen Stadt und Quelle ein kleines Kastell zu errichten, das Burgus genannt wird, und dort Wurfmaschinen und Bogenschützen zu stationieren, damit das Wasser vor den Feinden verteidigt wird. (Übers. ThK.)

In diesen Kontext der systematischen Grenzbefestigung gehören auch die beiden oben genannten Namen aus Pannonien sowie drei andere, im CIL (online) dokumentierte appellativische Verwendungen von burgus in römischen Bauinschriften; sie stammen allesamt direkt von der Reichsgrenze, nämlich aus Ybbs an der Donau (Noricum, CIL 03, 05670a), aus Etzgen am Hochrhein (Germania superior, CIL 13, 11538 ) und aus Esztergom (Pannonia superior, CIL 03, 03653). Der Bezeichnungstyp ist dann in der Neuzeit auch als terminus technicus in die provinzialrömische Archäologie eingegangen. Wichtiger ist jedoch in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass man genau in dem mit burgus bezeichneten spätrömischen Festungstyp den Vorläufer der mittelalterlichen Steinburgen sehen muss. David Thomas (2017; s.v. Burgus) weist darauf hin, dass nicht selten sogar eine unmittelbare Bebauungskontinuität in situ festgestellt werden kann: „Oft sind diese strategisch vorteilhaft gelegenen Befestigungen überlagert von mittelalterlichen Burgen.“

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