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3.3 Die Entstehung der Modalpartikel donc

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Die Grammatikalisierung des dritten, eindeutig als Modalpartikel ausgemachten Lexems donc nahm ihren Verlauf im Vergleich zu den beiden erstgenannten Beispielen deutlich später. Erste Hinweise auf eine Grammatikalisierung lassen sich erst in den 30er-Jahren des 19. Jahrhunderts nachweisen.

 (14) Laisse-moi donc finir. (DELAVIGNE Casimir, Les Enfants d’Édouard, 1833, p. 131)

Auffällig bei der Grammatikalisierung dieses Lexems ist die Verschiebung von donc, welches normalerweise vor dem finiten Verb steht und als Modalpartikel die mittelfeldähnliche Position zwischen finitem und infinitem Verb einnimmt. Während auf syntaktischer Ebene die Evidenzen sehr klar für eine Grammatikalisierung als Modalpartikel sprechen, sind diese auf semantischer Ebene bei weitem nicht so eindeutig.

Aus semantischer Sicht ist es durchaus nicht selbstverständlich anzunehmen, dass es sich in den entsprechenden Belegen für donc nicht weiterhin um Verwendungen als Konjunktion handelt das Ausgangslexem in diesem Grammatikalisierungsprozess. Wir haben es bei den Belegen meist mit bridging-Kontexten zu tun. Dass es sich in den entsprechenden Fällen jedoch nicht mehr eindeutig um eine Konjunktion handelt, bekräftigt eine Betrachtung der kommunikativen Interaktion in den entsprechenden Okkurrenzen, die zeigt, dass durchaus ein Fremdbewusstseinsabgleichprozess ausgelöst wird. Auch die Berücksichtigung des jeweiligen Kontextes der Okkurrenzen lässt keine sichere Schlussfolgerung auf einen Grammatikalisierungsprozess zu, wobei der syntaktische Wandel, der typisch für den entsprechenden Prozess ist (cf. Wegener 1998; Detges/Waltereit 2016), zweifelsfrei ersichtlich ist.

Die Veränderung der Illokution, wie sie bei bien besonders eindeutig und anschaulich ist, kann für donc zwar belegt werden, jedoch ist sie in ihrerEindeutigkeit nicht vergleichbar – zumindest nicht bei den gefundenen Korpusbelegen. Eine Validierung durch eine Erweiterung der Korpusrecherche und eine Durchführung möglicher Tests zur Perzeption und zum Verständnis mit L1-Sprechern wären daher in diesem Fall erforderlich. Die Veränderung der Illokution durch donc, das lediglich in Aufforderungssätzen nachgewiesen werden konnte, wie bereits Meisnitzer (2012:347) konstatiert, schwächt in Kombination mit entsprechender Intonation die Proposition der Aufforderung ab, da dem Adressaten die Möglichkeit gegeben wird, das gemeinsame Wissen zu verhandeln. Die syntaktische Positionierung, wie sie für Modalpartikeln typisch ist, konnte in Aufforderungssätzen erstmals zu Beginn des 20. Jahrhunderts nachgewiesen werden.

 (15) Reconnais-moi donc ! (CLAUDEL Paul, La Jeune fille Violaine [2e version], 1901, p. 642).

Eine Funktion von donc als Adverb zur Bekräftigung des Gesagten kann zwar nicht vollständig ausgeschlossen werden, ist jedoch wegen der funktionalen und pragmatischen Ähnlichkeit mit den Modalpartikeln, wie sie im heutigen Französisch vorkommen, unwahrscheinlich. Eine weitere Zunahme der Okkurrenzen von donc als Modalpartikel lässt sich – wie auch bei den anderen zuvor besprochenen Modalpartikelkandidaten – im Laufe des 20. Jahrhunderts beobachten.

Anhand der Skizzierung der Grammatikalisierung der Modalpartikeln im Französischen wurde ersichtlich, dass die jeweiligen Prozesse analog zu denen der deutschen Pendants verlaufen und den Beobachtungen zu den Etappen des entsprechenden Prozesses führender Forscher auf dem Gebiet der Modalitätsforschung entsprechen (cf. z.B. Wegener 1998; Detges/Waltereit 2016). So konnte bei allen Lexemen auf dem Weg vom Quelllexem hin zur Modalpartikel eindeutig ein Verlust der syntaktischen Mobilität und der lexikalischen Semantik nachgewiesen werden, auch wenn dieser unterschiedlich weit fortgeschritten und z.B. im Fall von donc bei einigen Okkurrenzen bei weitem noch nicht so eindeutig wie bei bien und quand même ist und daher noch stärker von der Intonation abhängt. Es konnten hingegen keine Fälle nachgewiesen werden, bei denen der Verlust der semantischen Substanz vor einer syntaktischen Veränderung auftrat, vielmehr scheinen die beiden Schritte Hand in Hand zu gehen und zu korrelieren. Da auch heute jede Modalpartikel noch ein volllexikalisches Pendant aufweist und Okkurrenzen in bridging-Kontexten immer noch nachweisbar sind, kann gefolgert werden, dass die jeweiligen Grammatikalisierungsprozesse noch nicht vollständig abgeschlossen, aber unterschiedlich weit fortgeschritten sind. Es handelt sich somit auch in der Gegenwart noch um on-going Grammatikalisierungsprozesse.

Diese Einsicht legt es nahe, eine Prototypizitätsskala zu erstellen, welche die verschiedenen Grade der Grammatikalisierung von Modalpartikeln erfasst. Hierbei könnten auch weitere potenzielle Kandidaten, für die es jedoch bisher keine eindeutigen Belege gibt, sondern vielmehr Beispiele von Verwendungen in möglichen bridging-Kontexten attestiert sind, integriert werden. Wünschenswert wäre dabei auch eine Erweiterung der Daten unter Integration synchroner sprachlicher Beispiele aus der Nähesprache. Dies hätte den Mehrwert, dass eine genauere Erforschung der Grammatikalisierung von Modalpartikeln möglich würde, da eine Rekonstruktion dieser von bereits (mehr oder weniger) vollständig grammatikalisierten Modalpartikeln, wie bereits problematisiert wurde, durchaus Grenzen aufweist und stark interpretationsabhängig ist.

Eine Datierung/Periodisierung der Entwicklungsetappen kann aufgrund des konservativen Charakters der geschriebenen Sprache nur tentativ vorgenommen werden unter Angabe von Tendenzen und mit der Gewissheit, dass die Verwendungen in der gesprochenen Sprache bereits wesentlich früher routinisiert waren beziehungsweise stärkere Routine aufwiesen.

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