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|30|Robert Barnes
(ca. 1495–1540) 1. Leben

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Der englische Augustinereremit Robert Barnes wurde wahrscheinlich um 1495 in King’s Lynn in Norfolk geboren. Seine Ausbildung erhielt er im Augustinerkonvent in Cambridge, zu dessen Prior er 1523 gewählt wurde, sowie an den Universitäten Cambridge und Löwen. Ebenfalls 1523 wurde er in Cambridge zum Doktor der Theologie promoviert. Allerdings war sowohl seine monastische als auch seine universitäre Karriere nur von kurzer Dauer: Aufgrund einer an Weihnachten 1525 in der St Edward’s Church in Cambridge gehaltenen Predigt wurde Barnes der Häresie angeklagt und musste im Februar 1526 in London im Rahmen einer öffentlichen Bußzeremonie widerrufen. Anschließend durfte er nicht, wie erwartet, nach Cambridge zurückkehren, sondern wurde zunächst weiterhin in London inhaftiert, bevor er im dortigen Augustinereremitenkonvent unter Hausarrest gestellt wurde. Dort konnte er allerdings Besuch empfangen und lehren und genoss augenscheinlich noch weitere Freiräume. So beteiligte er sich offenbar – anfangs unbemerkt – am Handel mit in England verbotenen Büchern, wie beispielsweise der Übersetzung des Neuen Testaments von William Tyndale. Als diese Aktivitäten jedoch ruchbar wurden, brachte man Barnes nach Northampton, wo ihm wahrscheinlich endgültig der Prozess hätte gemacht werden sollen. Einer erneuten Verurteilung kam er um den Jahreswechsel 1528/29 aber durch die Flucht auf den Kontinent zuvor. Ein festes Ziel auf dem europäischen Festland scheint er zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor Augen gehabt zu haben: Nach kürzeren Aufenthalten in Antwerpen, Lübeck und Hamburg erreichte er im Sommer 1530 schließlich Wittenberg, wo er zunächst bei Johannes Bugenhagen und später auch im Haushalt von Martin Luther und Katharina von Bora unterkam. Über Barnes’ Aufenthalt in Wittenberg, währenddessen er wahrscheinlich auch seine beiden akademischen Abhandlungen, die Sentenciae ex doctoribus collectae und die Vitae Romanorum Pontificum, verfasste, ist lediglich bekannt, dass er sich 1533 an der dortigen Universität immatrikulierte und an verschiedenen an der Universität gehaltenen Disputationen, wie jenen anlässlich der Doktorpromotion, Johannes Bugenhagens oder Johannes Aepinus’, teilnahm. |31|Mit dem späteren Hamburger Superintendenten Johannes Aepinus, der seinerseits seit seiner Ausbildung in Belbuck und Wittenberg freundschaftlich mit Johannes Bugenhagen, Martin Luther und Philipp Melanchthon verbunden war, war er bereits bekannt, seit er in Hamburg Station gemacht hatte.

Hinsichtlich seiner in den 1530er Jahren folgenden Karriere als Gesandter Heinrichs VIII. von England war Barnes’ Aufenthalt in Wittenberg von entscheidender Bedeutung. Nach der Trennung Heinrichs VIII. von Katharina von Aragón sowie der Loslösung Englands von der römischen Obödienz konzentrierte sich die englische Außenpolitik in erster Linie auf die Suche nach neuen Bündnispartnern. Barnes verfügte durch seine Bekanntschaft mit den sächsischen protestantischen Theologen auch über eine indirekte Verbindung zu deren Landesherrn Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, einem der führenden und einflussreichsten Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes. Die Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes wiederum galten aus englischer Sicht als potentielle neue Bündnispartner im Konflikt mit Kaiser und Papst. Aufmerksam auf Barnes’ Kontakte zu den Wittenbergern und deren möglichen Nutzen für die englische Außenpolitik war man von englischer Seite geworden, als Heinrich VIII. 1531 europaweit Gutachten zu seinem Eheproblem einholen ließ und es mit Barnes’ Hilfe gelang, trotz des angespannten Verhältnisses zwischen dem englischen König und Martin Luther auch ein Gutachten des Wittenbergers zu erhalten. Von diesem Zeitpunkt an wurde Barnes von Thomas Cromwell protegiert und in den folgenden Jahren mehrfach bei Bündnisverhandlungen zwischen England und dem Schmalkaldischen Bund eingesetzt. Diese führten ihn neben einer langwierigen Mission nach Sachsen (1535/1536) auch zu Christian III. von Dänemark (1539), der zwar selbst kein Mitglied des Schmalkaldischen Bundes, aber im April 1538 mit dessen einzelnen Mitgliedern ein Bündnis eingegangen war. Daneben kam Barnes auch beim Gegenbesuch einer schmalkaldischen Delegation in England (1538) zum Einsatz. Bei seinen am Ende erfolglosen Versuchen, eine Allianz zu vermitteln, ist auffällig, dass er sich durchaus von beiden Seiten in Dienst nehmen ließ.

Da es Barnes aber trotz aller Bemühungen nicht gelang, sich vollständig von dem Vorwurf der Häresie zu befreien sowie im Umfeld Heinrichs VIII. unabhängig von seinem Patron Thomas Cromwell zu etablieren, wurde ihm, nachdem er nach dem Scheitern der Ehe Heinrichs VIII. mit Anna von Kleve seinen diplomatischen Nutzen eingebüßt hatte, der Fall Cromwells zum Verhängnis. Wahrscheinlich um die gegen Cromwell konstruierten Häresievorwürfe zu erhärten, wurde er ohne ordentliches Verfahren durch ein Act of Attainder, ein parlamentarisches ad-hoc-Gesetz, zum Tode verurteilt und am 30. Juli 1540 auf dem Smithfield in London auf dem Scheiterhaufen hingerichtet.

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