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|32|2. Werk
ОглавлениеRobert Barnes verfasste zwei wissenschaftliche theologische Abhandlungen – die Sentenciae ex doctoribus collectae und die Vitae Romanorum Pontificum –, die in mehreren Auflagen sowie Bearbeitungen und volkssprachlichen Adaptionen vorliegen und bis weit in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts gedruckt wurden. Beide Werke hatten einen lehrbuchartigen Charakter und wurden daher auch für das Studium an protestantischen Hochschulen genutzt. Daneben richtete sich Barnes mit einer Bittschrift, der Supplication vnto Henry VIII an König Heinrich VIII. von England. Des Weiteren existiert ein bisher Barnes zugeschriebener Traktat mit dem Titel Dieweil jetzt so große Spaltung in allen Christen ist. Es handelt sich dabei um eine kurze Sammlung von allgemeinen Verhaltensregeln für verschiedene Lebenssituationen und -stationen. Aufgrund formaler sowie inhaltlicher Aspekte ist Barnes’ Autorenschaft aber zweifelhaft. Abgesehen von der englischsprachigen Supplication wurden Barnes’ Werke ausnahmslos im Reich – vor allem in Wittenberg, Nürnberg, Augsburg und Basel – gedruckt.
Die Sentenciae ex doctoribus collectae entstanden nach Barnes’ Flucht auf den Kontinent und wurden 1530 in Wittenberg bei Joseph Klug gedruckt. Ebenfalls bei Joseph Klug erschien 1536 eine inhaltlich prinzipiell identische, aber aufwendiger gestaltete Ausgabe. In Nürnberg druckte bereits im darauffolgenden Jahr wahrscheinlich Johannes Petreius eine deutschsprachige Version unter dem Titel Fürnemlich Artickel der Christlichen Kirchen. Sowohl die lateinische Erstausgabe als auch der deutsche Druck erschienen unter Barnes’ Pseudonym Antonius Anglus, das er während seiner Flucht angenommen hatte. Es handelt sich bei dieser Schrift um eine Sammlung von 19 theologischen Aussagen aus verschiedenen Bereichen der Lehre und des religiösen Lebens, die anhand von Textpassagen aus der Bibel, den Schriften der Kirchenväter oder dem Kirchenrecht belegt und zusätzlich von Barnes kommentiert werden. Behandelt werden u.a. die Rechtfertigungs- und Gnadenlehre, die Lehre vom freien Willen, die Realpräsenz und die Kommunion unter beiderlei Gestalt, die Ohrenbeichte, das Fasten, die Priesterehe, die Heiligenverehrung, das Mönchtum, der Kirchenbann sowie der Ursprung der Messfeier. Ziel der möglicherweise mit Blick auf den Gebrauch als Lehrbuch an den Universitäten verfassten Sentenciae war es, anhand der aufgeführten Autoritäten die Orthodoxie der reformatorischen Lehre zu belegen und den Vorwurf, „ketzer und falsche lerer […] des glaubens unsers herr[en] Jesu Christi“ (Bugenhagen, Vorwort, in: Fürnemlich Artickel, a1v) zu sein, zurückweisen zu können.
Das einzige explizit für den englischsprachigen Markt verfasste Werk Barnes’, die dreiteilige Supplication vnto Henry VIII knüpft inhaltlich an die Sentenciae an: Es enthält acht sehr umfangreiche theologische Essays zu den Themen Rechtfertigungslehre, |33|Wesen der Kirche, Schlüsselgewalt, freier Wille, Bibellektüre von Laien, weltliche Satzungen, Kommunion unter beiderlei Gestalt sowie Bilderverehrung, deren Aussagen Barnes ebenfalls durch Zitate aus der Bibel, den Kirchenvätern und dem Kirchenrecht belegt. Auch verfolgte Barnes mit diesen Essays wohl den gleichen Zweck wie mit der Sentenzensammlung, nämlich zu zeigen, dass die Hauptaspekte der reformatorischen Theologie durch allgemein anerkannte Autoritäten belegbar und damit keine Häresie seien. Der erste, für das Gesamtwerk namensgebende, Abschnitt der Supplication ist eine an Heinrich VIII. gerichtete Bittschrift, in der Barnes in erster Linie die 1525/1526 in Folge seiner Weihnachtspredigt in St. Edward’s in Cambridge gegen ihn vorgebrachten Häresievorwürfe zurückweist. Im Zusammenhang damit steht auch eine von Barnes kommentierte Auflistung der 25 Artikel, die aus besagter Weihnachtspredigt entnommen worden waren und die Grundlage der Anklage bildeten. Barnes machte mit dieser wahrscheinlich 1531 bei Symon Cock in Antwerpen gedruckten Schrift von der Möglichkeit Gebrauch, im Falle eines vermeintlich oder tatsächlich erlittenen Unrechts die Obrigkeit direkt um Hilfe oder Unterstützung zu bitten. Er hoffte, so durch einen Gnadenakt Heinrichs VIII. rehabilitiert, also von den Häresievorwürfen losgesprochen zu werden. Die Supplication liegt in zwei sehr unterschiedlichen Versionen vor. Zusätzlich zur Ausgabe von 1531 erschien 1534 bei John Bydell in London eine besonders bezüglich des dritten Abschnitts stark veränderte Ausgabe, die schließlich noch einmal nach Barnes’ Tod von Hugh Singleton ebenfalls in London nachgedruckt wurde. Die Artikel zur Schlüsselgewalt, der Bibellektüre, der Heiligen- und Bilderverehrung, den weltlichen Satzungen und dem Abendmahlsempfang unter beiderlei Gestalt wurden zugunsten eines ausführlichen Plädoyers für die Priesterehe gestrichen. Anstelle des Essays zum Wesen der Kirche findet sich des Weiteren eine Auseinandersetzung mit dem Lordkanzler Thomas More, der die Erstausgabe der Supplication stark kritisiert hatte.
Eine auf den ersten Blick etwas andere Richtung schlug Barnes schließlich mit den Vitae Romanorum Pontificum ein, die 1536 ebenfalls von Joseph Klug in Wittenberg gedruckt wurden. Bei den Vitae handelt es sich um eine an Bartholomeo Platinas Liber de vita Christi ac omnium pontificum orientierte, chronologisch angelegte Sammlung von 176 Papstviten, die mit Petrus beginnt und mit dem Pontifikat Alexanders II. endet. Anhand dieser Viten zeigt Barnes die Entwicklung des Papsttums und dessen geistlicher und weltlicher Machtansprüche auf. Da er daneben aber auch auf den nicht-apostolischen Ursprung verschiedener liturgischer Elemente der Messfeier und des Zölibats eingeht, greift Barnes hier bereits in den Sentenciae sowie der Supplication behandelte theologische Themen wieder auf.