Читать книгу Handbuch zur Geschichte der Juden in Europa - Группа авторов - Страница 10
Vom Interregnum bis zum Schwarzen Tod
ОглавлениеDas Ende der Stauferdynastie in der Mitte des 13. Jhs. bedeutete für die Juden des römisch-deutschen Reiches zugleich das Ende der bisherigen Rahmenbedingungen. Es zeigte sich sehr bald, daß die kaiserliche Schutzherrschaft über die Juden, die im allgemeinen einen tragbaren Modus vivendi gebracht hatte, nicht einfach durch eine solche der päpstlichen Kurie oder gar der Territorialfürsten ersetzt werden konnte. Nicht von ungefähr stieß Herzog Bolesłav V. von Großpolen in dieses Herrschaftsvakuum vor, als er mit seinem 1264 verkündeten Statut von Kalisch den Zuzug jüdischer Siedler in sein Land befördern wollte. Doch provozierte er damit den kirchlichen Widerstand, der sich um den päpstlichen Legaten Guido auf der für die Diözese Gnesen 1267 nach Breslau einberufenen Synode formierte. Hier wurde erstmals unter Berufung auf die Beschlüsse des vierten Laterankonzils von 1215 die konsequente Trennung christlicher und jüdischer Lebensbereiche gefordert, etwa dadurch, daß die jüdischen Stadtviertel durch Mauer oder Graben abgetrennt werden sollten („muro vel fossato iudeorum habitacio separetur“). Ähnlichen Bestrebungen der im gleichen Jahr einberufenen Wiener Synode begegnete König Ottokar II., der in Böhmen und Österreich das durch das Ende der Staufer entstandene Machtvakuum ausfüllte, 1268 durch Wiederholung seines 1262 verkündeten umfassenden Privilegs für die ihm unterstehenden Juden, „da diese zu unserer Kammer gehören und in besonderer Weise unserer Verteidigung und unseres Schutzes bedürfen“.6 Durch Freigabe des Zinsfußes für Darlehen sollte hier der Geldhandel erleichtert werden.7 Beide am Rande oder außerhalb der Grenzen des Reiches ausgetragenen „Stellvertreter-Konflikte“ zwischen weltlicher und kirchlicher Gewalt lassen erkennen, daß die noch von Friedrich II. von Hohenstaufen in Anspruch genommene Schutzkompetenz nicht mehr durchsetzbar war. Die Juden des Reiches sahen sich mit neuen Bedingungen konfrontiert, die letztlich aus der vordringenden Ideologie der „servitus perpetua iudeorum“ resultierten.
Für die existentiellen Rahmenbedingungen, unter denen die Juden des Reiches seit der zweiten Hälfte des 13. Jhs. lebten, sind vor allem zwei Vorgänge maßgebend geworden: Die weitere Verrechtlichung der Kammerknechtschaft im Sinne des geltenden kanonischen Rechts und die beginnende Territorialisierung der kaiserlichen Schutzrechte. Erstere setzte unter König Rudolf von Habsburg ein, der die ihm zustehenden Schutzrechte im Sinne einer Verfügungsgewalt über die Juden als einer politischen Konkretisierung der „servitus perpetua“ zu instrumentalisieren beabsichtigte. Schon 1275 hatte der König die sogenannte Sicut-Iudeis-Bulle, die erstmals von Papst Kalixt II. 1120 formuliert und von späteren Päpsten immer wieder neu verkündet worden war, als unmittelbar geltendes Reichsrecht rezipiert. Dies war ein für die weitere Entwicklung wichtiger Schritt, weil damit erstmals die augustinische Lehre vom minderen, aber erhaltenswerten Status der Juden in konkretes kaiserliches Recht umgesetzt wurde. Stand hier noch der Schutzcharakter im Vordergrund („protectionis nostre clypeum indulgemus“), so machte der König bald deutlich, daß er die Juden auch als nutzbare Objekte ansah. Anlaß für ein Eingreifen in diesem Sinne boten zahlreiche nach Palästina auswandernde Juden aus Speyer, Worms, Mainz, Oppenheim und der Wetterau. Unter ihnen war Rabbi Mëir ben Baruch von Rothenburg, die größte talmudische Autorität des 13. Jhs., dessen Auswanderungsversuch freilich mit seiner Gefangennahme in Trient endete. Da beträchtliche Einnahmeverluste für die königliche Kammer zu befürchten waren, schien eine Reaktion geboten. In einem Mandat an die Stadt Mainz von 1286 stellte der König daher klar, daß alle Juden, seine Kammerknechte, ihm mit Leib und Gut zugehörten („universi et singuli utpote camer nostre servi cum personis et rebus suis omnibus specialiter nobis attineant“), soweit sie nicht lehnsweise an Fürsten weitergegeben worden waren. Sofern sich diese Juden ohne Zustimmung ihres Herrn aus dessen Gewalt entfernt hätten, könnten deren Besitzungen eingezogen werden. Damit wurde das Vermögen der Juden als für den König oder den jeweiligen Inhaber der Schutzrechte disponibel angesehen, zumindest für den Fall, daß die Steuerleistungen nicht mehr erbracht wurden.
Rudolf folgte damit nur der Auffassung, die kurz zuvor, um 1275, ein Augsburger Minoritim Rechtsbuch des sogenannten Schwabenspiegels niedergelegt und popularisiert hat. Er erklärte die Leibeigenschaft der Juden durch den Verkauf der gefangenen Juden nach der Eroberung Jerusalems: „Dieselben gab der kunig Tytus ze eigen in dez kuniges kamer; und davon suln si sin des riches knechte.“8 Auch nach der in der Summa Theologiae des Thomas von Aquin 1267 verfestigten scholastischen Lehre waren die Juden infolge ihrer eigenen Schuld am Tode Christi den jeweils herrschenden Fürsten zu ewiger Knechtschaft unterworfen. Diese sollten deshalb berechtigt sein, das Gut der Juden an sich zu nehmen, sofern sie ihnen nur das für ihren Lebensunterhalt Notwendige beließen. Alles, was die Juden erwarben, erwarben sie nach Thomas nicht für sich, sondern für ihren jeweiligen Schutzherrn. Neu war diese Lehre nicht; mit der Autorität des 1323 kanonisierten Aquinaten jedoch erreichte sie politische Wirksamkeit. Seither waren einschränkende Maßnahmen der Feudalherren gegenüber den Juden ohne weiteres legitimiert, soweit sie diesen ein Existenzminimum beließen.
In diese Tendenz zur Umdeutung der Kammerknechtschaft paßt auch die Einführung des sogenannten Goldenen Opferpfennigs durch Kaiser Ludwig der Bayer 1342, auch wenn dahinter in erster Linie das Bestreben stand, die weitgehend entfremdete Judensteuer auf neuer Grundlage zu reaktivieren. Es war dies eine Kopfsteuer in Höhe von einem Gulden, die jeder über zwölf Jahre alte Jude zu zahlen hatte, soweit er ein Vermögen von mindestens 20 Gulden besaß. Als Vorbild diente möglicherweise der „fiscus iudaicus“, der in der Antike von den Juden im Römischen Reich zur Erhaltung des Tempels des Juppiter Capitolinus in Rom erbracht werden mußte. Schon 1347 übernahm Kaiser Karl IV. die Abgabe des Opferpfennigs und legte ihn 1348 auch einem Privileg für die Juden des Erzstifts Trier zugrunde. Seither wurde diese Steuer zu einer der wenigen regelmäßigen Einnahmequellen des Kaisers, die keiner weiteren Begründung bedurfte und deren Einziehung dem Kaiser vorerst von niemandem bestritten wurde.
Was die Territorialisierung der kaiserlichen Schutzrechte über die Juden anbelangt, so wurde diese schon in dem erwähnten Mandat an die Stadt Mainz von 1286 angesprochen, hier vor allem im Hinblick auf die schon von König Ottokar II. und den österreichischen Herzögen in Anspruch genommenen Rechte. Vor allem mit der Verpfändung von Königsgut an regionale Potentaten gerieten die dort ansässigen Juden häufig unter deren Herrschaft. Dies geschah erstmals ausdrücklich 1251 durch König Konrad IV. hinsichtlich der in Rothenburg lebenden Juden, die zusammen mit dieser königlichen Stadt an Gottfried von Hohenlohe versetzt wurden. Als Kaiser Ludwig der Bayer 1330 die Städte Zürich, Schaffhausen, St. Gallen und Rheinfelden an die Herzöge von Österreich verpfändete, benannte er im Pfandbrief ausdrücklich auch die Judensteuer. Seit dem Ende des 13. Jhs. wurde in Stadtprivilegien häufig auch das Recht zur Aufnahme von Juden verliehen. Das 1312 von Kaiser Heinrich VII. dem Grafen Diether VI. von Katzenelnbogen erteilte Privileg, in Lichtenberg im Odenwald zwölf Juden aufnehmen zu dürfen, die dem Grafen dienen sollten („eidem comiti serviendum“), ist nur eines von zahlreichen Beispielen dieser Art, die für die Zeit Ludwigs des Bayern in großer Anzahl belegt sind. Es ist anzunehmen, daß der Kaiser dieses bald als Judenregal bezeichneten Recht gegen eine feste Ablösesumme verliehen hat, die als Ausgleich für den zu erwartenden Einnahmeausfall dienen sollte. Im Ergebnis aber wurden die kaiserlichen Schutzrechte durch die unkontrollierte Weitergabe an Dritte zu disponiblen Handels- und Nutzobjekten. Aus einer verpflichtenden Personalbeziehung wurde schon bald eine den Inhaber berechtigende Sachbeziehung. Freilich muß dieser Verdinglichungsprozeß in den Zusammenhang eines übergreifenden Desintegrationsprozesses der kaiserlichen Gewalt gestellt werden: Auch andere Herrschaftsrechte gerieten seit dem 13. Jh. in die Hand regionaler Feudalherren. Das fast völlige Fehlen administrativer Kompetenz des Kaisers verstärkte den Prozeß der Dezentralisierung. Die etwa 100 jüdischen Gemeinden des Reiches, die um 1250 existierten und die sich bis um 1300 auf eine Anzahl von 350 vermehrt hatten, waren einer systematischen fiskalischen Erschließung kaum zugänglich, so daß die Judensteuer schon deshalb effektiver von regionalen Dynasten eingenommen werden konnte.
Parallel zur Lockerung der kaiserlichen Schutzherrschaft und der Regionalisierung des Judenregals kam es zu einer Intensivierung der städtischen Herrschaft über die Juden, die durch den Prozeß der Emanzipation der Städte von einer unmittelbaren kaiserlichen oder bischöflichen Herrschaft ermöglicht wurde. Die Stadträte nahmen de facto unter dem Gesichtspunkt der Friedenswahrung Schutzfunktionen wahr, auch ohne dazu ausdrücklich vom Stadtherrn legitimiert zu sein. In den von König Wilhelm von Holland unterstützten Rheinischen Städtebund von 1254 wurden die Juden ausdrücklich eingeschlossen. Dies machte sich 1255 bemerkbar, als die Konföderation in Anspruch nahm, den Darlehenszins für sie zu regulieren. Ebenso übten die Stadträte auch die Gerichtsbarkeit über die in ihrer Stadt wohnenden Juden aus, was etwa 1347 für die Stadt Straßburg von König Karl IV. bestätigt wurde. Seit dem Ende des 13. Jhs. verdichtete sich in vielen Städten die Rechtsposition der Juden zu einem eigenständig ausgestalteten sogenannten Judenbürgerrecht, das freilich in keinem Fall die Chance zur Partizipation in der Stadtverwaltung mit sich brachte.
Immerhin aber ermöglichte dieses Bürgerrecht die Stabilisierung existentieller Bedingungen jenseits der Kammerknechtschaft und des Judenregals. Begünstigt wurde mit ihm die Ausbildung autonomer jüdischer Gemeinden (Kehillot). Die Verfassung einer solchen Kehilla wird in einem Privileg sichtbar, das Bischof Emmerich von Worms 1312 der dortigen Judengemeinde erteilte. Hier wurde bestimmt, daß von den Gemeindemitgliedern ein zwölfköpfiger Judenrat gewählt werden sollte, der innerjüdische Streitigkeiten nach „jutschem reht rihten“ sollte. Von diesen zwölf Parnassim sollte ein vom Wormser Bischof bestätigter „Judenbischof“ ernannt werden. Die Aufgaben derartiger Vorsteher, wie sie auch in anderen Gemeinden nachweisbar sind, waren einige Jahre zuvor schon von Rabbi Mëir ben Baruch aus Rothenburg umschrieben worden:
Sie haben Älteste und Kantoren zu wählen, Gabbajim (Verwaltungsbeamte) zu ernennen, Wohltätigkeitskassen zu gründen, für den Bau und die Reparatur der Synagogen zu sorgen sowie Räume für Hochzeitsfeiern und für öffentlich arbeitende Fachleute zu erwerben. Im Falle eines Dissenses sollen sie der Mehrheit folgen.9
Wie sehr die Existenz der Juden des Heiligen Römischen Reiches seit der 2. Hälfte des 13. Jhs. gefährdet war, läßt sich an den häufiger werdenden Verfolgungen und Pogromen ablesen, die jeweils in Zeiten defizitärer königlicher Autorität in Erscheinung traten. Die ersten dieser Gewaltausbrüche im April 1298 wurden durch die Schwäche der Reichsgewalt in den Thronkämpfen zwischen Adolf von Nassau und Albrecht von Habsburg ausgelöst. Sie gingen von Röttingen an der Tauber aus, wo die hier ansässigen Juden des Hostienfrevels beschuldigt wurden. Ein Einwohner der Stadt namens Rintfleisch verkündete nach Bekanntwerden des Vorwurfs der versammelten Menschenmenge, er selbst sei von Gott dazu ausersehen, diese Schändung zu rächen und die schuldigen Juden vom Erdboden zu vertilgen. Es kam zu Massakern, denen sämtliche 21 Röttinger Juden zum Opfer fielen. Danach zogen die Rintfleisch-Anhänger in einem mehrmonatigen Raubzug durch fast alle Städte Frankens und Bayerns, in denen Judengemeinden existierten. Aus den jüdischen Memorbüchern läßt sich ermitteln, daß etwa 5000 Juden ermordet wurden, allein in Würzburg 941, in Nürnberg 715 und in Rothenburg 470. Der Vorwurf der Hostienschändung, der erst kurz vorher als Wanderlegende von Paris aus hierher gekommen war, wurde meist erst nachträglich zur Rechtfertigung der „Judenschlachten“, die in der Regel von den Bürgern selbst in die Wege geleitet worden waren, erhoben. Das Neuartige der Rintfleisch-Pogrome bestand darin, daß erstmals für ein einem einzigen Juden angelastetes Verbrechen alle Juden des Landes verantwortlich gemacht wurden.
Ähnliche Ausschreitungen wiederholten sich in den Jahren 1336 bis 1338. In dieser Zeit organisierten sich um Arnold von Uissigheim, einen verarmten Adeligen, der sich König Armleder nennen ließ, unzufriedene Bauernscharen als „Judenschläger“. Die mit Lanzen, Äxten und Heugabeln ausgerüsteten Mordhaufen durchzogen wiederum Franken, wüteten außerdem in Schwaben, in Österreich und bis in die Steiermark. Ein anderer Bauernhaufen unter Führung des elsässischen Gastwirts Johann Zimberli zog mordend und plündernd durch das Elsaß und durch den Rheingau. Im bayerischen Deggendorf war sogar der Stadtrat an der Vernichtung der jüdischen Gemeinde beteiligt. Hier wie auch andernorts bot der Vorwurf des Hostienfrevels den willkommenen Anlaß, die Juden loszuwerden, oder diente dazu, Pogrome im nachhinein zu rechtfertigen.
All diese Ausschreitungen aber waren nur ein Vorspiel zu dem, was sich in der Mitte des 14. Jhs. im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Schwarzen Todes ereignete. Innerhalb von drei Jahren wurde über ein Drittel der Bevölkerung Europas Opfer dieser Seuche. Da niemand sich die Ursache des Sterbens anders erklären konnte, kam es zu dem Gerücht, die Juden hätten die Brunnen vergiftet und dadurch die Seuche verursacht. Zum ersten Male tauchten derartige Vorwürfe in dem – noch zum Reich zählenden – Herzogtum Savoyen auf. Wo sie bekannt wurden und Verbreitung fanden, kam es sogleich zu Ausschreitungen gegen die Juden. Die Einsicht, daß die Verfolgung nicht nur den vermeintlichen Feinden Christi, die sich angeblich zur Vernichtung der Christenheit mit dem Teufel verbunden hatten, sondern auch Darlehensgläubigern galt, deren man sich so entledigen konnte, scheint das latente Gewaltpotential der Bevölkerung überhaupt erst aktiviert zu haben.
Vom Südwesten des Reiches her nahmen die Verfolgungen ihren Ausgang. Seit November 1348 kam es in den Städten Solothurn, Zofingen und Bern zu blutigen Pogromen. Noch im gleichen Monat wurden Stuttgart, Burgau und Landsberg am Lech, kurz darauf schließlich die Judengemeinden fast aller süddeutschen und elsässischen Königsstädte heimgesucht, unter ihnen Kaufbeuren, Memmingen, Augsburg, Nördlingen, Lindau, Reutlingen, Esslingen, Kolmar, Freiburg, Konstanz, Speyer, Ulm, Überlingen, Straßburg, Hagenau und viele andere. Zuletzt, nach der Zerstörung traditionsreicher Gemeinden wie Frankfurt am Main, Friedberg, Mainz, Köln und Trier, wurden auch die jüdischen Gemeinden in Norddeutschland erfaßt, so besonders Halle, Dortmund, Lüneburg, Minden, Münster in Westfalen, Rostock und Stralsund. Ende 1350 hatten nahezu 100 Judengemeinden aufgehört zu existieren. Die meisten Juden waren erschlagen oder auf das Land vertrieben worden. Der neu gewählte und um die Befestigung seiner Herrschaft bemühte König Karl IV. von Luxemburg verzichtete auf Interventionen zugunsten seiner Kammerknechte, da er die Städte als Verbündete im Thronkampf benötigte. Einen Ansehensverlust mußte er nicht befürchten, da er den beteiligten Stadträten die „Judenschlachten“ durch Gnadenbriefe großmütig verzieh und damit eine äußere Distanzierung von den Ausschreitungen demonstrierte, von denen er im übrigen selbst profitiert hatte.
Die Folge der Massaker von 1298, 1336/38 und 1348/49 war, daß es Mitte des 14. Jhs. keine einzige größere jüdische Gemeinde mehr in den deutschen Städten gab. Diese Ereignisse blieben zwar insofern Episode, als sich recht bald wieder neue Gemeinden zu konstituieren begannen, sie beendeten jedoch eine Phase in der Geschichte der Juden des römisch-deutschen Reiches, die einerseits eine Systematisierung und Verrechtlichung der Schutzbeziehungen zum Kaiser und anderen Herrschaftsträgern gebracht hatte und die andererseits durch das städtische Judenbürgerrecht und die Befestigung der Gemeindeautonomie zu einer Stabilisierung jüdischer Existenz geführt hatte. Vielleicht aber war gerade diese in der christlichen Umwelt wahrgenommene Besserstellung, die den von der Kirche eingeforderten Status der „perpetua servitus iudeorum“ verdeckte, die eigentliche Ursache dafür, daß in Krisenzeiten alte oder neu erfundene Stereotype gegen Juden aktiviert wurden und sich in gewaltsamen Ausschreitungen niederschlugen.