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Vom Dreißigjährigen Krieg zur absolutistischen Normalität (1648–1770)

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Seit der Hinrichtung des jüdischen Münzmeisters Lippold im Jahr 1573 und der anschließenden Vertreibung der Juden aus Brandenburg gab es bis in das 17. Jh. hinein in der Mark nur wenige jüdische Ansiedlungen. Als jedoch Preußen als Entschädigung für die Abtretung Pommerns an Schweden im Rahmen des Westfälischen Friedens (1648) die Bistümer Minden und Halberstadt erhielt, deutete sich jedoch eine kleine Wende an: Der Kurfürst Friedrich Wilhelm (1640–1688) erließ 1650 für die Halberstädter Juden ein „Privilegium“, wonach sie gegen ein jährliches Geleitgeld von acht Talern in der Stadt bleiben konnten. Die hier getroffene Regelung wurde zum Muster für die später in Berlin betriebene Politik.

Der Anlaß für eine dauerhafte Niederlassung von Juden in der Mark selbst kam 1669/70 mit der von Kaiser Leopold I. auf Drängen des Magistrats und der Bürgerschaft von Wien angeordneten Vertreibung der Juden aus Niederösterreich. Als der brandenburgische Resident in Wien von diesem Plan nach Berlin berichtete, entschloß der Kurfürst sich, 50 dieser Familien den Aufenthalt in der Mark für 20 Jahre zu gestatten. Neben den aus Österreich Vertriebenen wanderten bald auch Juden aus anderen Gebieten, z.B. aus Polen und Hamburg, zu. Ihre Aufnahme war typisch für die Bevölkerungs- und Wirtschaftspolitik der Hohenzollern. Der gesteuerte Zuzug ausländischer Unternehmer, Kaufleute und Handwerker, gerade auch gegen den Widerstand der beharrenden Kräfte (Stände, Zünfte, Innungen) betrieben, erschien ihnen zur Erreichung ihrer beiden Hauptziele, der eigenen Machterweiterung und der wirtschaftlichen Konsolidierung des Landes, sinnvoll. Indem nämlich die Herrscher, den Leitlinien einer merkantilistischen Wirtschaftspolitik folgend, zur Erweiterung des wirtschaftlichen Potentials seines Landes Fremde hinzuzog, erschütterte er gleichzeitig auch die Stellung des Adels, seines Kontrahenten im Kampf um die Herrschaftsgewalt.

Die Auseinandersetzungen um die Ansiedlung der Juden sind somit auch als Teil des großen, die Etablierung des Absolutismus einleitenden Machtkampfes zu sehen. Wo der Kurfürst die Stände überwunden hatte, dort konnte er nach seinen Vorstellungen verfahren. Wo hingegen, wie etwa in Magdeburg, der Kampf mit den Ständen und der lokalen Obrigkeit lange Zeit unentschieden verlief, gab es für eine Ansiedlung von Juden noch keine Chance.

Zunehmende Bedeutung für die Wirtschaft

Unter König Friedrich I. (1688–1713) blieb der gesetzliche Rahmen für die preußischen Juden im großen und ganzen dem Edikt von 1670 verpflichtet, das letztlich ein „Tauschgeschäft“ zwischen den Juden und dem Staat vorsah. Der Staat vergab Schutzbriefe an einige wenige Juden. Diese „vergleiteten“ Juden zogen Familienangehörige und Gehilfen nach sich, die dann auch bald Schutzjuden wurden. Für die Duldung hatten die Juden noch vergleichsweise moderate Abgaben zu zahlen. So betrug das Schutzgeld acht Reichstaler pro Jahr. Bei Heirat oder Erbschaft war eine Sondergebühr von einem Gulden fällig. Juden, die ihre Kinder ins Ausland verheirateten, mußten den vierten Teil der Aussteuer dem preußischen Staat überlassen. Neben einer Vielzahl von solchen speziellen Abgaben und Steuern trugen die Juden auch zu den Zoll- und Akziseeinnahmen des Staates erheblich bei.

Mehr und mehr Juden ließen sich in Brandenburg nieder. Hatten 1688 in der gesamten Kurmark einschließlich Berlins noch 101 jüdische Familien gelebt, waren es zwölf Jahre später bereits 277. Ihre Rolle für den preußischen Finanzhaushalt ergibt sich recht deutlich aus der Steuerstatistik Berlins. Danach entrichteten die Juden 1696 in der Hauptstadt 8614 Taler an Akzise (Warensteuer). Die entsprechenden Einnahmen der Staatskasse aus ganz Berlin betrugen in diesem Jahr 78.669 Taler. Selbst wenn man annimmt, daß die Juden höhere Akzisesätze zu entrichten hatten als die übrigen Einwohner, deuten diese Zahlen nicht nur auf einen überproportionalen Beitrag der Juden an den Einnahmen der Staatskasse hin, sondern auch auf eine überdurchschnittliche wirtschaftliche Produktivität und damit einen überproportionalen Anteil an der Entwicklung der preußischen Wirtschaft. In der Folgezeit trat dieser Befund noch stärker hervor, wie die folgende Aufstellung zeigt:

Akziseeinnahmen des preußischen Staates in Berlin1


Ähnliches belegt eine Bestandsaufnahme für Königsberg aus den Jahren 1691/92.

Die steigende Bedeutung der Juden für Preußens Wirtschaft erwies sich als willkommener Anlaß zur kontinuierlichen Erhöhung ihrer Abgaben. Für die aufwendige Hofhaltung Friedrichs I., für die Armee Friedrich Wilhelms I. und schließlich für die Großmachtpolitik Friedrichs II. waren große Summen notwendig, für die die Akzise- und Kontributionseinnahmen bald nicht mehr ausreichten. In immer kürzeren Abständen wurden deshalb zusätzliche Steuern erhoben. So mußte die Berliner jüdische Gemeinde ab 1700 jährlich eine besondere Steuer von 1000 Dukaten zahlen. Ursprünglich hatte man sogar 3000 Dukaten gefordert. Außerdem wurde der Beitrag der Juden zur Unterhaltung des Militärs auf 30.360 Taler Werbekosten und 55.068 Taler Verpflegungskosten im Jahr taxiert.

Neben der kontinuierlichen Anhebung der Belastungen bis hin zu schikanöser Ausbeutung zeigte sich die „absolutistische Normalität“ des preußischen Machtstaates für die Juden im wesentlichen noch in zwei weiteren Punkten: der vom Staat betriebenen Unterscheidung zwischen „erwünschten“ und „unerwünschten“ Juden sowie den staatlich geplanten Münzmanipulationen unter Mitwirkung jüdischer Unternehmer.

Abgaben und „Ausleseverfahren“

Friedrich II. (1740–1786) führte das Prinzip, die Gesamtheit der Juden in verschiedene Kategorien mit jeweils unterschiedlichen Rechten einzugruppieren, systematisch in die Judenpolitik ein. Nach dem 1750 von ihm erlassenen Edikt sollte es folgende Gruppen von Juden geben: 1. Generalprivilegierte; 2. ordentliche Schutzjuden; 3. außerordentliche Schutzjuden; 4. „publique jüdische Bediente“ (Gemeindeangestellte); 5. Unvergleitete, d.h. ohne Geleitschutz Anwesende – in der Regel Hausierer, Trödler und Betteljuden – sowie das häusliche Gesinde.

Das Edikt von 1750 brachte den preußischen Juden insgesamt die bislang härtesten Vorschriften. So hatten sie neben den ständig erhöhten regelmäßigen Abgaben (z.B. für „Schutz gelder“ und „Rekrutengelder“) u.a. noch Folgendes zu leisten: Sie mußten den Münzhof mit einer bestimmten Menge Silber zu festgelegten Preisen, die unter dem Marktwert lagen, beliefern. Für das Ausstellen von Urkunden hatten sie Stempelgebühren zu zahlen, wobei für die Ausstellung eines Trauscheins eine Sondergebühr verlangt wurde. Bei einer Eheschließung hatte das erste ein eigenes Heim gründende Familienmitglied 100 Taler, das zweite Familienmitglied 150 Taler zu zahlen. Hinzu kam die Abnahme von Erzeugnissen der königlichen Manufakturbetriebe im Wert von 1500 Talern.

An dem Juden-Edikt Friedrichs II. und den kontinuierlich erhöhten Abgaben zeigt sich besonders deutlich, daß der Hohenzollern-Staat nur diejenigen Juden dulden wollte, von denen er sich einen wirtschaftlichen Nutzen versprach, sei es als Händler, Geldbeschaffer oder Fabrikanten. Dahinter stand eine bestimmte Systematik. Preußen wurde in erster Linie deshalb groß, weil seine Herrscher verstanden, daß das kleine und rückständige Land nur dann modernisiert werden konnte, wenn man andernorts aus konfessionellen Gründen nicht geduldete Leistungsträger wie Unternehmer und Handwerker einwandern ließ. Französische Hugenotten oder eben auch Juden konnten in dieser Konstellation eine Art Ersatzbürgertum sein, das sich gezielt zur wirtschaftlichen Modernisierung einsetzen ließ. Juden hatten als Gegenleistung für die als „Privileg“ verstandene Genehmigung der Einwanderung zwar Sonderabgaben zu zahlen, aber sie verstanden es, die Möglichkeiten, die ihnen in dieser Weise kaum ein anderer Staat des 17. Jhs. bot, zu nutzen. Damit setzte eine ständige Aufwärtsbewegung ein, die Teile des preußischen Judentums zu Wohlstand, obrigkeitlich gedecktem Ansehen und politischer Sicherheit führte.

Obwohl die rechtliche Absicherung nur für die von staatlicher Seite erwünschten Juden galt, funktionierte dieses „Ausleseverfahren“ nur unzulänglich. Gerade die reichen und wohlhabenden jüdischen Familien, die man ja durchaus im Land haben wollte, benötigten für ihre Geschäftstätigkeit die weniger Begüterten als Mittler, Händler, Agenten oder Hilfskräfte. Die Angehörigen dieser unteren Schichten waren in den meisten Fällen als illegale Zuwanderer gekommen. Viele von ihnen blieben als legale Einwohner, weil sie Aufenthaltsrechte zweiten, dritten oder vierten Grades über die wohlhabenden und für den Staat wichtigen Familien erhielten. Damit zeigte sich das Dilemma der preußischen Judenpolitik in vollem Ausmaß: Wenn man eine funktionsfähige ökonomische Elite des Judentums als „Ersatzbürgertum“ haben wollte, dann mußte man die mit ihr verbundenen Unterschichten in Kauf nehmen.

Dieses Dilemma wurde noch zusätzlich verschärft, weil gerade die jüdischen Unterschichten im 17. und 18. Jh. so gut wie nirgends geduldet wurden. Bei der zahlenmäßig stärker werdenden jüdischen Elite Preußens fanden die umherziehenden Trödler, Hausierer und Bettler günstigere Unterschlupfmöglichkeiten als anderswo in Deutschland. Im Osten grenzten die preußischen Territorien außerdem an das krisengeschüttelte Polen, das Zentrum des osteuropäischen Judentums. Im Gegensatz zu diesem auseinanderbrechenden Reich war der Schutz für vergleitete Juden in Preußen äußerst wirkungsvoll. Deshalb wurde der Hohenzollern-Staat auch für die Juden aus Osteuropa zu einem attraktiven Einwanderungsland.

So nahm die jüdische Bevölkerung in Preußen trotz des Verbots der Ansiedlung für unvergleitete Juden stetig zu. Um 1743 waren in Berlin offiziell 120 Familien zugelassen. In Wirklichkeit lebten dort aber mindestens 333 jüdische Familien, insgesamt 1945 Personen. 1784 wohnten trotz der restriktiven Maßnahmen Friedrichs II. bereits 3670 Juden in Berlin, ca. 2,5 % der Gesamtbevölkerung – bis 1740 waren es lediglich einige Promille gewesen.

Juden in der Kurmark2


Die Funktion der Hofjuden

Einige Angehörige der jüdischen Oberschicht gelangten im Fürstendienst zu hohem Ansehen und großem wirtschaftlichen Erfolg. Zwar hatten bereits während des späten Mittelalters europäische Herrscher Juden als Hoffinanziers, Juweliere und Edelmetallhändler eingesetzt, doch wurde diese Praxis während des 17. und noch mehr im 18. Jh. intensiviert. In wenigen Ländern erreichten die Hofjuden allerdings einen derart spektakulären Aufstieg wie in Preußen. Hier kam vieles zusammen: ehrgeizige, aber vergleichsweise arme Könige, ein Mangel an einheimischen Finanziers und als wichtige Drehscheibe die Grenze zu Polen.

Friedrich Wilhelm I. (1713–1740) hatte einige Juden noch widerwillig als Armeelieferanten beschäftigt und sie für ihre Dienste mit sogenannten Generalpatenten entschädigt. Auf diese Weise wurde beispielsweise der „Hof- und Garnisonsjude“ Mayer Rieß 1724 den christlichen Kaufleuten gleichgestellt. Bezeichnend daran ist, daß Mayer Rieß auf sein Patent nicht weniger als elf Schutzprivilegien für andere Familien erhielt, von denen wiederum weitere Familien Privilegien ableiten konnten.

Unter Friedrich II. entwickelten sich die Schutzbriefe und Schutzprivilegien noch deutlicher zu Papieren, von denen nicht bloß eine Familie ihr Aufenthaltsrecht ableitete, sondern zahllose Einzelpersonen, die für Haushalt und/oder Betrieb des ursprünglich Berechtigten unentbehrlich waren. So gab es in Schlesien das „Famulizsystem“, mit dem auf einen Schutzbrief neben der ausdrücklich berechtigten Familie noch weitere 50 Juden ein Aufenthaltsrecht begründen konnten.

Während des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) mußte Preußen gegen so mächtige Gegner wie Österreich und Frankreich bestehen. Wenn dies gelingen sollte, dann war auch die Finanzquelle zu nutzen, die seit dem 16. Jh. im ganzen Reich bekannt war: Münzen wurden wie Edelmetalle aufgekauft und im Gegenzug der Wertgehalt des selbst geprägten Geldes reduziert. Als Agenten und Ausführende kamen dafür nur die im Geld- und Edelmetallhandel Europas generell dominierenden jüdischen Unternehmer in Frage. So waren die Münzprägungsanstalten in der Regel an Juden verpachtet. In diesen Pächtern, vor allem in Unternehmern wie Daniel Itzig und Veitel Ephraim, fand der König die Helfer, mit denen er eine systematische Manipulation von Münzen betreiben konnte.

Ephraim hatte beispielsweise 1756 in dem von Preußen besetzten Sachsen die Leipziger und Dresdner Münzstätten zur Pacht übernommen. Er ließ dort über eine Million Taler herstellen. Aus einer Mark Silber wurden jedoch nicht wie im Reich üblich 14, sondern bis zu 19 Taler gewonnen. Wollte man diese Münzen in den Verkehr bringen oder gar den öster reichischen Armeen Geldwechsler hinterherschicken, die im Troß Habsburgs werthaltige Taler und Groschen gegen Preußens minderwertige Zahlungsmittel eintauschten, dann brauchte man hierfür die jüdischen Unterschichten in besonderem Maße.

Das gleiche gilt für die besonders rabiat betriebene Münzverschlechterung polnischer und russischer Stücke durch Beimengung von Kupfer. Die preußischen Prägeanstalten reduzierten den Feingehalt um die Hälfte. Mit diesem Geld wurden vor allem in Polen wichtige Geschäfte durchgeführt: Jüdische Agenten, vorwiegend die des Daniel Itzig, kauften dort ständig werthaltige Münzen und Getreide, wofür sie mit den vergleichsweise wertlosen preußischen Geldstücken bezahlten. Die Erträge aus den Münzmanipulationen waren gewaltig. Insgesamt hatte der Siebenjährige Krieg Preußen 170 Millionen Taler gekostet. Die Einnahmen aus den Münzgeschäften deckten hiervon 17 %. Folglich bescherten die Münzgeschäfte auch den jüdischen Unternehmern enorme Gewinne.

Die längerfristige Bedeutung dieses Prozesses bestand darin, daß den reich gewordenen Familien der Ausbruch aus dem bisher üblichen Status von Untertanen minderer Klasse gelang, und dies, obwohl Friedrich II. im allgemeinen von Generalprivilegien für einzelne jüdische Familien nichts hielt. Noch 1756 hatte er einen entsprechenden Antrag Ephraims abgelehnt. Der Krieg und die wachsende Abhängigkeit von jüdischen Finanziers brachten hier jedoch eine Wende. Ephraim und Itzig erhielten 1761 für sich wie für ihre Nachkommen „Generalprivilegien christlicher Kaufleute und Bankiers“.

Damit waren Zeichen gesetzt. Bis zu seinem Tod stattete Friedrich II. in Berlin zwölf, in Breslau sechs weitere Familien mit Generalprivilegien aus. Diese politische Absicherung einzelner Familien begünstigte in der zweiten Hälfte des 18. Jhs. einen bedeutsamen Prozeß. Mit ihrem Reichtum und der Hinwendung zur Kultur der Umwelt begannen sich jüdische Unternehmer von den starren Bindungen an das herkömmliche Gemeindeleben zu lösen.

Soziale Schichtung

Repräsentative Aussagen zum Wohlstand und zur sozialen Stellung der Juden im preußischen Staat sind erst ab dem ausgehenden 18. Jh. möglich. Nur für Berlin existieren auch für frühere Jahrzehnte einige Angaben. 1750 gab es in der Stadt 321 Schutzjuden. Davon widmeten sich 74,4 % dem Handel, 11,5 % fanden ihr Auskommen in Sparten, die dem gewerblichen Bereich zuzurechnen waren. Die restlichen 1,4 % setzten sich vornehmlich aus Lehrern und Rabbinern zusammen. Allerdings waren die 321 Schutzjuden nur ein Teil des Berliner Judentums, und zwar derjenige, der originäre Aufenthaltsrechte vorweisen konnte. Zählte man die Juden mit abgeleiteten Privilegien hinzu, dann hatte die jüdische Gemeinde Berlins insgesamt 802 Erwerbspersonen. 35 % von ihnen waren als Gesinde beschäftigt oder schlugen sich als Tagelöhner und Handlanger durch. Von den insgesamt 802 jüdischen Erwerbspersonen Berlins lebten 64,7 % am Existenzminimum. Etwas über 26 % waren mittelmäßig begütert und nur 9 % konnten als reich gelten. Gerade diese Oberschicht stieg in den folgenden Jahren zu einer Bedeutung auf, die man vorher nicht einmal annähernd erahnen konnte.

Insgesamt legten die rigiden Judengesetze den Betroffenen jedoch eine große Belastung auf. Die große Masse der Juden konnte nicht anders, als den Kleinhandel oder das Hausierer- und Trödlergewerbe zu betreiben. Bei einzelnen zeigte sich jedoch schon, daß sie aus den kleinlichen Verhältnissen auszubrechen und sich Geschäften größeren Umfangs zuzuwenden vermochten. In ihrem Sog etablierte sich vor allem während der zweiten Regierungshälfte Friedrichs II. eine Art jüdischer Mittelstand.

Die Verordnungen, mit denen der König die wirtschaftliche Tätigkeit der Juden einschränkte, lenkten diese noch intensiver in die wenigen für Juden zugelassene Erwerbszweige. Wie den Hofjuden blieb auch den jüdischen Kaufleuten gar nichts anderes übrig, als mit höheren Risiken zu arbeiten. Folglich betätigten sie sich vorwiegend in noch nicht „besetzten“ Wirtschaftsbereichen oder konzentrierten sich auf Aktivitäten wie den Import, z.B. von Schokolade und Kaffee, wo sie eine monopolartige Stellung innehatten. Hier kamen ihnen die zahlreichen Verbindungen mit ihren Glaubensgenossen im Außenhandel zugute.

Trotz der Regulierungspolitik weiteten sich die wirtschaftlichen Betätigungsfelder der Berliner Juden schon in den siebziger Jahren des 18. Jhs. aus. In einer Liste der Betriebe, die jüdischen Unternehmern gehörten, wurden unter anderem folgende Bereiche erwähnt: Seide, Baumwolle, Zwirn, Likör, Leder, Leinen, Gold und Silber.

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