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Zur Strafzumessung

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Das „Edictum Theoderici“ unterscheidet in seiner Gesetzgebung hinsichtlich der Strafzumessung zwischen humiliores und honestiores, d.h. Niedrigstehenden und Höherstehenden, zwischen Armen (nihil habentes, pauperi) und potentes, die nach herrschender Klassenjustiz höhere oder geringere Strafen erleiden. Interessant ist aber, worauf bereits Felix Dahn hingewiesen hat, dass bei der Bestrafung von servi (mancipi) und coloni (schollengebundene Kleinpächter) kein Unterschied mehr getroffen wird, ja dass, wie ET 142 zeigt, die Schollenbindung der coloni vel originarii aufgehoben wird, so dass sie ähnlich einem Sklaven beliebig versetzt, verschenkt oder verkauft werden konnten, ohne dass ihnen diesbezüglich ein Klagerecht zustand.150 Dies ist natürlich eine erhebliche Einschränkung der ihnen in der früheren Gesetzgebung zugestandenen persönlichen Freiheit (s. jedoch ET 146). Damit wird im ostgotischen Staat der Unterschied zwischen servus und colonus teilweise verwischt.151

Zu einigen der im ET verhängten Strafen:

A. Verweis des Wohnortes 152

Basis für die hier verhängten Strafen und Strafbestimmungen sind die in Digesta 48,22 (De interdictis et relegatis et deportatis = Von den Verboten bezüglich Verwiesener und Deportierter) diskutierten einzelnen Verfügungen:

relegatio (Heumann-Seckel 501 s. v.): bedeutet die Zuweisung eines Zwangsaufenthaltsortes. Während die Gesetzesvorlagen des ET zumeist formulieren relegatio in insulam (PAULUS, Sententiae 5,15,5, s. ET 44; PAULUS, Sententiae 5,26,3, s. ET 75; PAULUS, Sententiae 5,20,2, s. ET 97; PAULUS, Sententiae 5,22,2, s. ET 104; Digesta 47,12,11 (= PAULUS libro V sententiarum), s. ET 110; Digesta 47,14,3 (= CALISTRATUS libro VI de cognitionibus): extra terram ltaliam, s. ET 57. 116; PAULUS, Sententiae 5,30B,1.2: in perpetuum relegantur, s. ET 83), verwendet das ET den Ausdruck fast immer ohne Angabe eines Ortes, der dem Relegierten als Zwangsaufenthalt zugewiesen wird (ET 89 perpetua relegatio; ET 97 perpetui exilii relegatio). Der Relegierte behält dabei sein Vermögen (oder zumindest einen Teil desselben, PAULUS, Sententiae 5,22,2 = ET 104) und seine Zivität (Digesta 48,22,4 = MARCIANUS, lib. II institutionum; dgl. 48,22,5 = MARCIANUS, lib. I regularum).

deportatio (Heumann-Seckel 137 s. v.): Verbannung (Digesta 48,22,6 = ULPIANUS, lib. IX de off. procons.). Diese Bestimmung betrifft in erster Linie Decurionen, die wegen crimen laesae maiestatis verurteilt werden. Auch hier wird in den Vorlagen zumeist eine Insel oder ein anderer Ort genannt,153 entspricht also weitgehend der relegatio (PAULUS, Sententiae 5,23,10 (11) [ET 1], in insulam bonis ademptis). Die deportatio ist jedoch mit Vermögensverlust verbunden (CTh 9,24,1.4, s. ET 18).154

exilium (Heumann-Seckel 191 s. v.) bedeutet Landesverweis, Verbannung oder Internierung, die allerdings mit dem Verlust der Zivität verbunden ist (Digesta 48,22,15 = MARCIANUS, lib. …, pr.). Diese Verbannung kann „ewig“, (in perpetuum) oder auf begrenzte Zeit erfolgen (temporale). Im ET wird die Strafe zumeist ohne zeitliche Begrenzung ausgesprochen (ET 15. 42. 95; ET 75: perpetui exilii damna. ET 83 in perpetuum dirigere exilium für humiliores, poenam quinquennalis exilii für honestiores. ET 95. 97. 108. s. auch ET 155:proscriptionis deportationisque poena).

Auffallend ist, dass das „Edictum“ kaum Unterschiede zur deportatio erkennen lässt, so dass der Eindruck entsteht, dass die strafrechtlichen Begriffe relegatio, deportatio und exilium, die bei Paulus noch eine gewisse Unterscheidung im Strafmaß erkennen lassen, nunmehr austauschbar geworden sind. Dennoch bemüht sich ET 89 um eine Unterscheidung, wie er in der Bestrafung von vilioresviliores fustibus caesi perpetuae relegationis mala sustineant, und honestiores ersichtlich ist: honestiores exilii patiantur incommoda. Das „Edictum“ scheint somit eine gewisse Härte in der Verhängung von relegatio im Gegensatz zu exilium anzudeuten. Dass es sich hierbei nicht um ein Ausschreiben der Vorlage bei Paulus handelt, zeigt, dass dieser hier ein unterschiedliches Strafmaß – Tod bzw. fünfjährige Deportation auf eine Insel – nennt.

B. Verlust der„Ehre“

infamia (Heumann-Seckel 263 s. v.) bedeutet Ehrverlust, d.h., der Verurteilte wird in seiner Ehre geschmälert, so dass er entweder die vormals erreichten Ehren nicht mehr öffentlich zur Geltung bringen oder aber sich nicht mehr um öffentliche Amter bewerben kann.155 Diese Strafe taucht in den Vorlagen des „Edictum“ relativ häufig auf (CJ 9,12,8, s. ET 21; CTh 3,8,1, s. ET 37; CJ 2,74,I „notari“, s. ET 44; CTh 9,10,4, s. ET 77; Novella Valentiniani 23, s. ET 110; CTh 2,8,18 „notabilis“, s. ET 154). Die Tatsache, dass der Begriff infamia im ET nicht mehr verwendet wird, deutet darauf hin, dass er in dieser Zeit wohl keine Bedeutung mehr besaß, obwohl wir nicht grundsätzlich davon ausgehen dürfen, dass manche Strafen den Verlust der Fähigkeit, Ämter zu bekleiden, (automatisch?) nach sich zogen.

C. Todesstrafen

occidere, capite puniri (Heumann-Seckel 63 s. v.): Die Todesstrafe sollte bei freien Personen eigentlich durch das Schwert vollzogen werden (ET 1. 9. 17. 38. 39. 41. 47–50. 56. 59. 63. 78. 91. 99. 104 ([capite] puniantur); 108. 110. 125. Ob dies bei Sklaven ebenso zutraf (ET 77: extremum supplicium) oder ihnen eher der Feuertod bzw. das Totprügeln drohte (ET 4, Anmerkung), bleibt diskutierbar.

ignibus cremare (Heumann-Seckel 244 s. v.) war eine Todesstrafe, die eigentlich nur Niedrigstehende, vor allem Sklaven und Abhängige (mancipi) treffen sollte (ET 61, 91). Dennoch wird sie im ET auch Personen angedroht, die nachweislich dem Stand der „Freien“ (sui iuris) zuzuordnen sind (ET 35: Denunzianten, 107: Aufrührern).

D. Strafzumessung und Bußgeld

poena (Heumann-Seckel 435 s. v.):

1. poena ist zunächst eine Strafe, die die bürgerliche Freiheit (ET 18: poena exilii; ET 4I capitalis poena; ET 83: poena quinquennalis exilii; ET 90: poena falsi crimini, ET 155 proscriptionis deportationisque poena) betrifft, also eher im strafrechtlichen Bereich angesiedelt ist (ET 85: poenalis actio furti; vgl. ET 86).

2. poena bedeutet aber auch vermehrt die Geldstrafe, die Bußzahlung, die den Anspruch auf Wiedergutmachung („Ersatzleistung“) befriedigen soll. Ursprünglich, wie Ernst Levy, Vulgarrecht § 128 zeigt, als satisfactio verstanden, wird sie in der Spätantike fast durchwegs auf die Zahlung des Vierfachen des verursachten Schadens festgelegt: ET 2. 3. 4. 56. 57. 58. 115. 126. 144. 149. 151 (in ET 10 nur das Doppelte). Dies gilt jedoch nur mit Einschränkung: Macht der Geschädigte diese Ansprüche innerhalb Jahresfrist vor Gericht geltend, so wird ihm (automatisch?) die vierfache Entschädigung zugesprochen. Nach dieser Frist (vgl. „nach Jahr und Tag“) ist nur noch die einfache Entschädigung in Form einer Noxalklage (Schadensklage) zu erstreiten (ET 109. 124).

3. Geldstrafen, d.h. Strafen, die in gemünztem Gold (solidus) verhängt und zu entrichten sind, werden im ET kaum genannt (ET 55. 114. 150), doch sind pekuniäre Strafen in der Verhängung der „vierfachen Erstattung“ recht wohl enthalten. Andererseits kennt das „Edictum“ Fälle, da die Strafe in „Gold“ bemessen wird. Dies betrifft zumeist Richter (iudices) und Gerichtspersonal (officium): ET 55: decem librarum auri; ET 114: quinque auri libras.

noxae dare (Heumann-Seckel 374 s. v.): Der Begriff „Schadensersatz leisten“ findet im ET kaum mehr Verwendung (s. aber ET 117). Noxa erscheint im ET vielmehr als „Schaden“, „Vergehen“, ein Begriff, wie er auch von Paulus verwendetet wird. So zitiert das ET 120 auch den PAULUS, Sententiae 2,31,8 entnommenen Grundatz: noxa enim semper caput sequitur.

Auffallend ist, dass in manchen Bestimmungen keine Strafen benannt werden; vielmehr wird lediglich auf den Strafbestand als solchen verwiesen (etwa bei abactor, adulterium, falsum, furtum, homicidium, plagium, raptio, stuprum, violentia (z.B. ET 21. 22. 29. 30. 36. 37. 40. 60. 72. 79. 90. 116. 124). Der Richter ist damit gezwungen, auf ähnliche Verordnungen im ET zurückzugreifen, oder aber die weiterhin geltenden Gesetzestexte (Leges, Kaisererlasse bzw. Reskripte u.ä.) und die darin verhängten Strafen (nach Augenmaß?) anzuwenden. So verweist denn Theoderich in seinem Schlusswort darauf, dass in ähnlich gelagerten Fällen sehr wohl die alten Gesetze zu Analogieschlüssen herangezogen werden sollen.

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