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3. Zwischenfazit: Herausforderungen für die Weiterentwicklung der Bildungsberichterstattung

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Diese kurze Skizze zur aktuellen Praxis der Bildungsberichterstattung in Deutschland hat gezeigt, dass insbesondere der Nationale Bildungsbericht mit anspruchsvoller Zielsetzung verknüpft ist. Das Vorhaben, die breite interessierte Öffentlichkeit und die politischen Entscheidungsträger umfassend und verlässlich über das Bildungsgeschehen in Deutschland zu informieren, ist konsequenterweise in eine breite Bildungsberichtkonzeption übersetzt worden, mit der viele Bildungsbereiche, thematische Schwerpunkte und Entwicklungen im Zeitverlauf berücksichtigt werden. Ein solcher System-Modelling-Ansatz kollidiert allerdings mit dem gleichzeitig deklarierten Anspruch, den Indikatorensatz im Kern „überschaubar“ zu halten und mit der teilweise beschränkten Datenverfügbarkeit, wonach relevante, sicherlich gewünschte, Indikatoren nicht abzubilden sind.

Zielzuschreibungen an Bildung wie Chancengleichheit wahren, Humanressourcen sichern und individuelle Teilhabe am Leben in Gemeinschaften zu ermöglichen, sind zudem inhaltlich dimensionierte Ansprüche, an denen sich die entsprechende Konzeption von Bildungsberichten auch zu orientieren hat, postuliert sie denn ein solches Bildungsverständnis. So gilt es zum Beispiel zu fragen, woran sich die gelingende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben neben einer erfolgreichen Lerntätigkeit zeigt? Welches Geschehen im Bildungssystem ist relevant für die Betrachtung von Chancengleichheit neben der üblichen vergleichenden Betrachtung des Bildungsoutputs nach sozialen Bezugsnormen? Die Herausforderung für die Bildungsberichterstattung liegt somit in der Weiterentwicklung einer stärker theoretisch begründeten Berichtskonzeption, die die Herleitung relevanter und bislang ggf. noch nicht berücksichtigter Indikatoren zulässt. Diese Aufgabe ist durchaus bekannt (vgl. TIPPELT 2009b), scheitert innerhalb der Berichtssysteme vermutlich jedoch an der begrenzten Datenlage oder an der explizit adressatengerechten Ausrichtung, die keine vertiefte theoretische Auseinandersetzung vorsieht. Doch auch die Indikatorenforschung weist diesbezüglich bislang eher rudimentäre Arbeiten auf4, was sicherlich ihren vergleichsweise noch jungen Aktivitäten (vor allem im Zuge der Maßnahmen der Neuen Steuerung der 2000er Jahre zugenommenen Forschungsbemühungen) geschuldet ist und dem Umstand, dass letztlich wohl wiederum das Erstellen von Bildungsberichten (unter wissenschaftlicher Beteiligung) selbst es ist, was den Anlass für die wissenschaftlich fundierte Weiterentwicklung der Bildungsberichterstattung gibt. In jüngster Zeit ist vor allem ein wissenschaftlicher Fokus auf die Auseinandersetzung mit der kommunalen Bildungsberichterstattung zu beobachten, festgemacht an den aktuell häufiger stattfindenden Fachtagungen, entsprechenden Symposien auf erziehungswissenschaftlichen Kongressen, Arbeitsschwerpunkten an Forschungsinstituten (DIPF) sowie als ausgemachter Schwerpunkt der Begleitforschung des bundesweiten Projektes „Lernen vor Ort“, welches das kommunale Bildungsmonitoring als einen zentralen Programmbaustein für die beteiligten Kommunen vorsieht.

Angesichts der postulierten Notwendigkeit, Bildungsberichtssysteme stärker theoretisch zu fundieren, soll im Folgenden nun anhand einer spezifischen theoretischen Folie, der Anerkennungstheorie, der Versuch unternommen werden, über die theoretische Herleitung zu Indikatoren zu gelangen, die neben den bereits vorhandenen und vielfach genutzten Indikatoren in Bildungsberichten geeignet sind, über Bildungsprozesse Auskunft zu geben. Dabei wird auf die Anerkennungstheorie zurückgegriffen, weil sie verspricht, stärker auch das Prozessgeschehen im Bildungswesen zu berücksichtigen (vgl. BERKEMEYER/MANITIUS 2013), was im Kontext-Input-Prozess-Output-Schema sicherlich die Dimension ist, die besonders weiterer Indikatorenentwicklung bedarf (vgl. auch DÖBERT/KLIEME 2010; BERKEMEYER u.a. 2013). Da der Anerkennungsansatz relevante gerechtigkeitstheoretische Bezüge aufweist (z.B. Honneth 2011), scheint sie zudem geeignet, die unserer Ansicht nach zentralen gerechtigkeitsbezogenen Zielkategorien von Bildung wie Chancengleichheit sichern und individuelle Regulationsfähigkeit für die Teilhabe an Gesellschaft zu ermöglichen, in einen spezifischen theoretischen Betrachtungsrahmen zu setzen, der die Entwicklung relevanter Indikatoren erlaubt. Es ist hier also insbesondere die Gerechtigkeitsperspektive, die die theoretische Erweiterung des Blickwinkels auf die deklarierten Zielvorstellungen von Bildung in der Berichterstattung notwendig macht.

Im Einzelnen gilt es nun, die theoretischen Grundlagen zum Konzept der Anerkennung auf Bildung (als den zentralen Gegenstand von Bildungsberichten) zu beziehen und des Weiteren Anerkennung ins Verhältnis zu Fragen der Gerechtigkeit zu setzen. Aus dieser theoretischen Zusammenführung sollen exemplarisch Vorschläge für mögliche Indikatoren formuliert werden, die theoretisch begründet Eingang in eine stärker anerkennungsbezogene Bildungsberichterstattung finden können.

Bildung an ihren Grenzen

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