Читать книгу Bildung an ihren Grenzen - Группа авторов - Страница 8

1. Zur Unterscheidung erziehungstheoretischer und bildungstheoretischer Fragestellungen in der theoretischen Pädagogik und der erziehungswissenschaftlichen Forschung

Оглавление

Der Begriff Erziehungsphilosophie (philosophy of education) wird in der Regel als Oberbegriff einer philosophischen Reflexionsdisziplin in der Pädagogik verwendet, welche Grundbegriffe pädagogischen Denkens und Handelns erörtert, pädagogische und erziehungswissenschaftliche Theorien reflektiert und problematisiert sowie ganz allgemein Grundlagenfragen der Erziehung, aber auch der Erforschung von Erziehungsprozessen, -kontexten und -verhältnissen erörtert. Adressaten der so verstandenen Erziehungsphilosophie sind zum einen das alltägliche Nachdenken über pädagogische Fragen in pädagogischen oder pädagogisch bedeutsamen Kontexten, zum anderen die Theorieentwicklung im Rahmen der theoretischen und wissenschaftlichen Pädagogik und schließlich Diskurse, die über Fragen und Sachverhalte individueller und gemeinsamer Erziehung in der diskutierenden Öffentlichkeit ausgetragen werden (vgl. WIGGER 2002; RUHLOFF 2002).

Im deutschsprachigen Kontext haben sich seit der modernen Epoche der Aufklärung Traditionen einer „Allgemeinen Pädagogik“ entwickelt, die die angesprochenen Reflexionsaufgaben bearbeitet und zwischen Tatsachen und Begriffen der Erziehung und der Bildung sowie analog zwischen Erziehungs- und Bildungsprozessen sowie Erziehungs- und Bildungstheorien unterscheidet (vgl. BENNER 2014). Entgegen der zwar weit verbreiteten, gleichwohl irrigen Meinung, dass es die genannten Unterscheidungen nur im deutschen Sprachraum gebe, vertreten wir die Auffassung, dass analoge Unterscheidungen unter neuzeitlichen und modernen Bedingungen in allen Sprachen und Kulturräumen nachweisbar sind (vgl. auch REICHENBACH 2002; BENNER/PENG 2013). Von Erziehung im engeren Sinne wird überall dann gesprochen, wenn nicht-reziproke pädagogische Interaktionen zwischen Erwachsenen und Heranwachsenden thematisiert werden, in denen die Erwachsenen eine pädagogische Verantwortung dafür tragen, dass in der nachwachsenden Generation Lernprozesse durch gegenwirkende und unterstützende Maßnahmen gefördert werden. Von Bildung in einem weiten Sinne sprechen wir dagegen dort, wo nicht pädagogische Interaktionsverhältnisse, sondern Verhältnisse zwischen Mensch und Welt im Zentrum der Betrachtung stehen, die zwar auch für pädagogische Prozesse bedeutsam sind, über die Erziehungstatsache im engeren Sinne jedoch weit hinausgehen und auf Erfahrungen und Entwicklungen bezogen sind, die das menschliche Zusammenleben auch jenseits der Erziehung betreffen (vgl. HUMBOLDT 1793). Ganz allgemein lässt sich sagen: Erziehungsprozesse sind immer in Bildungsprozesse eingebettet; Bildungsprozesse finden hingegen auch jenseits der Erziehung statt. Erziehungstheorien handeln vornehmlich von den Möglichkeiten und Einwirkungsformen pädagogischen Handelns, Bildungstheorien von den Aufgaben und Entwicklungsproblemen eines humanen Zusammenlebens.

Bildung an ihren Grenzen

Подняться наверх