Читать книгу Das ›Dritte Reich‹ 1933–1945 - Группа авторов - Страница 22
Jugend als Träger des künftigen NS-Staates, Sportler als Krieger, Frauen und Heimatfront
ОглавлениеEin Kapitel von besonderer Brisanz ist das Thema Jugend, Erziehung und Sport, signalisierte doch schon der Name Hitler-Jugend, dass das gegenwärtige Deutschland als „nur“ national, mithin nicht perfekt indoktriniert angesehen wurde, das künftige aber, mit Hitlers jetziger Jugend als Staats- und Rassevolk, nationalsozialistisch sein sollte. Diesem Ziel dienten Hitlers konzentrierte Aufmerksamkeit auf die Jugend, spezielle Erziehungsanstalten wie Ordensburgen, sowie der Einsatz von Schulbüchern und renommierten Pädagogen als Vermittlern einer rassenbedingten Weltanschauung. Irritierend oft findet sich der Gedanke, dass der Sport wesensmäßig auf Krieg und Daseinskampf ausgerichtet sei, was ihn für die Jugend so wichtig mache. Das predigten nicht nur Wehrerzieher, die Konjunktur hatten und zuständig waren für eine Belieferung von Wehrmacht und SS mit „tüchtigen“ Jugendlichen. Auch „Sportführer“ sprachen vom Sport als einer Art freiwilligem Soldatentum. In einem ausgeprägten Totenkult wurde den Jugendlichen ein imaginärer Auftrag der im Ersten Weltkrieg Gefallenen zu vermitteln gesucht, Krieg und Kampf bis zum Sieg fortzusetzen. Der Sportfunktionär Carl Diem frohlockte nach dem Frankreich-Krieg, dass dies wunderbar geklappt habe. Von solcherlei Geistesverwirrung zeugt im Übrigen heute noch eine Langemarck-Halle des Berliner Olympia-Stadions. Die Sportzeitung „Der Kicker“ fiel in diesen Chor mit Überlegungen zur Formung des „Menschenmaterials“ im Heer durch Fußball ein, und am Ende des Weltkrieges standen Appelle und Lockungen, die die Jugend als letztes Aufgebot an die Panzerfäuste schickte. Zu den zahlreichen Facetten dieses Bereichs gehört, dass Frühgeschichtler genetisch bedingte Identitäten im Sport alter Germanen und arischer Zeitgenossen ebenso nachzuweisen suchten wie einen nordischen Ursprung der Olympiade.42
In der NS-Zeit wurden alle Teile der Gesellschaft mit einer speziellen Variante der Propaganda bearbeitet, mit großer Hingabe beispielsweise Bauern, mit eher krampfhafter Zuneigung Arbeiter und als Kitt im NS-Herrschaftsgefüge die „Alten Kämpfer“. Frauen als Müttern, vielfach ausgezeichnet mit einem „Mutterkreuz“, und deren tragender Rolle im Heim und am Herd wurde unablässig größte Aufmerksamkeit zuteil, was nicht selten durch Emanzipationsschübe konterkariert wurde, weil Arbeitskräftemangel und neue Aufgabenbereiche dies förderten. Von besonderer Wichtigkeit erscheinen Texte zur Indoktrinierung von Frauen, denen ein instinktorientiertes Wesen angedichtet wurde. Sie sollten mit dieser „Gabe“ die Heimatfront prägen und dort herrschen, auch über „Fremdvölkische“, sie sollten den Kampf als Lebensform und unumstrittene Notwendigkeit vorleben und nicht zuletzt den Durchhaltewillen ihrer Männer an der äußeren Front garantieren.43