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2. Primär innenrechtliche Ermächtigungswirkung
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Der historische Streit um die Rechtsnatur des Haushaltsplans und seiner parlamentarischen Feststellung (Rn. 9) hatte so lange Bedeutung, wie der Machtkampf zwischen (monarchischer) Regierung einerseits und Volksvertretungen andererseits im Konstitutionalismus noch unentschieden war. Im parlamentarischen Regierungssystem, also seit der Weimarer Republik, ist der Streit unerheblich geworden[274]. Das Parlament ist – vorbehaltlich eines Kernbereichs des Regierungshandelns – umfassend zur Regelung durch Gesetz befugt[275]. Das Haushaltsgesetz, das den Haushaltsplan feststellt, ist damit im Grundsatz ein Parlamentsgesetz wie jedes andere. Es zeichnet sich freilich durch einen besonderen Gegenstand und einen begrenzten Adressatenkreis aus[276].
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So hat das Haushaltsgesetz, im Unterschied zu den meisten anderen Parlamentsgesetzen und ähnlich wie sonstige Organgesetze, primär Innenwirkung. Es berechtigt und verpflichtet insoweit also allein die Exekutive.
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Die Exekutive wird durch die Haushaltstitel ermächtigt, die im Haushaltsplan vorgesehenen Ausgaben zu leisten (siehe auch § 3 Abs. 1 HGrG, § 3 Abs. 1 BHO (entsprechend das Landes- und Kommunalhaushaltsrecht))[277]. Zugleich ist die Exekutive an die in den Haushaltstiteln vorgesehenen Zweckbestimmungen und Vermerke gebunden und darf die ausgewiesenen Summen nicht überschreiten[278]. Anschaulich wird in diesem Zusammenhang von einem zweifach gestuften Treuhandverhältnis gesprochen[279]: Das Volk vertraut dem Parlament das Geld, im Wesentlichen, die Steuermittel zur weiteren Verfügung an[280]; das Parlament ermächtigt seinerseits die Exekutive zur Verwendung.
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Eine Verpflichtung zur Mittelverausgabung ergibt sich aus den Haushaltstiteln dagegen nicht. Die Titel beschränken sich auf die Ermächtigung der haushaltsbewirtschaftenden Stellen, die Mittel zu verausgaben[281]. Ob und inwieweit die Mittel tatsächlich verausgabt werden, richtet sich nach dem einschlägigen Sachrecht, gegebenenfalls nach sachrechtlich angeleiteten Ermessensentscheidungen oder auch – im so genannten gesetzesfreien Bereich – nach sonstigen, letztlich verfassungsrechtlich fundierten und beschränkten Zweckmäßigkeitserwägungen.
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Die Veranschlagung der Einnahmen soll lediglich sicherstellen, dass der Haushaltsausgleich erreicht wird. Der Ansatz von Einnahmen hat in diesem Sinne allein deklaratorischen, im Übrigen informatorischen Charakter. Einer besonderen innenrechtlichen Ermächtigung zur Mittelvereinnahmung bedarf es grundsätzlich nicht[282]. Umso weniger begründet der Ansatz von Einnahmen im Haushaltsplan eine Verpflichtung der Exekutive, die Einnahmen tatsächlich zu erzielen[283]. Verpflichtende Gehalte können sich nur, wie auch auf Ausgabenseite, aus anderem, nichtbudgetärem Recht ergeben. Hier steht das Steuerrecht im Mittelpunkt, das – nach Maßgabe des Gesetzesvorrangs und zur Gewährleistung einer leistungsfähigkeitsgerechten, insbesondere lastengleichen Besteuerung (Art. 3 Abs. 1 GG) – ordnungsgemäß zu vollziehen ist (vgl. § 85 AO). Gleiches gilt für das Recht der Entgelte.
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Aus anderen Vorschriften des Haushaltsgesetzes können sich weitergehende Berechtigungen und Verpflichtungen der Exekutive ergeben, so etwa eine Verpflichtung, Personalstellen abzubauen[284].
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Soweit das Haushaltsgesetz den Haushaltsplan feststellt, hat es keine Außenwirkung, berechtigt und verpflichtet also nicht den Bürger[285]. Insbesondere begründet der Haushaltsplan keine Ansprüche von Personen, denen nach der Zwecksetzung bestimmter Haushaltstitel Mittel zugute kommen sollen[286]. § 3 Abs. 2 HGrG, § 3 Abs. 2 BHO (entsprechend das Landes- und Kommunalhaushaltsrecht) bestätigt diesen verfassungsrechtlichen Befund einfachrechtlich.
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Inwieweit weitere – mit dem zeitlichen und sachlichen Bepackungsverbot (Rn. 221 ff.) vereinbare – Vorschriften des Haushaltsgesetzes Außenwirkung haben können, ist streitig. Verneint wird eine mögliche Außenwirkung haushaltsgesetzlicher Vorschriften auch jenseits der Feststellung des Haushaltsplans in der Regel mit dem Charakter des Haushaltsgesetzes als Organgesetz[287]. Nach anderer, überwiegender Auffassung steht verfassungsrechtlich einer Aufnahme von Vorschriften, die über den organschaftlichen Rechtskreis hinausgehen, in das Haushaltsgesetz nichts entgegen[288]. Letzterem ist zuzustimmen. Geht man zutreffend davon aus, dass das Haushaltsgesetz heute, im parlamentarischen Regierungssystem, ein Gesetz wie jedes andere ist, das im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren erlassen und rechtsstaatsgemäß verkündet wird, dann spricht nichts dagegen, in dieses Gesetz auch Vorschriften aufzunehmen, die sich an den Bürger richten. Ein weitgehender oder gänzlicher Verzicht auf außenwirksame Bestimmungen fördert freilich die Rechtsklarheit[289].
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Das Haushaltsgesetz ist Recht im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 BVerfGG und kann deshalb im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle durch das Bundesverfassungsgericht überprüft werden[290]. Gegen die Haushaltsgesetze der Länder können zudem Verfahren vor den Landesverfassungsgerichten statthaft sein[291].