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b) Der Begriff des Nachbarn
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Im Rahmen der Widerspruchs- bzw. Klagebefugnis stellt sich die Frage, wer zum Kreis der Nachbarn gehört und sich auf drittschützende Normen berufen darf, mit anderen Worten: wer anfechtungsberechtigt ist. Die Landesbauordnungen definieren den Nachbarbegriff nicht; daher muss er durch Auslegung gewonnen werden. Insoweit kann zwischen einer persönlichen und einer räumlichen Berechtigung unterschieden werden.
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In räumlicher Hinsicht ist der Nachbar vom unmittelbaren Angrenzer zu unterscheiden. Der Nachbarbegriff des Baurechts greift weiter und umfasst all diejenigen, die unter die individualisierenden Tatbestandsmerkmale der betreffenden Schutznorm fallen – sog. materieller Nachbarbegriff[791]; dieses Ergebnis ist die logische Konsequenz der Anwendung der Schutznormtheorie[792]. Damit können auch diejenigen klagebefugt sein, deren Grundstück etwas weiter entfernt liegt. In persönlicher Hinsicht wird nach herrschender Meinung in erster Linie der Eigentümer erfasst[793]; anerkannt werden aber auch gewisse dingliche Berechtigungen wie Nießbrauch oder Grunddienstbarkeit[794]. Nicht dem Nachbarbegriff unterfallen sollen dagegen Mieter oder andere bloß schuldrechtlich Berechtigte wie Pächter[795]. Diese Auffassung wurde noch einmal auf den Prüfstand gestellt, nachdem das BVerfG das Mietrecht dem Schutzbereich des Art. 14 GG unterstellt hatte[796]; dennoch hielt das BVerwG an seiner herkömmlichen Position fest, den Mieter nicht einzubeziehen[797]. Begründet wird diese Auffassung mit den potentiellen Bodennutzungskonflikten, die das Bau(planungs)recht lösen wolle und in die der Mieter nicht involviert sei[798]. Diese Auffassung überzeugt indes nur bedingt[799], denn häufig wird es gerade der Mieter sein, der faktisch unter einer z.B. lärmintensiven neuen Nutzung in der Nachbarschaft zu leiden hat. Allerdings bleibt dem Mieter Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG als rügefähiges Recht[800].