Читать книгу Handbuch des Strafrechts - Группа авторов - Страница 120

2. Erfordernis der limitierten Akzessorietät

Оглавление

93

Anders als dem Täter kommt dem Teilnehmer nicht die Herrschaft über die Verletzungshandlung und damit auch über den Verletzungserfolg zu, sondern er wirkt „nur“ an der Gestaltung eines anderen mit. Voraussetzung für die Teilnahme an der Tat eines anderen ist zweierlei: Zum einen muss einer anderen Person die Herrschaft über ein tatbestandsmäßiges Verletzungsgeschehen zukommen, an der der Anstifter oder Gehilfe teil-nehmen kann. Damit wird deutlich, dass sich die Teilnahmehandlung nicht unabhängig vom Verhalten des Täters bestimmen kann, sondern einen unmittelbaren Bezug zur konkreten tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Haupttat haben muss (sog. limitierte Akzessorietät, vgl. näher Rn. 94–96). Zum anderen muss die teilnehmende Person an dieses konkrete Verhalten anknüpfen und zwar nicht unabhängig vom Ersthandelnden oder rein zufällig, sondern bewusst. Das bedeutet auch, dass der Teilnehmer nur hinsichtlich seines tatsächlich geleisteten Tatbeitrags bezogen auf die Haupttat haftet. Begeht beispielsweise der Haupttäter eine gefährliche Körperverletzung, bezog sich der Tatbeitrag des Teilnehmers aber nur auf eine einfache Körperverletzung, kann sich die Mitzurechnung nur auf letztere beziehen. Schließlich ist eine Teilnahme nur möglich, wenn das vom Täter angegriffene Rechtsgut auch für den Teilnehmer ein fremdes ist. Ist er selbst Inhaber des Rechtsgutes, ist seine Teilnahme straflos.[209] Näher zu den Formen der Teilnahme und ihrem Teilnahmebeitrag unten Rn. 93 ff.

94

a) Die Handlung des Teilnehmers ist nicht nur zufällig mit dem Handeln eines anderen verbunden, vielmehr bezieht der Teilnehmer sein Verhalten auf das einer anderen Person, die als Täter die tatbestandsmäßige Verletzung vornimmt. Die Verbotsnormen stellen keine abstrakten Sollenssätze dar, sondern beziehen sich auf den konkreten Normverstoß durch ein Subjekt und enthalten insofern auch eine Sperrwirkung für den Einzelnen, solange dieser kein Verhalten an den Tag legt, welches einen Rechtsbruch begründet. Wurde die Tat vom unmittelbar Handelnden noch nicht einmal versucht, ist strafrechtliches Unrecht noch nicht gegeben, so dass die ursächliche Einwirkung seitens des Teilnehmers allein eine straflose Vorbereitungshandlung hinsichtlich der vom Täter zu begehenden Rechtsverletzung begründet (anders demgegenüber § 30 StGB, vgl. hierzu → AT Bd. 3: Harro Otto, Besondere persönliche Merkmale § 55). Die Strafbarkeit der Beteiligung bleibt ansonsten unbestimmt und wird auf Handlungen ausgedehnt, die noch keinen Bezug zur Rechtsverletzung selbst haben. Die tatstrafrechtliche Grundlage wird damit verlassen, wenn jede Form der Bedingungssetzung bereits genügt, um Unrecht zu begründen. Dies widerspricht aber der in Art. 103 Abs. 2 GG normierten rechtsstaatlichen Garantiefunktion des Strafrechts. Diese erfordert also notwendig, dass die Strafbarkeit der Teilnahme in Abhängigkeit von der im Gesetz erfassten Haupttat steht.[210]

95

b) Auch das in den §§ 26 f. StGB normierte Vorliegen einer rechtswidrigen Haupttat ist Voraussetzung für eine Teilnahme. Wie unter Rn. 54 dargelegt, setzt die Verwirklichung von Un-Recht neben der Verwirklichung des Tatbestandes voraus, dass sich die Verletzung auf einer „zweiten Stufe“ als eine rechtswidrige darstellt. Auch wenn beim Vorhandensein einer Erlaubnisnorm das Verletzungsgeschehen als solches bestehen bleibt, kann es aufgrund der besonderen Sachlage nicht als verbotene Wendung gegen das Recht beurteilt werden. Aufgrund der konkreten Situation fehlt es an einer Unrechtsverwirklichung. Soll auch die Beteiligtenhandlung die Qualität „Unrecht“ aufweisen, kann sie nicht unabhängig von der rechtswidrigen Ausführungshandlung betrachtet werden, sondern muss gerade auf diese bezogen sein. Eine Teilnahme ist daher nur möglich, wenn sich das Verhalten des Haupttäters als Widerspruch zur Rechtsordnung darstellt.

96

c) Für die Teilnahme ist hingegen nicht erforderlich, dass der Haupttäter schuldhaft handelt (§§ 26 f., 29 StGB). Das ergibt sich aus dem Begriff der Schuld, der die persönliche Vorwerfbarkeit betrifft. Der innere Verschuldensprozess ist weder einer Zurechnung fähig noch kann der (freie) Wille an sich manipuliert oder korrumpiert werden. Ausgeschlossen ist damit freilich nicht, wie dargelegt, dass auf die Entschlussfassung des Gegenübers Einfluss genommen wird, sei es z.B. durch Zwang oder sei es durch Täuschung.

97

d) Es genügt nicht, dass der Teilnehmer nur objektiv einen Beitrag zur vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat leistet, vielmehr muss er die Haupttat auch in ihren wesentlichen Umrissen kennen; unwesentliche Abweichungen der realisierten Haupttat zum Vorstellungsbild des Anstifters oder Gehilfens schließen den Vorsatz hingegen nicht aus.[211] Hierzu gehört die Kenntnis der Tatsachen, die das Vorliegen einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Tat beinhalten. Der Vorsatz muss sich also einerseits auf die Tatbestandsmäßigkeit der Haupttat beziehen, andererseits aber auch auf die Rechtswidrigkeit der Tat. Vgl. zum Vorsatz bezüglich der Haupttat näher Beihilfe und Anstiftung → AT Bd. 3: Uwe Murmann, Anstiftung § 53 Rn. 117 ff.; Hans Kudlich, Beihilfe § 54 Rn. 24 ff.

98

e) Auf der Grundlage eines personalen Begriffs des Unrechts ergibt sich auch, dass spezifische subjektive Voraussetzungen in der Person des Handelnden vorliegen müssen und insoweit nicht (mit-)zugerechnet werden können. Vgl. zu den Sonderpflichtdelikten unten Rn. 109.

Handbuch des Strafrechts

Подняться наверх