Читать книгу DSGVO - BDSG - TTDSG - Группа авторов - Страница 374

b) Kopplungsverbot

Оглавление

94

Art. 7 Abs. 4 DSGVO enthält das sogenannte Kopplungsverbot, das auf das Merkmal der freien Entscheidung (ohne Druck und Zwang) aus Art. 4 Nr. 11 DSGVO Bezug nimmt. Es darf demnach kein unbilliger emotionaler oder wirtschaftlicher Druck auf die betroffene Person ausgeübt werden, um sie zu einer Einwilligung zu bewegen, ihre Daten für Zwecke zur Verfügung zu stellen, die für den Vertrag nicht erforderlich sind, etwa für Direktmarketing durch den Verantwortlichen oder Dritte.111 Die Aussicht, nicht zu dem gewünschten Vertragsschluss zu kommen, könnte insbesondere bei fehlenden Alternativen auf dem Markt eine solche Drucksituation darstellen. Gibt es vergleichbare alternative Angebote, die der betroffenen Person auch bei entsprechender Recherche bekannt sein können, die keine Kopplung des Vertragsschlusses mit einer Einwilligung voraussetzen, so entfällt auch der Druck, einwilligen zu müssen, um die gewünschte Leistung zu erhalten.112

95

Bekanntlich kann es in Privatrechtsbeziehungen bei den sich gegenübertretenden Vertragsparteien bei einer der beiden Parteien eine stärkere Marktmacht mit der Folge ungleicher Verhandlungsmacht geben. Deshalb ist zu diskutieren, ob die Freiwilligkeit der Einwilligungserklärung dort ihre Grenze findet, wo dem Betroffenen seine Einwilligung von der stärkeren Partei „abgepresst“ wurde.113 Im Fall einer einseitigen Bestimmungsmacht eines überlegenen Vertragspartners hinsichtlich der angebotenen Leistung, die für die andere Vertragspartei zur Sicherung ihrer persönlichen Lebensverhältnisse von erheblicher Bedeutung ist, kann die Versagung der Einwilligung in eine weitgehende Preisgabe persönlicher Informationen für sie unzumutbar sein. In einem solchen Fall der einseitigen Bestimmungsmacht ist der „informationelle Selbstschutz“ mit der Konsequenz nicht mehr gewährleistet, dass nicht mehr von einer freien Entscheidung als Voraussetzung für die Wirksamkeit der Einwilligung ausgegangen werden kann.

96

Ansonsten gilt aber weiterhin grundsätzlich: Die Einwilligung ist nicht allein dadurch unwirksam, dass der Einwilligende nur durch die Einwilligung in den Genuss einer Leistung kommt.114 Andersherum: Die Aussicht, dass das Versagen der Einwilligung zu einem irgendwie gearteten Nachteil führen könnte, lässt nicht allein schon deshalb die Freiwilligkeit entfallen. Die Unwirksamkeit wäre aber jedenfalls dann gegeben, wenn die Verweigerung der erstrebten Leistung schon eine solche Bedeutung für den Betroffenen hätte, dass er zu ihrer Erlangung, auch ohne an die Folgen zu denken, aufgrund des Drucks Daten preiszugeben, bereit wäre. Die aus dem Prinzip der Selbstbestimmung abgeleitete Möglichkeit der Einwilligung kann dann nicht mehr im Interesse des Betroffenen liegen, wenn sie sich von der Selbstbestimmung in eine Fremdbestimmung verkehrt.115 Die Teilnahme an einem Gewinnspiel an die Einwilligung zu knüpfen, personenbezogene Daten des Teilnehmenden für Werbezwecke nutzen zu dürfen, wäre danach durch das Kopplungsverbot nicht unzulässig.116 Wird als „Gegenleistung“ für eine vermeintlich kostenlose Leistung des Verantwortlichen (Zahlen mit Daten) die Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten für einen außerhalb der Vertragserfüllung liegenden Zweck gesehen, steht das Kopplungsverbot dem nicht entgegen.117 So entschied auch der Sächsische Datenschutzbeauftragte, dass dem Angebot eines „kostenlosen“ Downloads eines Dokuments gegen Einwilligung in die Zusendung eines Werbe-Newsletters „aus datenschutzaufsichtsbehördlicher Sicht“ nichts entgegenstehe.118

97

Danach ist die Einwilligung also nicht freiwillig, wenn der Abschluss eines Vertrags von der Einwilligung zu einer Verarbeitung von solchen personenbezogenen Daten abhängig gemacht wird, die für die Erfüllung des Vertrags nicht erforderlich sind. Der ErwG 43 Satz 2 spricht diesen Normtext nochmals explizit ebenfalls an, ErwG 43 Satz 2: „Die Einwilligung gilt nicht als freiwillig erteilt, ... wenn die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung abhängig ist, obwohl diese Einwilligung für die Erfüllung nicht erforderlich ist.“ Gegenstand der Einwilligung wären nur solche Daten, die im Vertragskontext nicht schon aufgrund eines Erlaubnistatbestands etwa aus Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b DSGVO erlaubtermaßen verarbeitet werden dürfen. Bei den von Absatz 4 angesprochenen Daten geht es stets um solche Daten, die der Verantwortliche nicht nur für die Vertragserfüllung benötigt, sondern darüber hinaus verwenden möchte und dafür dann keine gesetzliche Erlaubnis hat, sondern auf den Erlaubnistatbestand der Einwilligung zurückgreifen müsste. Unproblematisch wäre insofern auch eine vorformulierte Einwilligungserklärung, wenn die „Vertragserfüllung“ nicht von der Einwilligung in die Erhebung und Verarbeitung von für den Vertrag erforderlichen Daten für andere Zwecke oder von sonstigen Daten abhängig machen würde.

98

Die Verwendung des Terminus „Vertragserfüllung“ könnte angesichts des deutschen zivilrechtlichen Abstraktionsprinzips irritieren. In der Tat muss hier die Norm so gelesen werden, dass bereits das Verpflichtungsgeschäft, wie jedes Rechtsgeschäft, bei fehlender Freiwilligkeit nicht mit einer Einwilligung gekoppelt werden darf; eine Kopplung mit dem Erfüllungsgeschäft kommt überhaupt nicht in Betracht.119

99

Die Kopplung des Vertragsschlusses an eine Einwilligung scheint allerdings trotz des Wortlauts von ErwG 43, der keinen Raum für eine gekoppelte Einwilligung zu lassen scheint, nicht gänzlich ausgeschlossen zu sein;120 jedenfalls weist das Merkmal im Normtext „in größtmöglichen Umfang“ darauf hin, dass bei der Abwägung, ob von einer Freiwilligkeit der Einwilligung im Kontext von Vertragsschlüssen ausgegangen werden kann, dem „Kopplungsverbot“ ein besonderes Gewicht zukommen soll. Das impliziert mit anderen Worten, dass die Kopplung die Freiwilligkeit nicht absolut ausschließt, sondern für eine wertende Betrachtung offen ist.121 Auch ErwG 42 könnte dafür sprechen, weil danach die Regelung den Betroffenen davor schützen soll, dass er „Nachteile“ erleidet. Unter einem Nachteil ließe sich aber auch jede Datenverarbeitung verstehen, die nicht aufgrund einer Erlaubnis aus Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b bis lit. f DSGVO oder einem sonstigen gesetzlichen Erlaubnistatbestand oder aus einer von einem Vertragsschluss unabhängigen Einwilligung erfolgt. Deshalb ist es zu weitgehend, wenn Schulz unter einem Nachteil erst „schwerwiegende Folgen für die betroffene Person“ versteht.122

100

Vor dem Hintergrund einer verbreiteten Praxis, den Vertragsschluss mit einer Einwilligung in die Datennutzung für das personalisierte Dialogmarketing zu verknüpfen, war das allgemeine in § 4a BDSG a.F. enthaltene Kopplungsverbot verstärkend hervorgehoben worden. Belästigungen durch das Dialogmarketing dürfen durchaus als Nachteil angesehen werden, vor dem das Kopplungsverbot schützen soll.123 Es wurde in Frage gestellt, ob die Nutzung werbefinanzierter „kostenloser“ Online-Dienste von der Einwilligung in die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Nutzerdaten abhängig gemacht werden kann („Service gegen Daten“).124 Erwogen wird, ob ein kartellrechtlich unbedenklicher und transparent zu machender beidseitig verpflichtender Vertrag in Betracht kommt, aufgrund dessen die eine Seite den Dienst, die andere, der Nutzer, seine Daten zu liefern hat.125 Zu prüfen wäre dann aber, ob dieses ein wirksamer Vertrag ist, bei dem die Datenerhebung als Vertragspflicht nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b DSGVO zulässig wäre. Eine Einwilligung als Vertragspflicht wäre eine Umgehung des Kopplungsverbots.126 Mit der EU-Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (DiRL), die durch die Umsetzung u.a. mit § 327q BGB anerkennt, dass Verbraucher für digitale Inhalte anstelle eines Preises ihre Daten überlassen können, wird das Kopplungsverbot weitgehend leerlaufen (siehe Art. 6 Rn. 62).

101

Zulässig soll aber die Erhebung personenbezogener Daten aufgrund einer Einwilligung sein, wenn sie zwar im Zusammenhang mit dem Vertrag steht, aber sie lediglich deshalb erforderlich ist, um dadurch die „notwendige Entscheidungs- und Kalkulationsgrundlage für das konkrete Rechtsgeschäft“ zu erhalten, indem das Risikoprofil der betroffenen Person vor der Entscheidung über den Abschluss einer Lebens- oder Krankenversicherung berechenbar wird.127 Es bestehen Zweifel, ob hierfür eine Einwilligung bemüht und das Kopplungsverbot geprüft werden muss, oder ob nicht eine Erlaubnis schon aus Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b DSGVO vorliegt, was das Einholen einer Einwilligung überflüssig macht.

102

Einerseits soll mit der Vorschrift verhindert werden, dass Monopole ihre faktische Macht ausnutzen, um Kundendaten erheben und verarbeiten zu können, die für das Vertragsverhältnis nicht benötigt werden. Das Kopplungsverbot aus Art. 7 Abs. 4 DSGVO ist aber kein ausschließlich gegenüber „Monopolisten“ aktivierbarer Schutz, sondern er besteht unabhängig von der Marktstellung und der – im Übrigen nur sehr schwer feststellbaren – Substituierbarkeit der Leistung, sondern immer dann, wenn die Daten, in deren Erhebung eingewilligt werden soll, für den Vertragszweck nicht erforderlich sind und die Verweigerung der Einwilligung nicht ohne Nachteil für die betroffene Person erfolgt.128 Es soll auch verhindert werden, dass solche Daten für vom Vertragsgegenstand „vollkommen losgelöste Zwecke“ erhoben werden.129 Weil die Vorschrift auch kein absolutes Kopplungsverbot enthält, muss bei einer wertenden Betrachtung im Einzelfall festgestellt werden, ob die betroffene Personen die mit dem Vertrag angestrebte Leistung bei einem anderen Anbieter ohne Nachteil für ihn erlangen könnte.

103

Der Verantwortliche kann dem Kopplungsverbot letztlich entgehen, wenn er bei der Abfrage von Daten zur Vorbereitung des Vertragsschlusses deutlich macht, dass bestimmte Daten freiwillig („optional“) gegeben werden können. Dabei muss der Verantwortliche allerdings auch gleichwohl die weiteren Bedingungen des Art. 7 DSGVO erfüllen, nämlich das Trennungs- und Transparenzgebot beachten und auf das Widerrufsrecht aufmerksam machen.

104

Erweist sich die Einwilligung aufgrund des Kopplungsverbotes als unwirksam, so berührt das den Bestand des Vertrags nicht, mit dem die Einwilligung gekoppelt werden sollte.

DSGVO - BDSG - TTDSG

Подняться наверх