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II. Rechtserzeugungs-, Rechtswertungs- und Rechtserkenntnisquellen

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Unschärfe des Rechtsquellenbegriffs

Der Begriff der Rechtsquelle verweist mit der Quellenmetapher auf den Ursprung und die Entstehung des Rechts.[43] Der Begriff ist mehrdeutig und bedarf der Präzisierung.[44] Oftmals erschweren terminologische Unterschiede die Verständigung, ohne dass die verschiedenen Definitionsansätze tatsächlich miteinander inkompatibel sind. Auch noch in jüngerer Zeit wird im verwaltungsrechtlichen Schrifttum regelmäßig auf die bereits 1929 erschienene, grundlegende Untersuchung von Alf Ross zur „Theorie der Rechtsquellen“[45] Bezug genommen. Ross unterscheidet eine kausalwissenschaftliche (bzw. rechtssoziologische), eine ethische und eine spezifisch rechtstheoretische Dimension des Begriffs.[46] Hieran knüpft jedenfalls in der Sache auch eine 1955 publizierte Abhandlung des schweizerischen Zivilisten Peter Liver[47] an, die im verwaltungsrechtlichen Schrifttum viel rezipiert worden ist.[48] Rechtserzeugungsquellen sind die auch außerrechtlichen Faktoren der Rechtsbildung, die die Ursachen der Entstehung einer bestimmten Rechtsordnung bilden. Rechtswertungsquellen sind die Beziehungen, in denen das positive Recht zu absoluten Werten, wie dem der Gerechtigkeit oder der Rechtssicherheit steht. Im Mittelpunkt dieses Beitrags werden nicht die rechtssoziologische und die ethische Perspektive, sondern allein die dritte, rechtstheoretische Perspektive stehen. Liver spricht hier von Rechtserkenntnisquellen. Einer so verstandenen Rechtsquellenlehre kommt nach Liver die Aufgabe zu „festzustellen, wo die Rechtssätze, die zum Bestand des positiven Rechts gehören, zu finden sind.“

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Primäre und sekundäre Rechtsquellen

Im Schrifttum wird dazu zwischen formellen Rechtsquellen (oder Rechtsquellen im engeren Sinne[49]/primären Rechtsquellen[50]) und Rechtsquellen im weiteren Sinne unterschieden. Rechtsquellen im formellen Sinne sind die klassischen Rechtsquellen, wie die Verfassung, die Richtlinie, das einfache Gesetz oder die Rechtsverordnung, die in förmlichen Rechtssetzungsverfahren erlassen werden. Sekundären Rechtsquellen soll eine geringe Verbindlichkeit zukommen. Beispiele hierfür sind Richterrecht, Verwaltungsvorschriften und die private Normsetzung.[51]

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Rechtserkenntnisquellen

Zu den Rechtsquellen im weiteren Sinne zählen Einflussfaktoren, die das objektive Recht prägen können.[52] Als derartige Einflussfaktoren werden die Gerichtspraxis, ausländische Urteile, Modellgesetze, aber auch die Volksanschauung genannt.[53] Anstatt von Rechtsquellen im weiteren Sinne ist hier auch oft von Rechtserkenntnisquellen die Rede,[54] was erkennbar quer zu dem deutlich weiteren Begriffsverständnis steht, das durch Peter Liver geprägt worden ist.[55] Die Normbegründung mittels Rechtserkenntnisquellen spielt im Völker- und Unionsrecht eine wichtige Rolle. Wenn hier auf nationales Recht Bezug genommen wird (Art. 38 Abs. 1 lit. c IGH-Statut, Art. 6 Abs. 3 EUV), bedeutet dies nicht, dass nationales Recht unmittelbar zur Rechtsquelle wird. Vielmehr wird im Wege einer wertenden Rechtsvergleichung eine eigene Norm des Völker- bzw. Unionsrechts aus dem nationalen Rechtskreis abgeleitet.[56]

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