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3. LESSING UND LEIBNIZ

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PLURALISMUS, PERSPEKTIVITÄT UND WAHRHEIT

Paul Hazard, der die passionierte Synopse der geistigen Bewegung des 17. und 18. Jahrhunderts gegeben hat, stellt die Toleranz als einen Leitwert des aufgeklärten Säkulums heraus. „Eine neue Tugend“, so ruft er aus, „sollte vor allem das Glück auf Erden begründen helfen: eine neue Tugend. Bis dahin galt sie nicht als Tugend, sondern als Schwäche, fast als Feigheit. Alle Ansichten dulden; die Ansicht meines Bruders dulden, wenn mein Bruder sich irrt und in Gefahr ist, seine Seele zugrunde zu richten; die Ansichten der falschen Propheten und Lügner zu dulden – ebenso gut könnte man sich offen zum Komplizen des Falschen und des Irrtums erklären“.1 Das alles sollte nun nicht mehr gelten, das Recht auf Irrtum sollte respektiert werden. Toleranz, eng verknüpft mit Wohlwollen (bienfaisance – das Wohltun ist darin eingeschlossen) und Humanität, ist der Schlüssel zum vernünftigen Verhalten. Die Toleranz – „elle était justice; elle était intelligence, puisqu’elle supposait un esprit capable d’entrer dans les raisons d’autrui; elle était sentiment de notre misère: nous sommes tous faibles, nous sommes tous sujets à l’erreur, sachons nous pardonner. Elle était valeur sociale, sans la tolérance les hommes redeviendrait des loups … elle devenait conscience de la multiplicité des éléments qui entrent dans la formation d’une pensée ou dans les motifs d’un acte, et reconnaissance de la part de vérité, de la part de justice, qu’enferme un avis qu’on ne partage point, qu’enferme une pratique que l’on désapprouve“.2

Eine genaue Prüfung, was die großen Geister der Aufklärung unter Toleranz verstanden, muß uns allerdings etwas ernüchtern. Die Toleranz-Idee war keineswegs der Ausdruck einer selbstkritischen Beschränkung der Reichweite individueller Wahrheitsfindung, sondern einfach ein Gebot der praktischen Vernunft nach einer Periode mörderischer Religionskriege und Bürgerkriege. Toleranz ist ein derivativer Modus des Friedensprinzips – die politische Frage der Erhaltung des zwischenstaatlichen und innergesellschaftlichen Friedens, nicht die erkenntnistheoretische nach den vielfältigen Aspekten der Wahrheit steht im Zentrum. Die Koexistenz widerstreitender Gruppen- und Einzelinteressen ist das Problem. Ein Blick auf die ideengeschichtlichen Quellen zeigt das.

Leibniz in der Rezeption der klassischen deutschen Philosophie

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