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2.Martin Luther und Rudolph Sohm

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a) In diesem Sinne wurde die Verbrennung des Corpus Iuris Canonici, des damals geltenden kirchlichen Gesetzesbuches, durch Martin Luther, welche zugleich mit der päpstlichen Bannandrohungsbulle am 10. Dezember 1520 vor dem Elstertor in Wittenberg erfolgte4, als Akt der Befreiung, als Bekenntnisakt interpretiert.

In allen Stücken – so Luther – strebe das geistliche Recht „wider das Evangelium“5, sei nicht vereinbar mit der durch dieses Evangelium vermittelten Freiheit. In ähnlicher Weise konnte noch 350 Jahre später der Leipziger Rechtshistoriker und Kirchenrechtslehrer Rudolph Sohm (1841–1917) die These vertreten, das Wesen der Kirche sei geistlich, das des Rechts dagegen weltlich. Das Wesen des Kirchenrechts stehe daher mit dem Wesen der Kirche in Widerspruch.6

Nicht zuletzt blieb gerade in Deutschland in den Zeiten des landesherrlichen Kirchenregiments die Sorge für die äußere Organisation der Kirche dem Staate überlassen, zumal Luther – im Unterschied etwa zu dem gelernten Juristen Johannes Calvin – ein eigenes System einer Kirchenordnung oder -verfassung nicht entwickelt hatte.

b) Wer Luther und auch die übrigen Reformatoren als Beleg für eine Voreingenommenheit gegenüber dem kirchlichen Recht zitiert, muss allerdings die historische und kirchliche Situation bedenken, in der sie standen und gegen die sie angingen: Nicht das Recht schlechthin stand in ihrer Kritik, sondern dessen Funktion und Bedeutung bei der Vermittlung und Erlangung des Heils, wie sie ihnen in der römisch-katholischen Kirche beigemessen wurden.

Exkurs:

Nach katholischer Auffassung ist die Kirche kraft göttlicher Stiftung nicht nur die Gemeinschaft der Gläubigen, die sich allein auf Gottes Wort gründet und aus dessen Evangeliumspredigt und Sakramentsverwaltung lebt (Art. 7 CA). Auf göttlicher Stiftung beruht vielmehr auch die Kirche als Institution, weil, wie es das Konzil von Trient (1546) formuliert hat, Christus nicht nur als Heilbringer, sondern auch als Gesetzgeber der christlichen Gemeinschaft (Christus redemptor et legislator) verstanden wird. Nach katholischem Verständnis entspringt das Kirchenrecht deshalb in seinen wesentlichen Grundlagen unmittelbar der Stiftung Christi. Freilich ist nicht alles Kirchenrecht als göttliches Recht zu verstehen; es ist vielmehr wie folgt zu unterscheiden:


Naturrecht ist der Inbegriff der von Gott in die Menschen gelegten Grundsätze, die, durch bloße Vernunft erkennbar, überall und immer als Richtschnur menschlichen Handelns gelten und damit die Grundlage allen menschlichen Rechts bilden.

Quellen des Offenbarungsrechts sind die Hl. Schrift und die Tradition, wie sie durch die Apostel überliefert oder aus der Lehre der Kirchenväter der ersten Jahrhunderte und der als Kirchenlehrer erklärten Theologen erkannt wurden.

Das Offenbarungsrecht umfasst vor allem das unveränderliche Grundgesetz der hierarchischen Verfassung der Kirche: Christus hat als göttlicher Stifter die Apostel, an ihrer Spitze Petrus als vicarius Christi, mit der Führung und Leitung der Gläubigen und mit Ordnungsgewalt beauftragt. Ihre Nachfolger sind für die gesamte Kirche der Papst und in Unterordnung unter ihn die Bischöfe in den Diözesen.

Zum ius divinum gehören also neben dem Dekalog das Apostolat, der Primat des Papstes und die apostolische Sukzession sowie die hierarchische Über- und Unterordnung, außerdem die Unterscheidung zwischen den beiden Ständen des Klerus und der Laien und das Eherecht.

Evangelisches Kirchenrecht in Bayern

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