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Vorwort
ОглавлениеGut 25 Jahre nach dem Erscheinen der gemeinsam mit Gerhard Grethlein, Hartmut Böttcher und Werner Hofmann verantworteten Erstauflage dieses Buches wird nun endlich eine Neuauflage vorgelegt. Angesichts der Vielzahl der in der Zwischenzeit eingetretenen grundlegenden Rechtsänderungen – von der Reform der Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern 1999/2000 angefangen bis hin zur erfreulicherweise deutlich fortgeschrittenen Rechtsvereinheitlichung in der EKD – war eine umfassende Überarbeitung unvermeidlich.
Kontinuität zur Vorauflage wird insbesondere unter folgenden Gesichtspunkten gewahrt:
–Selbstverständlich liegt diesem Buch weiterhin die Überzeugung zugrunde, dass das Kirchenrecht eine dienende Funktion zur Erfüllung des der Kirche anvertrauten Verkündigungsauftrags hat. So soll das Kirchenrecht eine Ordnung für Zusammenleben und Zusammenarbeit zur Verfügung stellen, die der Wahrnehmung des kirchlichen Auftrags in der konkreten Situation und unter den Umständen unserer Zeit förderlich ist und die Kirche, Gemeinden und Mitarbeitende vor Schaden bewahrt. Evangelisches Kirchenrecht ist indes weithin Recht der zweckmäßigen Gestaltung und kann bzw. muss ggf. bei sich verändernden Umständen im Interesse wirksamer kirchlicher Aufgabenwahrnehmung auch geändert werden (ecclesia semper reformanda).
–Die Neuauflage folgt den Grundstrukturen der bisherigen Darstellung des evangelischen Kirchenrechts in Bayern, orientiert sich allerdings noch stärker an der Gliederung der Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Die Ausführungen von Hartmut Böttcher in der Erstauflage zum Verfassungsrecht, zum Baulastrecht und zum Kirchensteuerrecht (dort §§ 1–11, 49, 63–66) sind mit seinem Einverständnis in wesentlichen Teilen übernommen und lediglich insbesondere unter Einbeziehung der neueren Rechtsetzung und Rechtsprechung fortgeschrieben worden.
–Nach wie vor ist es das Ziel dieses Buches, Studierenden, Vikaren und Vikarinnen, Pfarrern und Pfarrerinnen, Beschäftigten in der kirchlichen Verwaltung sowie allen weiteren beruflichen und ehrenamtlichen Mitarbeitenden unserer Kirche, nicht zuletzt auch den Mitgliedern gemeinde- und kirchenleitender Organe einen möglichst einfachen Zugang zum in und für die Kirche geltenden Recht zu verschaffen, aber auch Verständnis für Notwendigkeit und Grenzen des Rechts zu vermitteln. Denn auch in der Kirche ist den Gefahren einer quantitativ reichen, qualitativ aber eher armen Rechtsetzungspraxis zu begegnen. Vor allem gilt es zu erkennen: Nicht alles und jedes kann und darf förmlich geregelt werden; insbesondere können noch so detaillierte Vorschriften die Vernunft des billig und gerecht denkenden Menschen, die achtsame und um Verständigung und Interessenausgleich bemühte persönliche Kommunikation und den Mut zur Entscheidung nach sorgfältiger Klärung der Sach- und Rechtslage keinesfalls ersetzen! Ob überhaupt eine (zusätzliche) rechtliche Regelung oder eine Rechtsänderung erforderlich ist, sollte zur Vermeidung unnötigen zeitlichen, personellen und finanziellen Aufwands und einer der „Kirche der Freiheit“ nicht gemäßen Überregulierung stets sorgfältig geprüft werden; gerade dafür muss man aber das geltende Recht und die Erwägungen, auf denen es beruht, tatsächlich gut kennen. Nicht selten können im Alltag auftretende Rechtsprobleme durch eine konsequentere Anwendung des geltenden Rechts oder durch schlichte Auslegung gelöst werden. Schon Nikolaus von Kues (Cusanus) hat die Erfahrung gemacht: „Non deficiunt canones, sed executiones.“1
Das Buch ist der Versuch, unterschiedlichen Lesergruppen gerecht zu werden. Für Studien-, Ausbildungs- und Prüfungszwecke kann es – mit den beigegebenen Fallbeispielen und Lösungshinweisen – als Lern- und Arbeitsbuch vor allem zu den Grundsatzfragen des kirchlichen Verfassungsrechts, des Staatskirchenrechts, des Gemeinderechts und des Pfarrdienstrechts genutzt werden. Den in der kirchlichen Verwaltung Tätigen – vom Pfarramt bis zum Landeskirchenamt – soll es als Handbuch und Nachschlagewerk zumindest eine Erstorientierung zu besonders praxisrelevanten Rechtsgebieten geben.
Ausdrücklich möchte ich darauf hinweisen, dass ich dieses Buch nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst habe; es wurde vielmehr entscheidend motiviert durch meine nebenamtliche Tätigkeit als Lehrbeauftragter für Kirchenrecht und Staatskirchenrecht an der Augustana Hochschule Neuendettelsau; dass Erkenntnisse aus 30 Jahren hauptamtlichen juristischen Dienstes in der Kirche eingeflossen sind, dürfte andererseits aber auch kein Nachteil sein.
Sehr erfreulich ist es, dass das „Evangelische Kirchenrecht in Bayern“ wiederum – und wie seinerzeit schon das „Vorgängerwerk“ von Gustav-Adolf Vischer „Aufbau, Organisation und Dienstrecht der Evang.-Luth. Kirche in Bayern“, 1967 – im Claudius Verlag und zudem sowohl gedruckt als auch als E-Book erscheinen kann.
Besonderer Dank gebührt Herrn Johannes Bermpohl, Frau Heike Davidson, Frau Marion Engelke, Herrn Alexander Esser und Frau Susanne Lettau für die Durchsicht der ihren dienstlichen Zuständigkeitsbereich betreffenden Textabschnitte sowie Herrn Oberkirchenrat i. R. Dr. Hartmut Böttcher für das Gegenlesen der von ihm in der Erstauflage bearbeiteten Abschnitte und Herrn Rechtsanwalt Michael Dreßler für seine Unterstützung beim Korrekturlesen. Die dabei gegebenen Hinweise waren für mich sehr wertvoll. Frau Gabriele Sebald danke ich vielmals für die bewährt engagierte und zuverlässige Erstellung des Manuskripts.
Frau Jutta Hollick vom Claudius Verlag und Frau Hildegard Graf bin ich sehr verbunden für die umsichtige Aufbereitung des Manuskripts bis zur Drucklegung.
Dieses Buch widme ich in dankbarer Verbundenheit dem Gedenken an die 2016 heimgerufenen juristischen Oberkirchenräte Dr. Werner Hofmann und Dr. Hermann Krag sowie den vormaligen juristischen Oberkirchenräten Dr. Hartmut Böttcher, Dr. Gerhard Grethlein und Dr. Gerhard Tröger, von denen ich im Münchner Landeskirchenrat und –amt in fachlicher und menschlicher Hinsicht sowie für das eigene Leitungshandeln im Sinne zugleich geistlichen und rechtlichen Dienstes sehr viel lernen durfte.
München, am Reformationstag 2019
Hans-Peter Hübner
1Übersetzung: „An Gesetzen fehlt es nicht, sondern an deren Anwendung und Vollzug.“ Zitiert nach J. Herrmann, „Non deficiunt canones, sed executiones“, in: R. Bartlsperger/D. Ehlers/W. Hofmann/D. Pirson (Hrsg.), Rechtsstaat, Kirche, Sinnverantwortung. Festschrift für Klaus Obermayer zum 70. Geburtstag, München 1986, S. 25–32, sowie in: G. Schiemann (Hrsg.), Johannes Herrmann. Kleine Schriften zur Rechtsgeschichte, München 1990, S. 408–415.