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1. Überblick

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Der europäische Gesetzgeber hat die SE als supranationale Rechtsform ausgestaltet, deren Struktur und Funktionsweise in allen Mitgliedstaaten grundsätzlich einheitlich sein soll.[1] Dennoch verzichtet die SE-VO darauf, das Gesellschaftsrecht der SE umfassend zu regeln, sondern beschränkt sich auf einige zentrale Aspekte, insbesondere auf Fragen der Gründung und der Organisationsverfassung der SE. Im Hinblick auf sämtliche Bereiche, die in der Verordnung nicht oder nicht abschließend geregelt sind, verweist die Verordnung auf das nationale Recht des Mitgliedstaats, in dem die SE ihren Sitz hat. Diese Verweisungstechnik führt zwangsläufig dazu, dass sich das auf die SE anwendbare materielle Recht von Sitzstaat zu Sitzstaat unterscheidet. Ältere Verordnungsentwürfe, die eine umfassende Kodifikation auf europäischer Ebene anstrebten, hatten sich als nicht durchsetzbar erwiesen.[2]

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Neben den Verweisungen auf das nationale Recht enthält die SE-VO eine Reihe von Ermächtigungsnormen, die es den Mitgliedstaaten gestatten, einzelne Aspekte für die in diesem Mitgliedstaat ansässigen SE abweichend von der Verordnung zu regeln. Den einzelnen Mitgliedstaaten soll hierdurch die Möglichkeit eröffnet werden, Besonderheiten des nationalen Gesellschaftsrechts Rechnung zu tragen.

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Im Hinblick auf die Organisationsverfassung eröffnet die SE-VO dem Satzungsgeber die Wahl zwischen dem sog. monistischen System, bei dem ein einheitliches Organ die Unternehmensleitung ausübt, und dem dualistischen System, bei dem die Leitungs- und Überwachungsaufgaben zwei getrennten Organen zugewiesen sind. Innerhalb des monistischen Systems bleibt es wiederum den Mitgliedstaaten überlassen, ob sie die Führung der laufenden Geschäfte der Gesellschaft geschäftsführenden Direktoren zuweisen oder in der Verantwortung des Verwaltungsrats als Kollektivorgan belassen (vgl. Art. 43 Abs. 1 S. 2 SE-VO).

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Im Ergebnis bestehen somit diverse nationale Spielarten der SE, deren Statut in zahlreiche Partikularrechte unter dem einheitlichen Dach der SE-VO zerfällt. Man kann daher davon sprechen, dass es ebenso viele verschiedene SE gibt wie Mitgliedstaaten.[3]

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In der Praxis scheinen die Unterschiede zwischen den nationalen Erscheinungsformen der SE keine große Rolle zu spielen, auch wenn die Komplexität des Rechtsregimes der SE insgesamt die Attraktivität der Rechtsform schmälert. Die von der Kommission 2008 in Auftrag gegebene Untersuchung zum SE-Statut zeigt vielmehr, dass Mitgliedstaaten, die von den Umsetzungsspielräumen tendenziell flexibleren Gebrauch gemacht haben, keineswegs über einen besonders hohen Bestand an SE verfügen. Die Untersuchung legt den Schluss nahe, dass es sonstige Rahmenbedingungen sind, die die Rechtsform der SE in einigen Mitgliedstaaten als besonders attraktiv erscheinen lassen. Hierzu zählen mit Blick auf Deutschland beispielsweise das hohe Mitbestimmungsniveau und die zwingend dualistische Organisationsverfassung der AG.[4]

2II › 2. Rechtsquellenhierarchie und Lückenschluss

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