Читать книгу Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea - Hans-Peter Schwintowski - Страница 60

3.1 Kollisionsrechtliche Fragen

Оглавление

18

Die Verweisungsvorschriften der SE-VO berufen nationales Recht der Mitgliedstaaten zur Anwendung. Der Sache nach handelt es sich hierbei um Rangkollisionsrecht,[15] durch welches die Anwendung von europäischem Recht und mitgliedstaatlichem Recht abgegrenzt wird, wobei jedoch der europäische Gesetzgeber jederzeit eine gemeinschaftsrechtliche Regelung an die Stelle des nationalen Rechts setzen könnte. Die territoriale Abgrenzung des Anwendungsbereichs ist in diesem Zusammenhang nur insoweit von Interesse, als die SE-VO auf das Recht verschiedener Mitgliedstaaten verweist, sodass für die Entscheidung, welches nationale Recht der in Frage stehenden Mitgliedstaaten Anwendung findet, ein Anknüpfungspunkt vorgesehen werden muss. Die SE-VO stellt hierfür durchgängig auf den Sitz der Gesellschaft ab. Gleichzeitig bestimmt die SE-VO in Art. 7, dass der statutarische Sitz und der Verwaltungssitz einer SE in einem Mitgliedstaat – nicht aber zwingend am selben Ort[16] – liegen müssen.

19

Aus dem Blickwinkel des internationalen Privatrechts fragt sich, ob es sich bei den Verweisungen in der SE-VO um Sachnormverweisungen, also Verweisungen, die das Kollisionsrecht des Mitgliedstaates ausblenden, oder um Gesamtnormverweisungen[17] auf das mitgliedstaatliche Recht unter Einschluss der Bestimmungen des jeweiligen internationalen Privatrechts handelt. Es besteht im Schrifttum weitgehend Einigkeit, dass es sich sowohl bei den Spezialverweisungen als auch bei der Generalverweisung in Art. 9 Abs. 1 c SE-VO um Sachnormverweisungen handelt, die einen direkten Anwendungsbefehl hinsichtlich des aufgerufenen Sachrechts enthalten.[18]

20

Im Falle der speziellen Verweisungen der SE-VO ergibt sich der Charakter als Sachnormverweisung bereits aus dem Wortlaut.[19] Hinsichtlich der Generalverweisung sprechen vornehmlich systematische und teleologische Erwägungen für eine solche Einordnung. Es muss aus Gründen der Rechtssicherheit gewährleistet sein, dass auf eine SE einheitlich das Recht eines bestimmten Mitgliedstaates angewandt wird.[20] Unterschiedliche Anknüpfungspunkte im internationalen Privatrecht der verschiedenen Mitgliedstaaten gefährden die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung. Da in einigen Mitgliedstaaten der sog. Sitztheorie gefolgt wird, die das Gesellschaftsstatut nach dem Ort des effektiven Verwaltungssitzes bestimmt, während in anderen Mitgliedstaaten die sog. Gründungstheorie vorherrscht, nach der das Recht des Gründungsstaates Anwendung findet, sind derartige Bedenken berechtigt.[21] Die SE-VO hat zwar hinsichtlich der Bestimmung des Personalstatuts einer SE einen Gleichlauf der Anknüpfungspunkte erzwungen, indem sie auf “die Rechtsvorschriften, die auf eine nach dem Recht des Sitzstaats der SE gegründete AG Anwendung finden würden” verweist. Die einheitliche Anwendung des Sachrechts des Sitzstaates kann jedoch am besten durch eine Sachnormverweisung gewährleistet werden.

Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea

Подняться наверх