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1.3Aufbau des Buchs

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Um politische Blaupausen zu vermeiden und angemessene Strategien zur Entwicklung und Entwicklungsförderung entwerfen zu können, bedarf es eines grundsätzlichen Verständnisses der Kontextualität und der Interdependenzen empirischer Entwicklungszusammenhänge. Dieses Buch plädiert deshalb für eine relationale Perspektive auf die konkreten geographischen Ausprägungen der Wirtschaft, die der Kontextualität von Strukturen und der Evolution spezifischer Entwicklungen Rechnung tragen. Die Grundlagen einer derartigen relationalen Perspektive sowie die Grundbegriffe der ökonomischen und geographischen Analyse werden in Teil 1 des Buchs entwickelt und vorgestellt. Kapitel 2 entwirft die Rahmenkonzeption für eine relationale Wirtschaftsgeographie. Das Argument der zweiten Transition plädiert dafür, Interaktion, Organisation, Evolution und Innovation als zentrale Konzepte der wirtschaftsgeographischen Analyse zu verstehen, um soziale und ökonomische Prozesse aus einer spezifisch räumlichen Perspektive zu analysieren und zu interpretieren. Darauf aufbauend erläutert Kapitel 3 wichtige ökonomische Grundbegriffe, die sich auf wirtschaftliche Bedürfnisse, Güter und die Rolle von Produktionsfaktoren bei der Bedürfnisbefriedigung beziehen. Kapitel 4 stellt geographische Konzepte vor, darunter verschiedene positionale und relationale Raumkonzepte. Außerdem werden grundlegende Herausforderungen wirtschaftlicher Globalisierungsprozesse aus räumlicher Perspektive formuliert.

Teil 2 des Buchs diskutiert wichtige klassische Konzepte der raumwirtschaftlichen Analyse und arbeitet die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit für heutige Problemstellungen heraus. Ziel der kritischen Würdigung ist es, Anhaltspunkte für Reinterpretationen, Weiterentwicklungen und Neupositionierungen zu entwickeln. Dies dient dazu, im dritten Teil des Buchs veränderte Perspektiven in einer relationalen Wirtschaftsgeographie zu formulieren.

Kapitel 5 befasst sich mit der ungleichen räumlichen Verteilung wirtschaftlicher Aktivitäten. Im Mittelpunkt steht die auf v. Thünen basierende landwirtschaftliche Landnutzungslehre und ihre Übertragung auf den städtischen Bodenmarkt durch Alonso. Anschließend wird die Theorie zentraler Orte nach Christaller als Standortstrukturtheorie für Versorgungseinrichtungen des tertiären Sektors behandelt. Den Ansätzen wird basierend auf einer umfassenden Kritik eine verringerte Bedeutung bei der Erklärung gegenwärtiger räumlicher Wirtschaftsstrukturen beigemessen. Unter Bezugnahme auf Städtenetze, Städteverbünde und die Initiative der Nationalen Stadtentwicklungspolitik wird gezeigt, dass in Raumordnung und Regionalpolitik inzwischen neue Ansätze entwickelt werden, um auf Veränderungen der globalen Rahmenbedingungen, wie z. B. Finanzkrise und Klimawandel, zu reagieren. Kapitel 6 beschäftigt sich mit der auf Weber zurückgehenden industriellen Standortlehre und ihren Erweiterungen durch Hoover, Hotelling, Smith und Pred. Es wird gezeigt, dass mit der Fokussierung auf Standortfaktoren in diesen Ansätzen Räume gleichsam als Akteure stilisiert werden. Industrielle Standortentscheidungen werden aus vorhandenen Raumeigenschaften abgeleitet. Die den Gründungs-, Standort- und Investitionsentscheidungen zugrunde liegenden wirtschaftlichen und sozialen Prozesse bleiben dabei zu wenig berücksichtigt. Auch der Versuch, harte, quantifizierbare Standortfaktoren um weiche, immaterielle Faktoren zu erweitern, ist nicht ausreichend, weil hierbei etwas Unmögliches angestrebt wird, nämlich komplexe Kommunikations- und Interaktionsprozesse als simple Strukturfaktoren abzubilden.

Die nachfolgenden Teile 3 bis 6 diskutieren die Komponenten einer Rahmenkonzeption der relationalen Wirtschaftsgeographie. Jeder Teil wid­met sich einer der vier grundlegenden Analysedimensionen wirtschaftsgeographischer Forschung:

Teil 3 beginnt mit der Dimension Interaktion und Institution. Hierbei leistet Kapitel 7 die Aufgabe einer sozialtheoretischen Reformulierung zentraler Annahmen des Menschenbildes für die wirtschaftsgeographische Forschung. Das Kapitel diskutiert Motive wirtschaftlichen Handelns, um im Anschluss grundlegende Konzepte ökonomischer Interaktion wie Kooperation und Wettbewerb zu entwickeln. Hierbei werden Ansätze des sozialen Kapitals und anderer in­stitutioneller Einflüsse thematisiert, die aus geographischer Perspektive den wirtschaftlichen Austausch prägen. Mit Storpers Konzeption der ­sogenannten untraded interdependencies (nicht-­handelbarer Interdependenzen) in wirt­schaft­lichen Abläufen wird darüber hinaus die Einbindung von Konventionen und Beziehungen in die Analyse regionalökonomischer Prozesse vollzogen. Darauf aufbauend widmet sich Kapitel 8 der Bedeutung von sozialen Institutionen für die Strukturierung wirtschaftlicher Interaktionen. Im Unterschied zu dem abstrakten Marktbegriff der Neoklassik führt das Kapitel eine institutionentheoretisch begründete Marktkonzeption ein, die es erfordert, von vielfältigen spezifischen empirischen Märkten anstelle von einem einzigen abstrakten Markt zu sprechen.

Teil 4 stellt Konzeptionen der Organisation technischer, betrieblicher und geographischer Arbeitsteilung in den Mittelpunkt der Analyse. Kapitel 9 erarbeitet organisationstheoretische Ansätze aus der neuen Institutionenökonomie und der neuen Wirtschaftssoziologie, um Koordinationsfragen von wirtschaftlichen Beziehungen in und zwischen Unternehmen aus räumlicher Perspektive zu untersuchen. Nach Williamson werden verschiedene institutionelle Formen von Transaktionen zwischen Produktionsstufen untersucht, wobei zwischen Märkten, Hierarchien und Netzwerken unterschieden wird. Scott folgend wird gezeigt, dass durch die Nutzung von Nähevorteilen Transaktionskosten gesenkt werden und regionale Ballungen somit zu einer Stabilisierung von Netzwerkbeziehungen beitragen. Die auf Transaktionskosten zentrierte Sicht wird durch das embeddedness-Argument von Granovetter aus der neuen Wirtschaftssoziologie entscheidend erweitert. Demnach ist ökonomisches Verhalten in sozioinstitutionelle Beziehungen eingebettet und untrennbar mit diesen verbunden. Eine Erweiterung liegt in der Einbeziehung temporärer Organisationsformen, insbesondere von Projekten, die aufgrund der zeitlichen Befristung und räumlichen Arbeitsteilung spezielle Ansprüche an die Koordination der Zusammenarbeit stellen. Kapitel 10 konkretisiert die organisationstheoretische Behandlung von Koordinationsproblemen auf regionaler Ebene und erörtert Ansätze zur Erklärung geographischer Cluster. Mit Industriedistrikten und innovativen bzw. kreativen Milieus werden zudem zwei Konzepte lokalisierter Produktionssysteme dargestellt, in denen die Einbindung regionaler Produktionsnetze in sozioinstitutionelle Zusammenhänge zum Ausdruck kommt. Dabei zeigt sich, dass beide Ansätze eine größere konzeptionelle Nähe aufweisen, als man zunächst annehmen würde. Das Kapitel stellt mit Porters Analyse der Bestimmungsfaktoren nationaler Wettbewerbsvorteile einen Ansatz vor, der Wettbewerbsvorteile aus Spezialisierungsprozessen auf nationaler Ebene ableitet und neue Wege in Richtung einer evolutionären Perspektive wirtschaftlicher Entwicklung aufzeigt. Kapitel 11 erweitert die räumliche Perspektive von lokalen Produktionssystemen hin zu Prozessen der Internationalisierung und zu globalen Formen der Unternehmensorganisation. Hierbei wird der wechselseitige Zusammenhang zwischen Standortstruktur, Organisationsstruktur und Unternehmensstrategien herausgestellt und das Verhältnis von Staaten zu Großunternehmen unter dem Aspekt von Machtprozessen diskutiert.

Teil 5 befasst sich mit der Dimension der Evolution. Zunächst rekapituliert Kapitel 12 klassische regionale Entwicklungstheorien und diskutiert die Aussagen und Ansprüche unterschied­licher, zum Teil einander entgegengesetzter Model­le. Während die neoklassische Wachstumstheorie interregionale Ausgleichstendenzen zur Herstellung eines stabilen Gleichgewichts postuliert, propagieren die empirisch geleiteten polarisationstheoretischen Ansätze eine dauerhafte Kumulation räumlicher Ungleichgewichte. Mit dem Ansatz der von Krugman entwickelten geographical economics wird ferner ein Erklärungsansatz beleuchtet, der die Entstehung regionaler Industrieballungen und kleinräumiger Industriespezialisierungen modelliert und unter bestimmten Bedingungen dauerhafte räumliche Disparitäten erklärt. In der sogenannten geographischen Ökonomik (geographical economics) werden regionalökonomische Entwicklungen als historische, pfadabhängige Prozesse modelliert, gleichzeitig aber wird die Einbindung institutioneller Kontexte vernachlässigt. Kapitel 13 führt das Konzept evolutionärer Dynamik ein und stellt organisationsökologische Ansätze der Entwicklung von Unternehmen und Industrien vor. Im Kontext der Unternehmensentwicklung werden Unternehmensgründungen auf die sozioökonomischen Kontexte der Gründer zurückgeführt. Dies führt dazu, dass Gründungsideen dort realisiert werden, wo die Gründer arbeiten und leben. Eine echte regionale Standortentscheidung findet dabei oftmals nicht statt. Durch Rückgriff auf das Modell industrieller Entwicklungspfade von Storper und Walker und andere Konzepte evolutionärer Entwicklung wird gezeigt, wie bei der Entwicklung neuer Industrien regionale Clusterprozesse entstehen. Dies wird an den Beispielen der Entwicklung von Hightechindustrien verdeutlicht. Schließlich werden neuere Ansätze einer evolutionsökonomischen Wirtschaftsgeographie diskutiert.

Teil 6 befasst sich mit der Dimension der Innovation. Kapitel 14 verknüpft die evolutionäre Perspektive mit Konzepten kollektiven Lernens. Im Unterschied zu traditionellen Ansätzen, die von gegebenen Technologien ausgehen, konzentrieren sich die Ausführungen auf den Prozess der Wissens- und Technologiegenerierung. Hierbei wird die Entstehung neuen Wissens und neuer Technologien dem evolutionsökonomischen Ansatz von Dosi folgend als kumulativer, pfadabhängiger Prozess angesehen, der auf Lernprozessen und Erfahrungswissen basiert. Innovationen sind in dieser Konzeption eine Konsequenz des Voranschreitens bestimmter technologischer Entwicklungspfade. Dabei spielen Interaktionen zwischen den beteiligten Akteuren, reflexive Verhaltensweisen sowie vielfältige Feedback-Schleifen eine zentrale Rolle. Aus diesem Grund wird der von Lundvall beschriebene Prozess des learning by interacting hervorgehoben und es wird betont, dass Innovationsprozesse in regionalen Zusammenhängen besonders effizient organisiert werden können, wenn dabei nicht-kodifiziertes, sich schnell veränderndes Wissen bedeutsam ist, das nicht beliebig an andere Akteure und Orte transferiert werden kann. Zudem werden Aspekte des Lernens durch Beobachtung (ohne direkte Interaktion) thematisiert. Kapitel 15 bindet den technologischen Wandel unter Bezugnahme auf die Theorie der langen Wellen nach Schumpeter in eine gesamtwirtschaftliche Sicht der langfristigen wirtschaftlichen Entwicklung ein. Da diese Konzeption problematische technologische Determinismen enthält, werden mit der neoschumpeterianischen Variante des Paradigmenwechsels nach Freeman und Perez und insbesondere mit der Regulationstheorie in Anlehnung an Boyer und Lipietz zwei Ansätze dargestellt, die die wirtschaftlich-technischen und gesellschaftlich-institutionellen Strukturen in einen Gesamtentwicklungszusammenhang zusammenführen. Davon ausgehend wird der Ansatz der varieties of capitalism nach Hall und Soskice diskutiert, der aus institutioneller Perspektive unterschiedliche nationale Spielarten marktwirtschaftlicher Systeme begründet. Diese können zu nationalspezifischen Innovationspfaden führen und ermöglichen somit eine Verbindung zum Ansatz der Innovationssysteme. Das Kapitel geht auch der Frage nach, inwiefern sich geographische Innovationssysteme auf unterschiedlichen Maßstabsebenen ausbreiten und wie diese im internationalen Vergleich entstehen und funktionieren. Hierbei werden Innovationsprozesse auf regionaler und nationaler Ebene diskutiert und anhand von Beispielen erläutert.

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