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2.3.1Storpers Konzeption der holy trinity

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Einen initialen Versuch einer Neuformulierung der Ansatzpunkte und Ziele der Wirtschaftsgeographie unternahm Storper (1997 a; 1997 b, Kap. 2) mit seiner Konzeption der holy trinity, die auf den drei Säulen Technologie, Organisation und Territorium gründet, die in enger wechselseitiger Verflechtung stehen. Storper (1997 c) argumentiert, dass lokalisierte Produktionssysteme trotz revolutionärer Verbesserungen in der Kommunikationstechnik und im Verkehrswesen, die zu einer drastischen Raum-Zeit-Verkürzung (Harvey 1990) geführt haben, eine ungebrochen große Bedeutung besitzen. Er führt dies im Wesentlichen auf zwei Ursachen zurück:

 Zum einen erhöhen sich durch Respezialisierungs- und Destandardisierungsprozesse die Transaktionskosten in der industriellen Produktion (→ Kap. 9.1). Diesem Kostenanstieg wird durch die Nutzung von Nähevorteilen in regionalen Ballungen begegnet.

 Zum anderen bieten spezialisierte Industrieagglomerationen die Möglichkeit zu spezifischen organisatorischen und technologischen Lernprozessen, die Wettbewerbsvorteile bewirken und den Ballungsprozess fördern.

In beiden Fällen spielen sogenannte untraded interdependencies für die Abstimmungs-, Kommunikations- und Lernprozesse zwischen den ökonomischen Akteuren eine zentrale Rolle. Diese umfassen Konventionen, informelle Regeln und Gewohnheiten. Sie sind lokalisiert, d. h. an bestimmte Personen und Orte gebunden und können dort, wo sie auftreten, regionsspezifische Vorteile konstituieren. Storper (1992; 1997 b, Kap. 3) argumentiert deshalb, dass Nähevorteile trotz mächtiger Globalisierungskräfte nationale und regionale Industrieballungen sowie -spezialisierungen begünstigen. Die dabei zugrunde liegenden sozialen und ökonomischen Prozesse erfasst Storper (1997 a; 1997 b, Kap. 2) durch die Überlagerung der drei Säulen seiner holy trinity der Wirtschaftsgeographie (→ Abb. 2.6):


Abb. 2.6 Produktions- und Innovationswelten in der Storper’schen Konzeption der holy trinity (nach Storper 1997 b, S. 42 und 49)

(1) Technologien. Technologien werden als Motor des Wandels territorialer Wirtschaftsstrukturen angesehen. Technologischer Wandel führt zum Aufstieg neuer und Niedergang alter Produkte und Prozesse, was sich unmittelbar auf die Struktur und Arbeitsteilung der industriellen Produktion und ihre räumliche Organisation auswirkt.

(2) Organisationen. Die Organisation von Unternehmen und Unternehmensnetzwerken in einem Produktionssystem wird unter anderem von der Art des eingeschlagenen technologischen Entwicklungspfads und von den territorialen Kontexten geprägt. Hierbei spielen lokalisierte Fertigkeiten und daraus nutzbare Nähevorteile durch spezialisierte Ressourcen, Qualifikationen sowie gleiche Normen, Regeln und Traditionen eine zentrale Rolle. Durch die Organisationsform werden Informations- und Kommunikationsprozesse ermöglicht und damit Voraussetzungen zum technologischen Wandel geschaffen.

(3) Territorien. Auf der Ebene der Territorien (→ Kap. 4.1) lassen sich die Ko-Entwicklungspfade von Organisationen und Technologien erfassen. Über regionale Materialverflechtungen, Wissenstransfers und Anpassungen zwischen Unternehmen kommt es zu spillover-Effekten und Lernprozessen, die die Wettbewerbsfähigkeit der in einer Region miteinander verbundenen Unternehmen kollektiv steigern. Untraded interdependencies haben eine zentrale Rolle bei der Transformation technologischer und organisatorischer Welten in regionale Welten (→ Abb. 2.6).

Storper (1995; 1997 b) leistet einen zentralen Beitrag für eine Neuorientierung der Wirtschaftsgeographie. Seine Argumentation betont die Rolle sozialer Institutionen, wie z.B. Konventionen, und stellt die soziale Interaktion als Prozess des Organisierens, Lernens und Innovierens in das Zentrum wirtschaftsgeographischer Forschung. Er identifiziert Mechanismen, in denen institutionelle Kontexte die geographische Konzentration ökonomischen Handelns erst ermöglichen, und konstruiert eine Erklärungsperspektive, die bei den Akteuren und Akteursgruppen und nicht bei deren Rahmenbedingungen ansetzt. Allerdings kann das implizite Raumverständnis in Storpers (1997 a; 1997 b, Kap. 2) Konzeption der holy trinity unter Umständen Probleme aufwerfen:

(1) Aufwertung der Raumdimension. Das Territorium bildet neben den konzeptionellen Säulen Organisation und Technologie eine eigenständige Säule und hat somit eine scheinbar gleichberechtigte Stellung innerhalb der holy trinity. Wir halten es für gefährlich, räumliche Prozesse (als seien Räume handlungsfähige Subjekte) auf dieselbe Ebene wie soziale und ökonomische Prozesse zu stellen. Da letztere eine konstitutive Funktion für räumlich abbildbare Prozesse und Strukturen einnehmen, gibt es außerhalb des Sozialen und Ökonomischen nichts Konzeptionelles über den Raum zu sagen (Saunders 1989). Dies ist allerdings auch nicht die Absicht von Storper (1993; 1997 a; 1997 b). Daher stellen wir dem Territorium als konstituierender Säule ein Verständnis von Raum als Perspektive gegenüber, mit der soziale und ökonomische Prozesse in der Wirtschaftsgeographie analysiert werden. Raum wird somit nicht auf der Ebene der Konzepte und Phänomene, sondern als Zugangsperspektive zu diesen konstruiert.

(2) Isolation der räumlichen Perspektive vom Ökonomischen und Sozialen. Durch die Konzeption einer Territorialdimension wird die Analyse räumlicher Prozesse und Strukturen auf eine einzige Säule der holy trinity und deren Überlappungsbereiche beschränkt. Organisationen und Technologien werden hingegen zunächst als abstrakte, unverortete Dimensionen charakterisiert. Dies entspricht nicht unserer Intention, die darauf abzielt, eine räumliche Perspektive als spezifisch geographische Sichtweise auf alle Analysedimensionen anzuwenden und ökonomische und soziale Prozesse aus dieser Perspektive zusammenzubinden.

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