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3.2Güter

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Güter schaffen dadurch einen Nutzen, dass sie Bedürfnisse befriedigen. Unabhängig von der Art des Wirtschaftssystems lassen sich dabei verschiedene Arten von Gütern unterscheiden. Je nach Perspektive und Erkenntnisinteresse werden unterschiedliche Kriterien zur Unterscheidung von Gütern herangezogen. Zunächst lassen sich freie und knappe Güter unterscheiden. Freie Güter sind unbegrenzt verfügbar, während knappe Güter begrenzt sind. Da nur für letztere ein Preis gebildet wird, gelten sie als Wirtschaftsgüter. Diese wiederum können in materielle Sachgüter und immaterielle Güter wie z. B. Dienstleistungen unterteilt werden. Des Weiteren können Konsumgüter von Produktionsgütern unterschieden werden und schließlich lassen sich Investitionsgüter im Produktionsbereich (z. B. Maschinen und Anlagen) von Gebrauchsgütern im Konsumentenbereich (z. B. Möbel) und von Verbrauchsgütern unterscheiden (→ Abb. 3.2). Aus sozioökonomischer Perspektive lassen sich bei allen Ressourcen und Gütern drei grundlegende Fragen formulieren, die aufgrund unterschiedlicher technischer und sozialer Bedingungen bei der Nutzung zu einer Differenzierung zwischen Gütern mit unterschiedlichen Eigenschaften führen (Esser 2000 a): Wie erfolgt die Produktion der Güter? Wie werden sie an die Konsumenten verteilt (Allokation)? Welche Folgen entstehen aus Produktion und Konsum für andere Akteure (externe Effekte)?


Abb. 3.2 Arten von Gütern im Produktionssystem (nach Mühlbradt 2001)

Güter lassen sich nach zwei grundlegenden Eigenschaften charakterisieren: Rivalität (Samuelson 1954) und Ausschließbarkeit (Musgrave und Peacock 1958). Demnach sind Güter durch eine rivalisierende Nutzung gekennzeichnet, wenn sie durch den Konsum eines Akteurs für alle anderen Akteure nicht mehr zur Verfügung stehen. Dies lässt sich am Beispiel einer Zwischenmahlzeit verdeutlichen. So kann ein und dieselbe Zwischenmahlzeit nur einmal und von einer Person verspeist werden und entzieht sich daher der Konsummöglichkeit durch andere Personen. Nicht-rivalisierend sind Güter hingegen dann, wenn ihr Konsum durch mehrere Konsumenten in gleicher Form möglich ist bzw. niemand in seinem Konsum eines Guts durch den Konsum anderer beeinträchtigt wird (z. B. Besuch einer Theatervorführung durch viele Zuschauer). Das Ausschlussprinzip eines Gutes bezeichnet die Möglichkeit, den Konsum eines Gutes auf einen oder wenige Konsumenten zu beschränken. So kann der Konsum der Zwischenmahlzeit durch den Kauf (den Erwerb von Eigentumsrechten) gesichert werden. Auch der Theaterbesuch wird durch den Erwerb von Eintrittskarten und die Beschränkung der Besucherplätze gesichert, d. h. im Konsum beschränkt. Nicht alle Güter lassen sich jedoch auf diese Weise kontrollieren. So steht die Nutzung eines Leuchtturms allen in Sichtweite verkehrenden Schiffen zur Verfügung, ohne dass sie sich an den Kosten des Leuchtturms beteiligen müssen. Während die Rivalität eines Gutes von den technischen und güterspezifischen Bedingungen abhängt, ist der Aspekt des Nutzungsausschlusses grundsätzlich steuerbar und letztlich eine Frage der Kosten, die aufgebracht werden müssen, um andere vom Konsum eines Gutes auszuschließen. Im digitalen Zeitalter sind die Kosten des Nutzungsausschlusses für Musik z. B. so hoch, dass die Musikindustrie das teilweise freie – wenngleich illegale – Abrufen und Hören von Musik nur schwer, wenn überhaupt, verhindern kann. Anhand der beiden diskutierten Eigenschaften lassen sich zwei Arten von Gütern unterscheiden: private und öffentliche Güter.

Private Güter sind perfekt rivalisierend und weitgehend ausschließbar, d. h. die Nutzung durch eine Person reduziert den Nutzen für einen anderen potenziellen Nutzer. Aufgrund der Exklusivität, mit der ein Nutzer über ein privates Gut verfügen kann, werden private Güter in Abhängigkeit von den Produktionsbedingungen und den Präferenzen der Konsumenten über Marktmechanismen gehandelt und verteilt. Kollektive Güter hingegen sind schwer oder gar nicht ausschließbar und in ihrer Nutzung nicht-rivalisierend. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass der Konsum eines Gutes nicht zu einer Nutzenminderung für andere Akteure führt (Samuelson 1955, S. 350). Aus ökonomischer Sicht sind Kollektivgüter problematisch, da grundsätzlich jeder den uneingeschränkten Nutzen des Guts erfahren kann, ohne sich selbst an den Kosten der Produktion dieses Gutes zu beteiligen. Kollektivgüter sind somit Ausgangspunkt von externen Effekten. Wenn Dritte sich ohne eigene Kosten gleichermaßen am Konsum eines Gutes beteiligen können, sinken die Anreize, dieses Gut überhaupt zu produzieren, und es steigen die Anreize, sich nicht an der Produktion zu beteiligen. Im Ergebnis steht ein strategisches Dilemma in der Bereitstellung von Kollektivgütern (Esser 2000 a). Öffentliche Güter sind reine Kollektivgüter. Die innere Sicherheit oder eine saubere Umwelt sind Güter, die allen Bürgern eines Landes zugutekommen und von denen ein Einzelner nicht ausgeschlossen werden kann. Darüber hinaus wird der Nutzen eines reinen Kollektivgutes mit zunehmender Zahl der Konsumenten nicht automatisch geringer, sondern kann sogar steigen, wie z.B. im Falle von Wissen. Dies trifft jedoch nicht für alle Kollektivgüter zu. So sind Clubgüter dadurch gekennzeichnet, dass mit zunehmender Zahl der Konsumenten eine Nutzungskonkurrenz entsteht und der individuelle Nutzen abnimmt. So bedarf es zum Bau und Betrieb eines Golfplatzes zahlreicher Interessenten, die einen Verein gründen und sich als Mitglieder an den Investitionen und Betriebskosten beteiligen. Bei einer zu großen Zahl an Mitgliedern wird es jedoch immer schwerer für die Einzelnen, bei begrenzter Kapazität zu einer bestimmten Zeit spielen zu können. Es entsteht somit eine Nutzungskonkurrenz um Spielzeiten. Aus ökonomischer Sicht ist es das Ziel, den Nutzen eines Clubgutes auf eine optimale Zahl von Mitgliedern zu beschränken (Buchanan 1965). Ausgehend von dieser Größe würde sich mit jedem weiteren Nutzer die individuelle Nutzenfunktion im Durchschnitt verschlechtern. Kollektivgüter sind nur schwer durch Marktmechanismen zu steuern, da externe Effekte Nutzungsoptionen für Dritte schaffen, ohne dass diese an den Kosten beteiligt sind (→ Abb. 3.3).


Abb. 3.3 Private Güter, öffentliche Güter und Clubgüter

Das Problem des Marktversagens wird üblicherweise auf externe Effekte, wie z. B. die Existenz von Kollektivgütern, zurückgeführt. Allerdings kann der Marktmechanismus auch bei Privatgütern durch unsichere Rahmenbedingungen in Koordinationsprobleme geraten (Glückler 2004 a). Aus einer marktorientierten Perspektive ist der Nutzen bzw. der Wert von Gütern unterschiedlich leicht zu bewerten, sodass die Kosten der Suche, Beschaffung und vergleichenden Beurteilung von entsprechenden Informationen unterschiedlich hoch ausfallen. Dies wird in der Informationsökonomie thematisiert, bei der davon ausgegangen wird, dass Güter durch Such-, Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften gekennzeichnet sind (Ford et al. 1988; Meffert 2005, Kap. 1) (→ Abb. 3.4). So lassen sich nach Nelson (1974) Such- von Erfahrungsgütern unterscheiden. Suchgüter (search goods) sind Güter, bei denen alle kaufentscheidenden Informationen vor dem Kauf gesammelt werden können. So ist es z. B. möglich, konkurrierende Modelle von Fernsehgeräten oder Computern durch Produktinformationen, Testberichte, Gütesiegel etc. miteinander zu vergleichen und in ihrer Qualität vor dem Kauf zu bewerten. Demgegenüber zeichnen sich Erfahrungsgüter (experience goods) dadurch aus, dass die Produktmerkmale erst nach dem Kauf durch Nutzung des Gutes erfahren werden können. Erst der Besuch einer Theatervorführung, das Verkosten eines Weines oder der Bericht eines Beratungsunternehmens ermöglicht es, den Nutzen bzw. den Wert dieser Dienste zu beurteilen (Glückler und Sánchez 2014). Das Dilemma, zuerst eine Kaufentscheidung treffen zu müssen und erst im Nachhinein einen Gegenwert in zunächst ungewisser Höhe zu empfangen, definiert den Unterschied zwischen Such- und Erfahrungsgütern. Dieses Dilemma hat Konsequenzen für die Beziehungen zwischen Anbietern und Kunden und kann sich daher auf die Organisation und räumliche Struktur von Marktbeziehungen auswirken.


Abb. 3.4 Arten von Gütern aus informationsökonomischer Perspektive (in Anlehnung an Meffert 2005, S. 55)

Über das Erfahrungsproblem der Bewertung eines Gutes hinaus werden schließlich Vertrauensmerkmale bei Gütern hervorgehoben. So unterscheiden Darby und Karni (1973, S. 69) zusätzlich eine dritte Güterart, die gekennzeichnet ist durch „credence qualities which are expensive to judge even after purchase“. Vertrauensgüter (credence goods) sind demnach Güter, deren Qualität und Nutzen selbst nach dem Kauf oft nur schwierig und aufwendig beurteilt werden kann. Wie kann z. B. ein Kunde bewerten, ob eine Autoreparatur oder ein medizinischer Eingriff in dem konkreten Umfang tatsächlich erforderlich war, um das Auto oder die Gesundheit des Patienten wiederherzustellen? Ein anderes Beispiel betrifft die Unternehmensberatungstätigkeit. Wie kann ein Kunde beurteilen, ob die Unternehmensstrategie, die von einem Unternehmensberater erarbeitet wurde, die Entwicklung des Unternehmens tatsächlich positiv beeinflusst? Und selbst im Falle einer positiven Unternehmensentwicklung stellt sich die Frage, wie sehr das Beratungskonzept dazu beigetragen hat und ob nicht ein anderes Konzept eine noch bessere Entwicklung ermöglicht hätte (Glückler 2004 a; Dullek und Kerschbamer 2006). Der fundamentale Unterschied zwischen Suchgütern und Vertrauensgütern besteht folglich darin, dass bei Suchgütern der Anbieter die Unsicherheit trägt, da der Kunde das Gut vor dem Kauf sehen, vergleichen, testen und eventuell ablehnen kann. Hingegen trägt beim Vertrauensgut der Kunde einen großen Teil der Unsicherheit, da er erst nach der Kaufentscheidung das Gut erfahren und mitunter nur durch hohen Informationsaufwand in seinem Wert beurteilen kann (Levitt 1981).

Aufgrund dieser unterschiedlichen informatorischen Grundlagen des Gütertauschs ergeben sich je nach Gut verschiedene Tauschmechanismen und Transaktionsbeziehungen zwischen Anbietern und Kunden (→ Kap. 7). So hängt die Beurteilung des Werts eines Vertrauensguts häufig von der Qualität und Dauer der Beziehung zu einem Transaktionspartner ab, was wiederum auf die räumlichen Ansprüche der Interaktion zurückwirkt. Die vorgestellten Güterbegriffe sind jedoch Idealtypen. Letztlich lassen sich alle Güter durch eine Kombination von Such-, Erfahrungs- und Vertrauensmerkmalen beschreiben. Die spezifische Kombination dieser Merkmale hat dabei weitreichende Konsequenzen für die Organisation von Transaktionsbeziehungen und somit für die räumliche Dimension und Form von Märkten (→ Kap. 8).

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