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3Grundlagen ökonomischer ­Beziehungen 3.1Bedürfnisse

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Dieses Kapitel diskutiert grundlegende Begriffe und Mechanismen des Wirtschaftsprozesses aus konventioneller ökonomischer, meist neoklassischer Perspektive. Es erfolgt eine systematische Betrachtung der Anreize und Motive des Menschen im ökonomischen Prozess. Anschließend werden die produzierten und gehandelten Güter sowie die Ressourcen und Faktoren, die zu deren Produktion erforderlich sind, dargestellt. Schließlich wird das Konzept des Markts diskutiert, über den ein Ausgleich von Angebot und Nachfrage erwartet wird. Das Kapitel legt wichtige Grundlagen, die es in späteren Kapiteln ermöglichen, kritische und stärker differenzierte Debatten über Motive wirtschaftlichen Handelns (→ Kap. 7), die Organisation von Produktionsbeziehungen (→ Kap. 9) sowie Institutionen und Märkte (→ Kap. 8) aufzunehmen.

Aus klassischer Sicht sind menschliche Bedürfnisse der Ausgangspunkt der Güterproduktion. In der Theorie menschlicher Motivation entwickelte Maslow (1954) basierend auf psychologischen Forschungen früh ein hierarchisches System von Bedürfnissen, das nach Dringlichkeit bzw. Bedürftigkeit differenziert und geordnet ist. Dieses System umfasst physiologische Grundbedürfnisse (basic needs), wie z. B. Essen, Trinken und Schlafen; Sicherheitsbedürfnisse (safety needs) die physische, materielle und berufliche Sicherheit betreffend; Liebesbedürfnisse (love needs); soziale Anerkennungsbedürfnisse (esteem needs), wie z. B. einen guten Ruf, Wertschätzung und Popularität; sowie schließlich das Bedürfnis zur Selbstverwirklichung (need for self-actualization), das jeden Menschen innerlich antreibt. Mit anderen Worten: „what a man can be, he must be“ (Maslow 1943, S. 382). Wenngleich diese Bedürfnisse hierarchisch dargestellt sind, wird betont, dass keine strenge hierarchische Folge empirisch haltbar ist. So hänge es von jedem Menschen selbst ab, ob er z. B. soziale Anerkennung über Liebesbedürfnisse stelle (Maslow 1943). Dabei können in verschiedenen Gesellschaften unterschiedliche Bedürfnisstrukturen bestehen. So sind Kulturbedürfnisse abhängig vom Entwicklungsstand und der Technologie in einem Land. Insgesamt sind Bedürfnisstrukturen räumlich unterschiedlich ausgeprägt.

Eine alternative Differenzierung menschlicher Bedürfnisse liegt den Arbeiten der sogenannten Münchener Schule der Sozialgeographie zugrunde (für eine kritische Würdigung vgl. Werlen 2000, Kap. 8). Im Kontext einer an die Erfordernisse der Bevölkerung angepassten Stadt- und Regionalplanung werden von der Münchener Schule sieben Daseinsgrundfunktionen unterschieden (z. B. Ruppert und Schaffer 1969; Partzsch 1970; Schaffer 1970): Jeder Bewohner verfolgt demnach die Grundfunktionen zu arbeiten, zu wohnen, sich zu versorgen, zu verkehren (im Sinne von mobil sein), sich zu bilden, sich zu erholen und schließlich in Gemeinschaft zu sein. Die Konsequenzen einer entsprechenden funktionalen Organisation der Siedlungsstruktur lassen sich beispielhaft verdeutlichen (→ Abb. 3.1). So beeinflusst der planerische Fokus auf grundlegende Bedürfnisstrukturen unmittelbar die langfristige Entwicklung der Stadtstrukturen. Wenn Kaufkraft vorhanden ist, werden die Bedürfnisse der Bewohner zu Bedarf und damit zu konkreter Nachfrage. Nachfrager sind neben den privaten Haushalten auch Unternehmen und staatliche Organisationen. Die Nachfrager entwickeln diesem Verständnis folgend Präferenzen für bestimmte Güter, die Ausdruck der subjektiven Bewertung dieser Güter im Hinblick auf die erwartete Bedürfnisbefriedigung sind. In der klassischen Nutzentheorie werden diese Präferenzen als gegeben und stabil angenommen (→ Kap. 8).


Abb. 3.1 Daseinsgrundfunktionen (nach Partzsch 1964, S. 10)

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