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VORWORT

Ja, die Erde hat Mensch – und wie! Mehr als sieben Milliarden von uns tummeln sich auf ihrer Oberfläche und tun das, was uns offenbar von der Evolution in die Wiege gelegt wurde: Wir verändern unsere Welt, weil wir es können. Inzwischen hat dieser globale, kollektive Veränderungsprozess eine Intensität und räumliche Dimension erreicht, dass man bereits ein Erdzeitalter nach uns benennt. Das Anthropozän. Selbst in ferner Zukunft wird man nämlich unsere Spuren im Erdboden nachweisen können. Die Erdwissenschaftler der Zukunft werden dann konstatieren: Offenbar gab es einmal Lebewesen, die die Materie der Erde äußerst effizient verändern konnten. Sie schufen künstliche Stoffe, die nicht mehr zerfielen. Sie agierten mit großen Mengen an radioaktiven Materialien. Und sie beuteten die Rohstofflager der Erde fast vollständig aus. Außerdem reicherten sie die Atmosphäre mit großen Mengen an Kohlendioxid und Methan an, offenbar durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas. Und sie zerstörten durch ihre globalen Aktivitäten zu Wasser, zu Lande und in der Luft die biologische Vielfalt. Flora und Fauna wurden genauso dezimiert wie die Fruchtbarkeit der Böden.


Harald Lesch

Vielleicht werden die Forscher der Zukunft auch einzelne Objekte finden, die darauf hindeuten, dass in Mitteleuropa verschiedene Gruppierungen existiert haben müssen, eventuell religiöse Vereinigungen, deren mystische Gemeinsamkeit in der Verwendung von Plastiktüten bestand. Bemerkenswert vor allem, dass die Namen der „Götter“ zumeist nur vier Buchstaben hatten: LIDL, IKEA oder ALDI.

Gerade die Fundorte dieser Plastiktüten lassen auf eine großräumig ausgebaute Infrastruktur schließen. Gewaltige Straßennetze aus Asphalt und riesige Gebäudekomplexe aus Beton wurden als „Tempelanlagen“ genutzt, um den wichtigsten Göttern dieser Zeit zu huldigen: KONSUM und WACHSTUM. Das alles erschließt sich aus den Funden an elektronisch gespeicherten Informationen. Dass der Planet damals offenbar von Flugzeugen umflogen und seine Meere von Kreuzfahrtschiffen und Containerriesen befahren wurden, konnte durch Ausgrabungen von Hafenanlagen und Wracks ebenfalls nachgewiesen werden.

Und natürlich werden in den Eisbohrkernen der Zukunft – so es denn überhaupt noch Eis auf der Erde gibt – die Konzentrationen der Treibhausgase nachgewiesen. In den ehemaligen Ballungszentren wird man auf die damalige Technologie stoßen, auf Schienen, Waggons und Lokomotiven und vielleicht auf alte Zeitungen. Darin wird zu lesen sein, dass es in einem Land namens Deutschland natürlich kein Tempolimit auf den Autobahnen geben soll. Eine Schlagzeile verkündet: Freie Fahrt für freie Bürger. Neben diesem Artikel prangt eine Werbeanzeige für eine „Premiumlimousine“ mit mehr als 380 PS. Darunter die Zeile „Vorsprung durch Technik“. Die Menschen der Zukunft werden den Kopf schütteln und murmeln: Was müssen das wohl für Verrückte gewesen sein – damals.

Gott sei Dank ist das ja alles nur ein Hirngespinst. Wir sind schließlich kluge, aufgeklärte Europäer und wissen, was zu tun ist. Wir werden das Kind schon schaukeln – aber lesen Sie vorher dieses Buch.


Die Menschheit schafft sich ab

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