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9. Serena

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»Und hast du Perry gefüttert?«, frage ich, als ich das Telefonat annehme.

»Ja, das Füttern war easy. Aber das mit dem Katzenklo ist echt ekelig.«

»Da gewöhnst du dich schon dran.« Ich atme lautstark ein.

»Was ist?«

»Ist dir etwas wegen Alex eingefallen? Er will heute Abend vorbei kommen. Ich weiß nicht, was ich machen soll.«

»Shit! Dann bleib bei der Geschichte mit der Migräne, damit er dich nicht anfasst.«

»Und dann? Ich kann ihm schlecht jeden Tag erzählen, ich hätte Migräne. Morgen kann ich ihm sagen, ich habe meine Tage. Das verschafft mir ein bisschen Luft, aber was mache ich danach? Mensch Isi, Alex ist dein Freund. Lass dir etwas einfallen!«

»Ja, ist klar.«

»Und noch etwas. Was mache ich morgen in der Agentur? Mann, ich weiß nicht mal, wo sich dein Büro befindet, geschweige denn, was dort zu tun ist.« Schon allein der Gedanke an den morgigen Tag lässt mich panisch werden.

»Okay, was machst du gerade?«

»Ähm, nichts«, sage ich irritiert.

»Super, ich bin in zehn Minuten … ach nein, ich habe ja kein Auto mehr. Also ich bin in einer halben Stunde bei dir, dann fahren wir in die Agentur. Ach ja, halt die Bankkarte bereit, damit wir Geld holen können.«

»Puh, okay. Das hilft mir bestimmt. Musst du noch etwas wegen meines Jobs wissen? Wenn du willst, fahren wir anschließend …«

»Quatsch! Das ist nicht nötig. Ich weiß, wo der Laden ist und so schwer kann es nicht sein, ein paar Treter an die Frau zu bringen.«

»Wenn du meinst«, antworte ich und versuche dabei gelangweilt zu klingen. Insgeheim spüre ich schon wieder Wut hochkochen. Mich nervt es, dass Isabell meinen Job immer so herunterspielt. Ich bin wirklich gespannt, ob sie ihn nach einer Woche noch so leicht findet.

Isi ist es nicht gewohnt, von dürren Frauen abwertend gemustert zu werden und dabei zu lächeln. Ich hoffe, sie schafft es, sich zurückzuhalten. Immerhin ist der Kunde König. Wenn sie ausrastet, gefährdet sie meinen Job.

»Ja, das meine ich. Bis gleich.« Ohne auf meine Antwort zu warten, legt Isabell einfach auf.

Wenn die Situation nicht so schlimm wäre, würde ich sie jetzt ein paar Tage schmorren lassen. Aber im Moment brauche ich ihre Hilfe. Also mache ich gute Miene zum bösen Spiel.

Ich gehe in den begehbaren Kleiderschrank und werfe einen Blick in den Spiegel.

Nachdem ich mich ausgiebig betrachtet habe, bin ich entschlossen, so angezogen zu bleiben. Die Jeans sitzt perfekt.

***

»Was machst du schon hier? Bist du geflogen?«, frage ich irritiert, als Isi vor der Tür steht.

»Ich habe mir ein Taxi genommen«, antwortet sie und mustert mich ausgiebig. »Das ist meine Lieblingsjeans, die macht einen tollen Hintern«, sagt sie schmunzelnd.

»Ich weiß, diese Hose ist der Wahnsinn. Dein Hintern übrigens auch.«

»Danke.« Isabell klingt traurig. Ich kann sie verstehen. Wenn ich einen Traumkörper, einen wundervollen Mann und einen ausfüllenden Job hätte und das alles gegen mein Leben eintauschen müsste, wäre ich genauso frustriert. Ich bin bei diesem Tausch eindeutig im Vorteil.

Isabell stürmt in die Wohnung, direkt ins Badezimmer. Ich gehe ihr hinterher.

»Äh, was ist los? Wollten wir nicht in die Agentur?«

»Ja, gleich, aber erst mal müssen wir uns zurechtmachen.«

»Wozu? Uns sieht doch jetzt keiner mehr, oder?«

»Und wenn doch? Es muss alles so sein wie immer, also sollte ich … also du, auch so aussehen wie gewohnt. Und wenn ich schon dabei bin, Isabells Gesicht zu schminken, kann ich Serena ebenfalls ein bisschen Farbe verpassen«, trällert sie grinsend, während sie sich am Spiegelschrank zu schaffen macht. »Okay, komm her!«, fordert sie mich auf.

Ich drehe mein Gesicht zu ihr und lasse die Schminkerei über mich ergehen. Es fühlt sich komisch an, geschminkt zu werden. Allerdings muss ich zugeben, dass Isabell immer gut aussieht. Sie gehört zu den Frauen, die sich nicht komplett mit Farbe zu kleistern. Sie unterstreicht eher ihre natürliche Schönheit. Deshalb kann ich damit leben, mich von ihr zurechtmachen zu lassen. »Vielleicht …«

»Was?«

»Vielleicht kannst du mir das Schminken ja beibringen?«, meine Stimme ist leise und klingt unsicher.

Isabell schmunzelt. »Gerne.«

Jetzt, wo ich in einem Traumkörper stecke, macht es mir sicher auch Spaß, mich hübsch zu machen.

***

»Hier lang«, flüstert Isabell, als wir den Flur der Werbeagentur betreten.

Das gläserne Gebäude kannte ich bisher nur von außen. Jeden Tag, wenn ich mit dem Bus zur Arbeit und später wieder nach Hause fahre, komme ich daran vorbei. Drinnen bin ich noch nie gewesen. Mich schrecken solche modernen Bauwerke eher ab. Ich fühle mich dort immer fehl am Platz.

»Hier ist mein Büro«, trällert Isabell voller Stolz. »Und das hier ist der Büroschlüssel.« Während sie das sagt, tippt sie auf einen Schlüssel, der an ihrem Schlüsselbund hängt.

Ich stecke ihn ins Schloss und schließe die Tür auf. Noch bevor ich die Tür richtig geöffnet habe, stürmt meine Freundin hinein. Sie geht schnurstracks zu ihrem Arbeitsplatz und startet ihren Computer.

Ich gehe ihr langsam hinterher und bleibe neben ihrem Stuhl stehen. »Hier arbeitest du also«, stelle ich unnötigerweise fest und schaue mich um. Das Büro ist passend zum Gebäude modern eingerichtet. Durch die vielen Glasfronten ist das Büro sehr hell.

Putzfrau möchte ich hier nicht sein, kommt es mir in den Sinn. Und ich frage mich, wie oft wohl die Scheiben gereinigt werden. Auch der Schreibtisch ist aus Glas. Wenn ich mir vorstelle, zukünftig einen Großteil des Tages in dem Raum verbringen zu müssen wird mir anders. In dem Büro fühle ich mich total unwohl. Alles wirkt so steril.

»Ja, gefällt es dir?«, fragt Isabell und schaut zu mir hoch.

Ich zucke mit den Schultern. »Na ja, das ist ganz schön viel Glas.«

»Ja, ist es. Manchmal fühlt man sich sehr beobachtet, aber man gewöhnt sich daran.« Sie lächelt mich an. »Klobige Eichenmöbel sind hier fehl am Platz«, zieht sie mich auf.

»Ja, ja. Mach dich nur über mich lustig.«

Isabell reagiert nicht darauf. »Also das hier ist die Kampagne, an der ich gerade arbeite. Es geht um einen Energiedrink«, erklärt sie mir und deutet auf den Bildschirm.

Ich starre auf ihre Hand und sehe die Dose eines mir unbekannten Drinks. »Äh, und was soll ich machen? Ich habe doch null Ahnung von Werbung«, sage ich ungläubig.

Isabell schaut zu mir auf. »Ich weiß. Die Kampagne ist fast fertig. Am Freitag wird sie vorgestellt. Den Rest schaffe ich bis dahin noch, aber du musst die Präsentation halten.«

»Was? Ich? Nein, vergiss es! Ich habe davon überhaupt keine Ahnung.«

»Bitte, Serena! Du musst mir den Gefallen tun. Der Leuchtner hat eine Beförderung angedeutet, wenn wir den Auftrag bekommen. Ich helfe dir, wir gehen alles vorher gemeinsam durch.«

»Du weißt schon, dass mir so etwas überhaupt nicht liegt. Was glaubst du, warum ich Schuhverkäuferin geworden bin? Oder warum ich keinen Führerschein besitze? Ich habe Angst vor Prüfungen, Reden und solchen Dingen.«

»Ich weiß, Süße. Aber du bist meine einzige Hoffnung. Du willst doch nicht, dass ich meinen Job loswerde, oder?«

Ich atme tief durch. »Na schön, ich versuche es, aber nur, wenn wir jetzt zum Schuhladen fahren und ich dir dort alles zeige. Auch ich bin auf den Verkäuferjob angewiesen, um meine Miete zahlen zu können.«

»Okay«, stöhnt Isabell. »Dann mache ich bei dir zu Hause die Präsentation fertig und wir treffen uns jeden Abend zum Üben. Du musst hier nur die Zeit absitzen. Und ja in Gottes Namen, lass uns in den Schuhladen fahren.

Tausche Hüftgold gegen Liebe

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