Читать книгу Tausche Hüftgold gegen Liebe - Heidi Oehlmann - Страница 4
2. Isabell
ОглавлениеSie schließt die Wohnungstür auf und betritt den Flur. »Schatz, bist du da?«, ruft sie in seine Wohnung hinein. Wenig später erscheint ein verschlafener Alex. »Ja«, kommt die kurze Antwort gebrummt.
»Wie siehst du denn aus?«
»Ich habe geschlafen«, murmelt Alex kaum verständlich.
»Jetzt?« Isabell klingt empört.
»Ja, warum? Ist das verboten? Ich war total kaputt«, rechtfertigt er sich.
Isabell schnauft. Sie atmet tief durch. »Können wir Kasper anrufen?«
Alex schaut seine Freundin fragend an. Er wartet auf weitere Informationen. Als sie nichts mehr sagt, fragt er: »Warum?«
»Wegen Serena«, antwortet sie, als würde das alles erklären.
Alex reißt die Augen auf. »Und?«
»Langsam muss mal was bei ihr passieren. Wenn sie nicht bald die Kurve bekommt, frisst sie sich irgendwann tot. Kasper muss sie beraten.«
»Isabell!«, sagt Alex schockiert. »Ich dachte, Serena ist eine Freundin …«
»Ist sie ja auch, was meinst du, warum ich mir so viele Gedanken über sie mache?«
»Und dann sprichst du so über sie?« Alex atmet scharf ein. »Redest du von mir auch so, wenn ich nicht da bin?«
»Nein, aber du weißt doch, dass ich es nicht böse meine«, besänftigt sie ihn und gibt ihm einen schnellen Kuss auf den Mund.
»Weiß Serena darüber Bescheid oder ist das wieder so eine Aktion hinter ihrem Rücken?«
Isabell funkelt ihren Freund böse an. »Was glaubst du denn? Natürlich weiß sie Bescheid! Ich habe es ihr vorhin erzählt.«
»Hast du es ihr nur gesagt oder sie gefragt?« Alex grinst.
Isabell verzieht den Mund zu einer schmalen Linie.
»Also ist sie einverstanden?«, hakt er nach.
»Natürlich«, säuselt sie lächelnd.
Alex schaut sie misstrauisch an. In seinem Blick sind Zweifel zu erkennen. Er kennt seine Freundin gut genug, um nicht weiter auf der Sache herumzureiten. Isabell geht schnell an die Decke, wenn sie ihren Willen nicht bekommt.
Obwohl Alex Serena mag und er es kaum mit ansehen kann, wie sie wegen ihres Gewichts permanent behandelt wird, ist er zu erschöpft, um sich ihretwegen jetzt mit seiner Freundin anzulegen. »Na schön«, sagt er. »Aber ich kann Kasper erst übermorgen anrufen.«
Isabell schürzt die Lippen. »Warum?«
»Kasper ist bei einer Fortbildung. Er macht neuerdings nämlich auch Personal…« Alex bricht mitten im Satz ab, als ihm bewusst wird, was diese Information für Isabell bedeutet. Sie wird Serena nicht nur einen Termin zur Ernährungsberatung machen, sie wird ihre Freundin direkt zum Training anmelden.
»Das ist ja interessant und kommt genau zur richtigen Zeit. Dann kann Serena gleich mit ihm trainieren.«
Alex verzieht den Mund. Innerlich bittet er Serena um Verzeihung für das, was auf sie zukommen wird. Andererseits hätte Isi die Information auch direkt von seinem Cousin bekommen können. »Ja, vielleicht. Du solltest das vorher mit Serena absprechen. Es ist nicht gut, sie so zu überrumpeln«, gibt er zu bedenken.
Isabell nickt. Ihr Gesichtsausdruck sagt das Gegenteil. Sie hält sich mit ihren wahren Gedanken zurück, da sie weiß, was Alex von ihren Einmischungen hält. Würde sie mit Serena darüber sprechen, hätte sie Ausreden parat, um dem Training zu entkommen. Das kann Isabell nicht zulassen. Aus Erfahrung hat sie gelernt, dass es besser ist, ihre Freundin vor vollendete Tatsachen zu stellen. Sie ist sicher, Serena ist ihr tief in ihrem Inneren dankbar dafür.
Sie muss endlich etwas tun. Viel zu lange hat sie sich Zeit gelassen. Serena ist einer der liebsten Menschen, die sie kennt. Sie hat ein großes Herz und ist immer für andere da. Leider wird sie dadurch ausgenutzt. Wenn es um sich selber geht, steckt Serena ständig zurück und strengt sich kaum an. Dabei hat sie so ein schönes Gesicht. Sie könnte mehr aus sich machen und die Männer würden ihr zu Füßen liegen.
Ihr Gewichtsproblem stellt nicht das einzige Hindernis dar. Serena könnte sich auch ein bisschen hübscher stylen. Solange Isabell sie kennt, trägt Serena diesen komischen Topfschnitt. Früher hat sie ihn von ihrer Mutter verpasst bekommen und nun sorgt eine ältere Friseurin, die sich auf Omafrisuren spezialisiert hat, dafür, dass Serenas Haar so unvorteilhaft aussieht. Isabell versteht nicht, warum ihre Freundin nicht einfach den Friseur wechselt. Jeder, der in den Laden geht, kommt entweder mit einem Topfschnitt oder mit dauergewellten Haar wieder raus. Es ist beinahe so, als würde es in dem Salon nur die beiden Frisuren zur Auswahl geben. Die Friseurin steht kurz vor der Rente, sie wird sich jetzt keine neuen Fertigkeiten mehr aneignen. Sie wird bis zum Schluss an ihrem jetzigen Stil festhalten. Isabell ist der Meinung, sie könnte neunundneunzig Prozent der Kunden aus diesem Laden selbigem zuordnen.
Isabell ist fest entschlossen, ihre Freundin nicht nur bei ihrem Figurproblem behilflich zu sein. Sie wird ihr auch einen Friseurbesuch bei ihrer eigenen Friseurin schmackhaft machen, mit ihr shoppen gehen und ihr beibringen, sich richtig zu schminken.
Sie kann sich nicht erinnern, ihre Freundin jemals mit Make-up gesehen zu haben. Es mag schon sein, dass es Männer gibt, die auf den natürlichen Typ Frau stehen, das bedeutet aber nicht den kompletten Verzicht auf Kosmetikprodukte. So weit Isabell weiß, besitzt Serena nur einen Lippenstift, den sie zu besonderen Anlässen trägt. Diese wenigen Male im Jahr kann sie an einer Hand abzählen.
Isabell sieht die neue Serena bereits vor sich. Sie weiß, wie viel Arbeit vor ihr liegt, bis es so weit ist. Aber die Mühen werden sich lohnen.