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Die Top 5 der seltensten Symptome

1. Bierbrust-Symptom des Mannes (Gynäkomastie)

Dabei handelt es sich um ein gutartiges Wachstum der Brust beim Mann, ausgelöst durch langjährigen übermäßigen Alkoholkonsum. Schafft es die geschädigte Leber nicht mehr, den Alkohol zu verarbeiten, gerät das Hormonverhältnis von Testosteron und Östrogen aus dem Gleichgewicht. Darauf reagiert das Brustdrüsengewebe sehr sensibel und wächst wie bei einer Frau. Das führt nicht nur zu Beschwerden wie Spannungsgefühl und Berührungsempfindlichkeit, sondern ab Größe C auch zur BH-Pflicht.

Andere Ursachen von Gynäkomastie müssen von den alkoholbedingten abgegrenzt werden. Auch der Verlust eines oder beider Hoden, so manches Herzmedikament und der Konsum von Marihuana und/oder Heroin können den Gatten der Gattin ähnlich machen. Eine weitere Abgrenzung sollte zur Lipomastie erfolgen. Dabei vermehrt sich nicht das Drüsengewebe, sondern Fett wird in die Brust eingelagert.

Stehen aber Alkohol und eine kranke Leber als Ursache für eine Hormonstörung fest, hilft nur der Entsafter, das heißt Entzug und Entwöhnung. Gelingen sowohl Abstinenz als auch ein Therapieversuch mit Testosteron nicht, kann eine operative Entfernung der Brust in Erwägung gezogen werden.

2. Undine-Syndrom

Die schöne Nixe hat diesem seltenen Syndrom seinen Namen geliehen, denn nach einer germanischen Sage hat sie ihren untreuen Mann verflucht, sodass er im Schlaf aufhörte zu atmen und starb.

Das Undine-Syndrom hat genetische Ursachen und ist zum Glück tatsächlich sehr selten; die betroffenen Kinder müssen nachts beatmet werden, sonst sterben sie tatsächlich im Schlaf. Der Regler, der die Atmung an den Sauerstoff- beziehungsweise Kohlendioxidgehalt des Blutes koppelt, funktioniert bei ihnen nicht.

3. Alice-im-Wunderland-Syndrom

Ein bemitleidenswerter Symptomenkomplex, weil unterschätzt. Das Alice-im-Wunderland-Syndrom tritt häufiger auf als allgemein bekannt. Es heißt übrigens nicht nach Alice, weil man sich dabei in ein sprechendes Kaninchen verwandelt (das können manche Menschen auch unter genügend Alkoholeinfluss), und auch nicht, weil man schlagartig die englischen Krocketregeln verstehen würde. Nein, es heißt zum einen so, weil es meist Kinder betrifft, und zum anderen, weil für diese Kinder (gelegentlich im Zusammenhang mit Fieber) ihre Umwelt von einer Sekunde auf die nächste entweder schrumpft oder riesig wird. (Das Kind verändert sich dabei zum Glück nicht.) In der Medizin nennt man das »Mikropsie« und »Makropsie« und das hat nichts mit »Autopsie« zu tun. Es ist völlig harmlos. Soweit zum Positiven.

Negativ wäre anzumerken, dass das Syndrom auch als Begleiterscheinung eines Migräneanfalls oder als Vorbote eines epileptischen Anfalls auftreten kann.

4. PAP-Syndrom – lebensgefährliche Unentschlossenheit

Jeder hat schon einmal Situationen erlebt, in denen man sich nicht zu den einfachsten Handlungen aufraffen konnte. Der Fernseher ist längst aus, aber die Couch zu bequem, um sich zum Zähnebürschteln hochzuwinden …

Für Patienten mit PAP-Syndrom ist das ein Dauerzustand. Durch einen vollständigen Verlust ihrer Motivation wird es ihnen unmöglich, alltägliche und banale Entscheidungen zu treffen. Betroffene verhungern, wenn sie nicht jemand an den Tisch setzt. Ihre Haut verbrennt, weil sie Stunden in der prallen Sonne schmoren, oder sie ertrinken, weil sie sich nicht zum Schwimmen durchringen können. Wo aber der Wille zur eigenen Rettung fehlt, wird es lebensgefährlich.

Als Ursache diskutiert die Wissenschaft eine Schädigung der Basalganglien, einer Schaltstelle im Zwischenhirn, die Emotionen ans Großhirn weiterleitet, wo wir unsere bewussten Entscheidungen treffen. Der Ausfall dieser Relaisstation kann nach einem Schlaganfall oder einem Unfall vorkommen. Typisch für die Erkrankung ist, dass sich die Betroffenen trotz der Dauerlethargie nicht langweilen.

Ob eine Heilung erfolgen kann, ist bisher unklar. Glücklicherweise gibt es aber Hilfe zum Überleben. Klare Ansagen vertrauter Menschen geben dem Tag Struktur. Auf Klebezetteln und Brettspielen (jedes Feld eine Handlung) wird der Tagesablauf genau notiert, an dem sich die Patienten dann orientieren können.

5. Koro

Nein, Kollegen, dabei handelt es sich nicht um die Abkürzung für Koronarangiografie. Koro ist eine psychische Störung, bei welcher der Patient Angst davor hat, sein Penis könnte schrumpfen und sich auf Nimmerwiedersehen in den Körper zurückziehen. Die Angst davor kann sich bis zu Panikattacken mit Todesangst steigern.

Die Krankheit kommt vor allem in Indonesien, China und Malaysia vor und zählt deshalb zu den kulturgebundenen Syndromen, ist also ein Forschungsgebiet der Ethnomedizin. Aus dem Malaiischen stammt auch der Name, denn Koro bedeutet in dieser Sprache so viel wie Schildkrötenkopf oder schrumpfend. Aber Vorsicht: Auch Einzelfälle in westlichen Ländern sind beschrieben worden!

Kennzeichnend ist weiterhin, dass die Betroffenen über Stunden an ihren Geschlechtsteilen festhalten und sogar Gewichte und skurrile Geräte zum Strecken verwendet werden. Baden in kaltem Wasser ist selbstverständlich eine klare Gegenanzeige für Männer, die an Koro leiden.

Das drohende Szenarium des schrumpfenden Penis spielt sich natürlich nur in der Vorstellung der Patienten ab. Somit kommen als therapeutische Ansätze eine Psychotherapie und eine vorübergehende Gabe von Psychopharmaka in Betracht. Regelmäßige sexuelle Betätigung fördert die positive Rückkopplung.

Bei Chinesen ist von Selbstbefriedigung allerdings abzuraten. In deren Vorstellung wird das Syndrom von einer Yin-Yang-Störung mitverursacht. Masturbation schwächt das Yang, was wiederum Penisschrumpfen nach sich zieht.

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