Читать книгу "Dann müssen die halt mal schwitzen!" - Heiko Fritschen - Страница 6

1 Einführung

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Der Begriff Mobbing ist in den letzten Jahren zu einem Modewort verkommen. Weder Opfer noch Täter haben eine klare Vorstellung davon, wann wirklich eine juristisch sicher zu erkennende Mobbing-Handlung vorliegt. Die abstrakte Willkür kann jedoch bei Kenntnis der Systematik in einzelnen Teilbereichen mit realen und bewertbaren Handlungen in einen Zusammenhang gebracht werden.

Als Erstes muss festgestellt werden, dass nicht nur die Mitarbeiter Opfer sind, die ein Fehlverhalten oder einer gestörten Wahrnehmung anheimfallen: Es sind die Täter. Denn aus Sicht der Justiz sind sie sich durch die gestörte Eigenwahrnehmung häufig ihrer Taten nicht wirklich bewusst, wodurch der Lösungsweg über die Justiz nur noch sehr eingeschränkt möglich ist.

Zur Beurteilung, ob eine für den Täter bewusste Handlung vorliegt oder nicht, muss somit auch der übliche Büro- oder Arbeitstag als Maßstab genommen werden. In einigen Abhandlungen werden einzelne Mitarbeiter als Arschloch-Kollegen (AK) bezeichnet. Sie existieren in vielen Firmen, sind aber nicht zwingend Mobbende, manchmal sind ihre Verhaltensweisen einfach sozial nicht erstrebenswert. Ein Betrieb unterscheidet sich nicht unbedingt von den Nachbarn in einer Wohnsiedlung oder in einer Straße. Kommen Sie mit jedem Nachbarn gut aus?

Es ist somit nicht alles Mobbing, nur weil man mit einem Kollegen nicht gut klarkommt.

Was derzeit das maßgebliche Problem darstellt ist die Sensibilisierung der Mitarbeiter und ebenso der Führungskräfte. Die Vorstellung, dass es sich um Straftaten handelt, die, würden diese außerhalb der Firma durchgeführt werden, auch durchaus als Strafsachen behandelt werden, ist vielen nicht bewusst.


Das Bundesamt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) wählt als Definition:

„Unter Mobbing ist zu verstehen, dass jemand am Arbeitsplatz häufig über einen längeren Zeitraum schikaniert, dranglasiert, benachteiligt oder ausgegrenzt wird.“

Diese Definition macht den Eindruck, dass die Politiker den Bezug zur Realität verloren haben. Denn es reicht sicher nicht aus, in ein Gesetz hineinzuschreiben, dass jemand, der sich wegen Mobbings beschwert, vor Sanktionen geschützt werden soll. Neunzig Prozent aller Arbeitnehmer würden wahrscheinlich über eine solche Vorstellung lachen. Das ist jedoch für die Realität eine zu sachte Betrachtungsweise, denn Mobbing geht weit in den Bereich der Strafgesetzgebung hinein, Üble Nachrede oder Verleumdung dürften einen der größeren Bereiche stellen.

Viele Lösungsmöglichkeiten werden zwar in der Literatur vorgeschlagen, um die Opfer der Mobbenden zu schützen, meist existieren diese Vorgehensweisen aber nur in der Theorie. Tritt Mobbing wirklich auf, geschieht es nie plötzlich. Personelle Fehlentscheidungen, im Hintergrund ablaufende Prozesse, fehlerhafte Teambildungen – sogenannte Seilschaften – sind im Vorfeld als Auslöser zu sehen, und runden das Bild ab. Tritt also tatsächlich ein Mobbing-Fall auf, gingen dem meist vor Jahren durchgeführte Fehlentscheidungen als Auslöser voran. Die Lösung solcher Konfliktfelder bedarf einer kompetenten Führungskraft. Der tatsächliche Mobbing-Fall stellt den Kollaps des sozialen Gefüges eines Betriebes dar. Oftmals tritt er gleichzeitig mit einem deutlichen wirtschaftlichen Schaden auf, der dann aus Verzweiflung einzelner auch das Mobben – wie bei einer Krankheit – plötzlich ausbrechen lässt. Mobbing ist also ein Symptom fehlerhafter Führungskompetenz. Es bleibt jedoch ein Symptom.

Dem Juristen stellt sich nun die Frage, ab wann ein Mitarbeiter sein Verhalten derartig ändert, dass daraus eine rechtlich zu beanstandende Tätigkeit wird. Dazu sind ausreichende Erfahrungen über betriebliche Strukturen und Verhaltensweisen erforderlich. Einige Strategien, die Mobber heutzutage anwenden, waren vor Jahren Unterrichtsmaterial für die Führungsebene, galten praktisch als herausragende Fähigkeiten einer Führungskraft. Erst später zeigte sich, dass die dadurch erzeugten Umsatzverluste ein Umdenken sinnvoll erscheinen ließ. Aber auch heute existieren noch diese konservativen Führungskräfte und Management-Ideologien, die von sogenannten Manager-Strategien, Taktiken und Mobbing nicht zu unterscheiden sind. Was auch verständlich ist – sie sind häufig identisch.

In diesem Buch werden verschiedene Lastfälle von Mitarbeiterverhaltensweisen und auch von Führungskräften aufgezeigt. Ziel ist es, eine klare Grenze zwischen dem Verhalten eines AK und eines Mobbenden zu ziehen, aber auch aufzuzeigen, welchen wirtschaftlichen Schaden eine einzelne Aktion beziehungsweise Person in einer Firma anrichten kann. Es wird ebenfalls dargelegt, dass Führungskräfte schnell in die Position eines potenziellen Mobbers rutschen, da sie fachlich von ihren Untergebenen in diese Situation hereinmanövriert werden, also auch schnell nach § 27 StGB der Beihilfe bezichtigt oder durch den § 278 BGB belangt werden können.

Auch den Opfern soll aufgezeigt werden, wie und vor allem mit welchen Dokumenten sie sich für einen möglichen Rechtstreit absichern sollten. Die Rechtsprechung in diesem Bereich ist nicht einheitlich, deshalb sind Prognosen zum Ausgang rechtlicher Auseinandersetzungen derzeit kaum sicher abzugeben. – Allerdings trifft dies auf beide Seiten zu.

Aber selbst bei einer Kündigung sollten die Opfer sich mit Unterlassungserklärungen gegen die Mobber persönlich absichern, was häufig vergessen wird.





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