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30. Max Heine70

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1820

Von meiner frühesten Jugend an liebte ich die deutschen Dramatiker; viel mag zu dieser Neigung beigetragen haben, daß ich, fast Kind noch, sehr oft in das Theater mitgenommen wurde. Es war dies die Zeit, wo die Ritterspiele auf der Bühne in vollem Flor standen. „Johanna von Montfaucon“, „Die Kreuzfahrer“, „Die Sonnenjungfrau“ usw. waren meine Lieblingslektüre. Ich war damals dreizehn Jahre alt. Mein Bruder Heinrich bemerkte ungern diese meine Lektüre.

„Max,“ sagte er eines Tages zu mir, „solche Bücher verderben den Geschmack, ich werde dir ein anderes Buch schenken, damit magst du dich in deinen Freistunden beschäftigen. Es ist auch ein Theaterstück.“ Bei diesen Worten nahm er von seinem Tisch ein kleines, in schwarze Pappe eingebundenes Büchlein und sagte: „Dies schenke ich dir.“ Ich schlug des Büchleins Decke auf und las zum erstenmal den Titel: „Faust, von Goethe. Der Tragödie erster Teil.“

Ich blickte in die ersten Blätter hinein, die den wunderschönen Prolog enthalten, dann, nach echter Knabenart, schlug ich die letzte Seite auf, wo die Worte: „Heinrich, her zu mir,“ – „Sie ist gerettet“, mir so rätselhaft klangen. Ich sah meinen Bruder ganz erstarrt an, als wie einer, der da sagen wollte: „Die Komödie begreife ich nicht.“ Er nahm darauf das Buch zur Hand, griff rasch zur Feder und schrieb folgendes auf die innere Seite des Deckels:

„Dieses Buch sei dir empfohlen,

Lese nur, wenn du auch irrst:

Doch wenn du’s verstehen wirst,

Wird dich auch der Teufel holen.“

[Die Schlußworte des „Faust“ sind falsch zitiert; Max Heine tut’s nun mal nie anders.]

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