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54. Friedrich v. Uechtritz43
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[v. Uechtritz an Friedrich Hebbel, 17. Mai 1855:] Der Kreis junger Leute, in den ich bei meiner Ankunft in Berlin Ende 1821 eintrat und darin etwa 1½ Jahr lang verkehrte, wird als ein Ausbund genialer Liederlichkeit geschildert... Man druckt Billette einzelner Glieder an Grabbe ab, die, so für sich herausgerissen, sich allerdings schlimm genug ausnehmen. Aber zuvörderst werden Sie sehr begreiflich finden, daß sich alle mephitischen Dünste, die in dem Kreise vorhanden waren, vorzugsweise im Verhältnisse zu einer Natur wie Grabbe und in einem Billettverkehr mit diesem entladen mußten... doch ist namentlich niemals – so oft ich die Zusammenkünfte geteilt habe – ein Frauenzimmer dabei zugegen gewesen. Wir versammelten uns abends bei dem einen oder andern um einige sich von aller Schwelgerei sehr fernhaltende Portionen Berliner Chambregarnitee, und Köchy oder ich lasen irgend etwas Neuerschienenes von Tieck, Immermann usw. oder auch das Werk eines älteren Dichters vor; auch wurde wohl Shakespeare mit verteilten Rollen gelesen. Im Sommer fanden gemeinschaftliche Spaziergänge und Versammlungen an irgendeinem öffentlichen Orte unter nicht weniger bescheidenen und harmlosen Genüssen statt... Von zu häufigen Schwelgereien hielt uns schon die... sehr beschränkte Kasse ab... Auch Heine, der damals fast beständig leidend war und gewöhnlich bei unsern Versammlungen über Kopfschmerzen klagend in einer Sofaecke saß, wird... als Teilnehmer an den dem Kreise vorgeworfenen Ausschweifungen ganz mit Unrecht genannt; was aber den armen Ludwig Robert betrifft... Die Wahrheit ist, daß es sich hier um einen ganz anderen Robert handelt, der weder den Vornamen Ludwig führte, noch jemals daran gedacht hat, als Schriftsteller aufzutreten.
[Heines Brief an C. Borch, Berlin, den 19. (das weitere Datum fehlt, vgl. Hirth Nr. 28), bestätigt, daß der ganze Verkehr Heines mit dem Grabbeschen Freundeskreis sehr kühl war; in einem Brief an Sethe vom 21. Januar 1823 nennt er ihn „ein Strudel Schurken“, und von „Ausschweifungen“ spricht sogar Grabbe, wie die folgenden Mitteilungen zeigen, Heine frei. Er lebte in diesem Winter „krank, isoliert, angefeindet und unfähig, das Leben zu genießen“. In den „Briefen aus Berlin“ bedenkt er zwar Köchy und Uechtritz mit einigem Lob, in den Privatbriefen aber klingt’s bald ganz anders. Die ausgelassenen Symposien Heines mit Grabbe und den übrigen Genossen bestehen nur in der Phantasie einiger Heinebiographen. Heine trank wenig und rauchte nie.]