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Verlagswerbung – Einsiedeln als «Label»
ОглавлениеDie Firma Benziger investierte viel in die Bewerbung der eigenen Verlagsprodukte. Um das 1866 gegründete Unterhaltungsblatt «Alte und Neue Welt» bekannt zu machen, druckte sie nicht weniger als 250 000 Prospekte, die zusammen mit «tausende[n] von Noten, Circularen, köstliche[n] Inseraten in die Welt» geschickt wurden.211 In der «Alten und Neuen Welt» sowie im auflagenstarken «Einsiedler Kalender» wurden regelmässig und umfangreich übrige Verlagsprodukte beworben. Im Januar 1866 schrieb Adelrich B.-Koch in die USA, man müsse unbedingt die eigenen «Zeitungen besser benützen zu öfteren Anzeigen uns. Bücher» und diese «stark, gross u. oft» bewerben.212
Fast immer dazu gehörte eine Abbildung des Klosters Einsiedeln. Einsiedeln und das Kloster waren zwei Begriffe, die zusammengehörten. Die emblematische Darstellung der Klosterfassade, die für viele Katholiken einen hohen Wiedererkennungswert besass, und der Name Einsiedeln, der in den Köpfen der Menschen Bilder von Wallfahrt und Frömmigkeit evoziert haben dürfte, wurden von der Firma Benziger als «Label» verwendet.
Die Firma Benziger war bestrebt, sich in die Geschichte und das Erscheinungsbild Einsiedelns einzuschreiben. Zeitgenössische Werbevignetten beispielsweise inszenierten nicht selten eine Art Beziehungsdreieck zwischen Einsiedeln, dem Kloster und dem Namen Benziger.213 Für einige Zeit evozierte der Name Einsiedeln genauso den Namen Benziger, wie er Bilder des Klosters hervorrief. 1888 erschien in der «New York Times» die Beschreibung einer Reise, die der amerikanische Minister John F. Lang im selben Jahr durch Bayern und die Schweiz gemacht hatte. Von München führte die Reise via Lindau und den Bodensee bis nach Romanshorn, von wo er mit der Eisenbahn nach Zürich fuhr. «At Zurich we waited to change cars without any visit about the city», schrieb Lang. Er bevorzugte es, anstatt die Zwinglistadt zu besichtigen, noch am selben Tag nach Einsiedeln zu reisen, wo er abends um neun Uhr eintraf. Von Einsiedeln schienen ihm in seinem kurzen Bericht drei Dinge erwähnenswert, erstens – und noch vor dem Kloster – die Firma Benziger und ihr «immense business», das Lang wahrscheinlich von den amerikanischen Filialen her bereits vor seiner Reise bekannt gewesen war, zweitens das Kloster und die Mönche, die er als eine «handsome class of gentlemen» beschrieb, und drittens die Wallfahrt und insbesondere die zahlreichen Pilgerhotels, die so gut ausgerüstet seien «as many in large cities».214
Über Inserate und Verlagsprodukte machte die Firma Benziger den Namen Einsiedeln und die Einsiedler Wallfahrt auch bei Menschen bekannt, die noch nie eine Wallfahrt dahin unternommen hatten, und trug Bilder der Einsiedler Klosterfassade in Gegenden, die ausserhalb der traditionellen Einzugsgebiete der Wallfahrt lagen. Die Firma Benziger dürfte so gesehen einerseits vom «Label» Einsiedeln profitiert haben, dieses «Label» aber noch weiterverbreitet und so ihrerseits die Wallfahrt gefördert haben.