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Die Anfänge der amerikanischen Filialen bis 1860
ОглавлениеMit dem amerikanischen Markt kam die Firma Benziger zum ersten Mal um 1830 in Kontakt, über Auswanderer aus der Region Einsiedeln. Die Familiengeschichte erwähnt insbesondere Franz Joseph Schönbächler, der «ein feuriger Patriot und Freiheitsmann» und «eifriger Lobpreiser des Landes Washingtons und seiner Freiheiten» gewesen sein soll. Schönbächler wanderte Anfang der 1830er-Jahre in die USA aus und liess sich in Louisville, Kentucky, nieder, wo er zusammen mit seiner Frau «eine kleine Handlung» mit Waren aus dem Benziger Verlag betrieb, die er direkt aus Einsiedeln importierte. Schon früher aber soll die Firma Benziger Beziehungen zu Schweizer Auswanderern in Philadelphia und Cincinnati gepflegt haben, die ebenfalls Verlagsware aus Einsiedeln in die USA importierten.
Die frühen Kontakte in die USA erscheinen insgesamt etwas zufällig und wenig koordiniert. Die eigentliche Vorarbeit für die späteren Filialen begann erst mit der Entsendung von Louis Meyer, einem engen Vertrauten der Familie Benziger. Meyer, geboren im französischen Lothringen, kam als junger Mann nach Einsiedeln und war lange Jahre Hauslehrer im Hause Benziger und Schreibkraft im Verlagsgeschäft. Angesteckt vom allgemeinen «Auswanderungsfieber» reiste Meyer 1837, von der Verlegerfamilie ermutigt und von der Firma finanziell unterstützt, zunächst nach Philadelphia und später nach Cincinnati, wo er einen Buchladen mit katholischer Literatur eröffnete. In dieser Zeit scheinen sich die Geschäftsbeziehungen nach Amerika verstetigt zu haben. Die Firma Benziger stand in regem Austausch zu einigen Pfarreien und Missionen, vor allem im Mittleren Westen der USA und insbesondere mit dem Jesuitenorden, der sich intensiv mit der Bildung der Immigrantenbevölkerung beschäftigte. Für die Zeit zwischen 1843 und 1849 sind mehrere umfangreiche Bestellaufträge von Büchern, Bildern, Rosenkränzen und Devotionalien überliefert, die Jesuiten in St. Louis, Missouri, bei Benziger in Einsiedeln tätigten.259
Louis Meyer ging in den folgenden Jahren verschiedene geschäftliche Verbindungen mit deutschen, schweizerischen und französischen Handelsleuten ein. Zwischen 1841 und 1849 sind drei Reisen nach Einsiedeln überliefert. 1850 verkaufte Meyer sein Geschäft an Joseph Nurre (1819–1895) aus Westfalen und seinen Schwager mit dem Nachnamen Kreuzburg, die es unter dem Namen Kreuzburg & Nurre weiterführten. Die Firma Benziger, der Meyer ebenfalls ein Kaufangebot unterbreitet hatte, wollte das Geschäft damals noch nicht auf eigene Rechnung übernehmen mit dem Argument, kein Familienmitglied zur Leitung des Geschäfts in den USA entbehren zu können. Drei Jahre später kam es schliesslich doch noch zu einem Handelsvertrag zwischen Meyer und der Firma Benziger. 1853 wurde in New York das Filialgeschäft «Gebrüder Benziger und Louis Meyer» gegründet. Die Leitung musste sich Meyer mit dem damals erst zwanzigjährigen Adelrich B.-Koch teilen. Nach dem Tod von Louis Meyer zwei Jahre später ging das Filialgeschäft ganz in den Besitz der Firma Benziger über. Im Jahr 1857 wurde Adelrich B.-Koch als Leiter des Filialgeschäfts von seinem vier Jahre jüngeren Cousin J. N. Adelrich B.-von Sarnthein abgelöst. 1860 wurde diesem Louis B.-Mächler, der jüngste Bruder von Adelrich B.-Koch, zur Seite gestellt. Im selben Jahr übernahm die Firma Benziger Kreuzburg & Nurre, das damals einzige grössere Konkurrenzunternehmen im Bereich des deutschsprachigen katholischen Buchhandels in den USA, und errichtete eine zweite Filiale in Cincinnati. Für ein knappes Jahrzehnt hatte die Firma Benziger in den USA – unter dem Namen «Benziger Brothers» – eine Monopolstellung inne.260