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Die amerikanischen Filialen

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Im Frühling 1853 sandte die Firma Benziger den zwanzigjährigen Adelrich B.-Koch in die USA, um dort eine Filiale zu errichten. Was bewegte die damaligen Geschäftsinhaber, Adelrichs Vater Nikolaus B.-Benziger I und dessen Bruder Josef Karl B.-Meyer, die selbst ihr Leben lang nie einen Fuss auf amerikanische Erde gesetzt hatten, zu diesem Schritt? Weshalb wurden die ersten Filialgeschäfte gerade im weit entfernten New York errichtet und nicht in Paris, Wien, Rom oder London, oder noch naheliegender in einer deutschen Bischofsstadt wie Köln, Regensburg oder Freiburg?

Die Expansion der Firma Benziger über den Atlantik wird verständlich, wenn wir sie in den Kontext der europäischen Auswanderungsgeschichte einbetten. Rund fünfzig Millionen Europäer wanderten zwischen 1850 und 1950 nach Nordamerika aus, davon rund fünf Millionen Deutsche und eine halbe Million Schweizer.253 Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren die Mehrheit der europäischen Auswanderer Protestanten. Um die Jahrhundertmitte änderte sich das Verhältnis. Nun waren es Massen von Katholiken aus Irland, aber auch aus dem heutigen Deutschland, Polen und einigen Ländern Osteuropas, die vor allem in die USA auswanderten.254 Die Auswanderungsbewegung verlief wellenförmig. In Zeiten landwirtschaftlicher Versorgungsengpässe, etwa nach dem «Jahr ohne Sommer» 1816 bis 1819, während der Kartoffelpest 1847 bis 1854 oder nach der Agrarkrise zwischen 1878 und 1884, verliessen besonders viele Menschen ihre europäische Heimat in Richtung überseeischer Destinationen.255

Die Gründung der ersten Filiale in den USA im Jahr 1853 fiel also in die Endphase einer Reihe von Jahren mit erhöhten Auswanderungszahlen. Die Firma Benziger folgte den europäischen Auswanderern quasi über den Atlantik und versuchte, unter ihnen einen neuen Absatzmarkt für ihre Firma zu schaffen. Es ist denn auch kein Zufall, dass die Firma Benziger ihre ersten Filialen in New York, Cincinnati und St. Louis errichtete, wo grosse katholische und insbesondere deutschsprachige katholische Gemeinschaften bestanden.256

Das lokale Umfeld in Einsiedeln begünstigte dabei den Schritt über den Atlantik. Der Bezirk Einsiedeln war schweizweit eine jener Regionen mit den höchsten Auswandererraten. Zwischen 1850 und 1900 wanderten rund 2000 Einsiedler in die USA aus. Man kann davon ausgehen, dass sich in Einsiedeln bereits in der ersten Jahrhunderthälfte eine «Migrationskultur» in die USA herausgebildet hatte.257 Der Entscheid zur Filialgründung in den USA war eng mit dieser bereits bestehenden Tradition der Einsiedler Amerikawanderung verbunden.258

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