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Serologische Biomarker- NMO-IgG/Aquaporin-4 AK
ОглавлениеSerologische Biomarker tragen zur frühen Diagnostik der NMO und Unterscheidung der NMO von der MS bei. 2004 wurde erstmals ein Antikörper nachgewiesen, der an den Astrozytenendfüßen bindet (NMO-IgG) (Lennon et al. 2004). Im Verlauf wurde gesichert, dass es sich bei dem Ziel-Antigen um Aquaporin-4 handelt, den häufigsten Wasserkanal im ZNS (Lennon et al. 2005). Der Nachweis führte zu einer Verbesserung der Diagnosestellung und Revision der Diagnosekriterien 2006, die 2015 erneut überarbeitet wurden (Wingerchuk et al. 2015, Abb. 1.2)
Aquaporin-4 ist ein bidirektionaler Wasserkanal, der zur Unterfamilie der mamillären Aquaporine gehört, welche impermeabel für Anionen und Glycerol sind. Es befindet sich
Abb. 1.2: Schematische Darstellung der Diagnosekriterien (Pfeuffer et al. 2017, S. 16).
in den perivaskulären astrozytären Endfüßchen, sowie in der Pia mater, dem Plexus choroideus und dem Ependym, ist aber auch in der Niere (distale Sammelröhrchen) und im Magen (Parietalzellen) (Guo et al. 2017). In Neuronen, Oligodendrozyten oder choroidalen Epithelzellen ist es nicht nachweisbar (Jung 1994). Studien konnten belegen, dass Aquaporin-4 im Sehnerv, der grauen Substanz des Rückenmarks und auch im Hirnstammbereich stärker exprimiert wird, was mit den typischen Läsionsregionen korreliert (Roemer et al. 2007; Pittock und Lucchinetti 2016). Tierexperimentell scheint ein Fehlen des zerebralen, perivaskulären Aquaporin-4 zu einem leichten Anschwellen der astrozytären Endfüßchen zu führen, allerdings ohne nachweisbares funktionelles Defizit. Die entsprechenden defizienten Mäuse neigen zu einer geringeren Ödembildung nach hyposmotischem Stress und nach experimenteller Ischämie (Manley 2000). In anderen Tierexperimenten entwickelten Alpha-syntrophin-Null Mäuse, die nahezu Aquaporin-4 depletiert sind, bei der artifiziellen Anfallsinduktion schwerere Anfälle, vermutlich aufgrund eines gestörten Kaliummetabolismus, da Aquaporin-4 räumlich eng mit einem koexprimierenden Kaliumkanal (Kir4.1) assoziiert ist (Amiry-Moghaddam et al. 2003).
Die Beteiligung von Aquaporin am Pathomechanismus der Erkrankung konnte in vitro belegt werden. Hier führte die Applikation von aufgereinigten Aquaporin-4-AK sowohl zum komplement-abhängigen als auch zum komplement-unabhängigen Astrozytenuntergang (Nishiyama et al 2016).
Neben der initial angewandten gewebeabhängigen Nachweismethode stehen inzwischen sowohl zellbasierte (ICC, FACS, cell-ELISA) als auch proteinbasierte Assays zum Nachweis der Antikörper zur Verfügung (RIPA/FIPA, WB, ELISA) (Jarius und Wildemann 2013). Zur Diagnostik sind zellbasierte Verfahren mit Bestätigungstest ratsam, da diese in gepoolten Analysen die höchste Sensitivität von 76,7 % aufwiesen (Wingerchuk et al. 2015; Jarius und Wildemann 2013; Waters et al. 2012; Sato et al. 2013), die Spezifität erreicht dagegen bei 85–100 % (Wingerchuk et al. 2006; Lennon et al. 2004; Jarius und Wildemann 2007; Nakashima et al. 2006; Jarius und Wildemann 2013).
Bei Aquaporin-4-Antikörper-positiven Kindern wurden neben den typischen NMO-Symptomen in 45 % der Fälle zerebrale Symptome wie eine Enzephalopathie oder Krampfanfälle festgestellt (McKeon et al. 2008), hier wurde eine eigene Krankheitsentität postuliert.