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ZELLTEILUNG – AUS EINS MACH ZWEI

Aber wieso sind Zellen im Allgemeinen und Mitochondrien im Speziellen mit zunehmendem Alter so fehleranfällig? Was machen die Zellen eines Ginkgobaums anders?

Schauen wir uns dafür mal die Zellteilung an. Zellen beherrschen nämlich etwas, von dem der Narzisst träumt: Sie können sich teilen und 100%ige Kopien von sich herstellen. Das hat auch seinen Sinn. Wie sonst könnten wir uns im Mutterleib entwickeln und heranwachsen, zudem braucht es viele Millionen Zellen für die Bildung von Organen und Geweben.

Ähnlich wie die eine Schwalbe, die noch keinen Sommer macht, kommt eine einzelne Zelle natürlich auch nicht wirklich weiter. Nehmen Sie als Beispiel nur mal die Hautzelle – wenn diese sich nicht teilen würde, wäre unser Anblick vielleicht nicht ganz so schön und alle Hersteller von Hautpflegeprodukten würden in schwerste Depressionen verfallen und sich in ihren Hautcremes ertränken. Doch fangen wir mal von vorne an.

Eine für alle

Das Leben eines jeden Menschen beginnt ja erst mal mit der schönsten Sache der Welt: Sex. Mann und Frau vereinigen sich und im besten Falle kommt es zu einer Verschmelzung von Eizelle und Spermium.

Diese befruchtete Eizelle hat es saueilig und teilt sich, um neue Zellen zu bilden, sogenannte embryonale Stammzellen. Und das macht diese Eizelle, als ob es kein Morgen gäbe. Nach circa acht Zellteilungen können bereits alle Körperzellen aus den bis dato erschaffenen Zellen gebildet werden. »Totipotent« bezeichnet man diese Zellen – jedes Gewebe kann sich aus diesen acht Zellreihen entwickeln, sodass man rein theoretisch nur eine einzige embryonale Stammzelle braucht, um einen kompletten Organismus zu entwickeln! Das hätte Dr. Frankenstein vor seinen Experimenten wissen sollen …

Zunehmende Spezialisierung

Aber wie bei uns Männern lässt die »Potenz« mit zunehmendem Alter nach (sagen zumindest Freunde von mir). Die Zellen des Embryos können zwar noch immer die verschiedenen Zelltypen bilden, sie sind aber nicht mehr in der Lage, einen ganzen Organismus zu formen. Als pluripotent bezeichnen die Forscher nun diese Zellen. Und so gedeiht das Baby im Bauch der Mutter und wächst heran.

Die stille Reserve

Alles könnte so fein sein, wenn da das Altern nicht wäre. Im Erwachsenenalter sterben pro Sekunde 50 Millionen Zellen ab! Gott sei Dank sorgen aber unsere Stammzellen für schnelle Nachlieferung. Die Zahlen dazu sind ebenfalls super: Stammzellen erzeugen täglich Milliarden von Körperzellen. Die Haut erneuert sich einmal im Monat, die Darmschleimhaut in weniger als einer Woche und das Knochenmark bildet 300 Milliarden Blutzellen pro Tag. Die Leber kann auf die Hälfte schrumpfen und wächst wieder nach; Skelettmuskeln bauen sich – je nach Training – fast im Wochenrhythmus auf und wieder ab.

Na, dann ist doch der Alterungsdrops gelutscht, oder? Ein Hoch auf unsere Stammzellen – altern können andere!

Ewiger Jungbrunnen?

Dummerweise ist das Stammzellendasein auch nicht immer »rosarot«:

Spezialisierung: Im Gegensatz zu den embryonalen Stammzellen sind die Zellen auf einen Gewebetyp festgelegt. Stammzellen im Knochenmark können zwar Zellen fürs Blut bilden, wie Erythrozyten, Blutplättchen oder weiße Blutkörperchen, stehen aber ziemlich doof da, wenn Hautzellen gebraucht werden. Die können sie nämlich nicht bilden. Andersrum geht’s natürlich auch nicht: Wenn Sie aus irgendeinem Grund zu Blutarmut neigen, wollen Sie sicherlich keine Vermehrung Ihrer Stammzellen für die Haut, sondern solcher, die für die Blutbildung zuständig sind.

Zellalterung: Und das Schlimmste – erwachsene Stammzellen können sich nicht mehr unendlich vermehren! Ein Grund dafür, dass Menschen altern: Die Zellen verlieren im Laufe eines Lebens ihre Regenerationsfähigkeit.

Info

Unwiederbringlich verloren

Keine Zellteilung

Es gibt nur wenige Zellen, die sich nicht mehr teilen. Nervenzellen beispielsweise, die Signale wie Schmerz ans Gehirn weiterleiten, weil wir uns gedankenverloren auf der heißen Herdplatte abstützen, aber auch Infos vom Gehirn zurückspielen, dass die Hand schnell weggezogen werden sollte.

Langsam, aber stetig

Allerdings haben diese Zellen den Vorteil, dass sie sehr langsam altern. Aber sie tun es doch, und so nimmt die Zahl der Nervenzellen im Laufe des Alterns eben auch ab.

Schonender Umgang

Ein Bekannter machte mal den Spruch »Zu schlau ist auch nix!«, als sein Sohn mit einer Riesenbeule um die Ecke kam. Mit Blick in die Zukunft ist es jedoch schade um jede Nervenzelle, die zu früh den Bach runtergeht!

Begrenzte Kapazitäten

Der menschliche Körper kann sich also erstaunlich gut regenerieren – dank der kleinen, aber aktiven Schar von erwachsenen Stammzellen. Äußerlich unterscheiden sie sich kaum von anderen Zellen, die inneren Werte sind entscheidend: das Potenzial, sich ein Menschenleben lang zu teilen und unterschiedliche Zellen zu erzeugen.

Da sich Zellen sehr oft teilen können, ging man in den 60er Jahren davon aus, dass es keine Limitierung in der

Zellteilung gibt und man dem Geheimnis der ewigen Jugend sehr nah gekommen sei. Aber wie so oft, es gibt immer einen Spielverderber, der es besser weiß und alle Träume zerplatzen lässt. In diesem Fall hieß der junge Mann Leonard Hayflick. Er fand heraus, dass Zellen sterblich sind. Und wer in Wissenschaftskreisen was auf sich hält, gibt der Beobachtung direkt seinen Namen, in diesem Fall wurde die Hayflick-Grenze daraus: Nach circa 50 Zellverdopplungszyklen ist Schicht im Schacht, sprich, es kommt zu keiner weiteren Zellteilung mehr. Zellseneszenz nennt sich das, wenn die Zelle ihre Arbeit quasi einstellt.

Eindrucksvolles Lebenswerk

Übrigens sind 50 Zellverdopplungen gar nicht mal so wenig Zellen, die dabei entstehen. Kennen Sie die Geschichte von Zeta, dem Erfinder des Schachspiels, der von seinem Herrscher Sheram belohnt werden sollte, weil dieser das neue Spiel superdufte fand? Leider war Sheram nicht firm im exponentiellen Wachstum. Was hat Zeta gefordert? Sein »bescheidener« Wunsch: Beginnend mit einem Reiskorn auf dem ersten Schachfeld wünschte er sich eine Verdopplung der Anzahl der Reiskörner auf dem nachfolgenden Feld. Also auf dem zweiten Feld waren es zwei Körner Reis, auf dem dritten vier Körner Reis und auf dem vierten Feld acht Körner Reis … Der dusselige Herrscher war beleidigt, da er die Belohnung für zu gering erachtete, ließ sich aber auf den Deal ein. Jetzt hat ein Schachbrett 64 Felder: Auf dem 64. Feld lagen 9 Trillionen Reiskörner, insgesamt war der Herrscher Zeta 18 Trillionen und ein paar zerquetschte schuldig. Jetzt fehlen unseren Zellen noch 14 Verdopplungen bis 64, aber allein 50 Zellverdopplungen sind eine ungeheure Anzahl an neuen Zellen, die dann auch alle gepflegt werden wollen.

Der limitierende Faktor

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, warum sich unsere Zellen nicht unendlich weiterteilen. Was soll dieser Unsinn mit der Zellseneszenz? Denn wenn nach 50 Zellteilungen Feierabend ist, bedeutet das ja auch für den Inhaber dieser Zellen das Ende seines Lebens, was bei völliger Ausschöpfung immerhin bei 114 Jahren läge, aber keinen Tag drüber. Der Grund liegt in der Zellgesundheit. Pro Sekunde werden in unserem Körper circa 50 Millionen neue Zellen gebildet. Da ist es wirklich ein Wunder, dass die Kopien alle fehlerfrei sind. Durch verschiedene Faktoren kann die DNA, die Erbinformation, verändert werden – wir sprechen von Mutation. Zudem kann es zu Fehlern im Rahmen der Zellteilung kommen. Die DNA muss ja schließlich 1a abgeschrieben werden und hier kann es zu Fehlern kommen – wie beim Abschreiben in der Schule, wenn der Tischnachbar unleserlich schrieb!

Out of order

Und hier kommt dann die Seneszenz ins Spiel: Über diverse Regulatorproteine und Wächterenzyme werden fehlerhafte Erbinformationen in den Zellen entdeckt. Mit der Konsequenz: Entweder kriegt die Zelle das Problem in den Griff oder sie sieht keine gute Prognose für sich, leitet den eigenen Untergang ein und stirbt.

Problematisch wird es allerdings dann, wenn das Wächtersystem selbst so geschädigt ist, dass es die Zellteilung der fehlerhaften Zelle nicht verhindern kann. Dann kommt es zu immer weiteren Zellteilungen und eine bösartige Geschwulst wächst heran. Es entsteht ein Tumor – Krebs!

Und als würde das nicht schon reichen, verändert sich auch noch die Struktur und Funktion der Zelle. Das Ganze nennt sich dann Alterungsprozess, und weil man ja immer einen Schuldigen braucht, scheinen es in diesem Fall die Mitochondrien zu sein, die ihrer Aufgabe der Energiebereitstellung nicht mehr so 150%ig nachkommen. Und tatsächlich, schlecht gealterte Mitochondrien sind so aktiv wie ein schlafendes Faultier und schaffen gerade mal 25 % der sonst üblichen Leistung.

Leider fehlt es im Alter nicht nur an Leistungsbereitschaft, sondern die gealterten Zellen zeigen viele Defekte auf: Proteine sind falsch zusammengebaut oder durch freie Radikale beschädigt, Lipide kommen nicht mehr ihrer normalen Arbeit nach und die Erbinformation in den Mitochondrien und im Zellkern wird durch dauerhaften oxidativen Stress verändert, es ergeben sich neue Mutationen.

An dieser Stelle wird, glaube ich, jedem klar, wie wichtig es ist, seine Zellen so gesund wie möglich zu halten. Aber wo lauert genau der Feind? Was macht Zellen krank?

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