Читать книгу Essstörungen und Persönlichkeit - Helga Simchen - Страница 18
1.6 Die Bedeutung der Forschung
ОглавлениеMedizinische Wissenschaftler (Braus 2004, Kaye 2008, Bulik et al. 2007, Krause und Krause 2009) suchen nach genetischen und molekularbiologischen Ursachen, um die Auswirkungen der angeborenen veränderten Informationsverarbeitung in einen Zusammenhang mit der Entwicklung psychischer Störungen zu bringen. Essstörung als Ausdruck einer angeborenen veränderten Art der Reizverarbeitung anzusehen, würde diese Ursachenforschung beleben und helfen, viele Details ihres Verlaufs zu erklären. Im Interesse der Betroffenen und den Erfahrungen aus der Praxis folgend sollte die psychiatrische Forschung die Neurologie, die Entwicklungspsychologie und die Verhaltensforschung mit einbeziehen. Auch in der Psychiatrie haben Studien zu Krankheitsverläufen, die Erfahrungen aus der Praxis sowie die Erkenntnisse durch die bildgebenden Verfahren in der Neurobiologie und der Genetik für die Forschung eine wegweisende Bedeutung. Eine fachgebietsübergreifende Forschung ermöglicht die Trennung von mancher ausgedienten »klassischen« Lehrmeinung.
Es ist an der Zeit, die individuelle Entwicklung systematisch in die Diagnostik mit einzubeziehen, um eine ursachenorientierte Therapie zu entwickeln, die den ganzen Menschen, seine Familie und sein soziales Umfeld mit berücksichtigt. Der Mensch mit seinem individuell funktionierenden Gehirn, seinen intellektuellen Fähigkeiten, seinen Erfahrungen, seinen Enttäuschungen, seinem Selbstanspruch, seinem Verhalten, seinen körperlichen Symptomen und seinem sozialen Umfeld müssen bei psychischen Störungen, wie es die Essstörung eine ist, als untrennbare Einheit angesehen und in die Diagnostik mit einbezogen werden.