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1 Essstörungen – eine Einführung 1.1 Ein Konflikt zwischen Wollen und Können

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Neue Erkenntnisse der neurobiologischen Forschung mithilfe bildgebender Verfahren zeigen, wie eng Psyche, Körper und soziales Umfeld miteinander verbunden sind und welche Bedeutung negativer Dauerstress als Bindeglied dabei spielt. Das Gehirn mit seinen wichtigen Funktionen und seinem großen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung sollte in Zukunft in der Psychiatrie und Psychologie viel stärker berücksichtigt werden. Die bisher mehrheitlich symptomzentrierten therapeutischen Ansätze müssen durch mehr ursachenorientierte Behandlungsstrategien ersetzt und die Entwicklung der Persönlichkeit von Kindheit an mit in die Diagnostik einbezogen werden.

In Bezug auf Essstörungen bedeutet das, nach einem ganz bestimmten Persönlichkeitsprofil zu suchen, das infolge einer veränderten Verarbeitung von Informationen und Stress die biologischen Voraussetzungen für das Entstehen und Aufrechterhalten von Magersucht und Esssucht schafft. Die Entwicklung einer Essstörung beginnt nicht erst in der Pubertät, sondern schon viele Jahre vorher, nur werden diese frühen Symptome viel zu oft übersehen oder als solche verkannt. Wenn dann Hilflosigkeit, Stress, Frust, Versagensängste, Selbstwertproblematik und Auffälligkeiten im Sozialverhalten die Persönlichkeitsreife so beeinträchtigt haben, dass die Betroffenen den Anforderungen der Pubertät nicht gewachsen sind, kommt es zur Essstörung als Folge einer psychischen und körperlichen Dekompensation. Denn Essgestörte erleben ständig, dass sie ihre vorhandenen Fähigkeiten nicht in Erfolg und Anerkennung umsetzen können, selbst wenn sie sich noch so sehr darum bemühen.

Essstörungen – wie Magersucht, Ess-Brech-Sucht und häufig auch die Esssucht – können zum missglückten Bewältigungsversuch unlösbar erscheinender Schwierigkeiten werden, wenn die Betroffenen zu keiner anderen Lösung fähig sind und ihnen das soziale Umfeld keine spürbaren Hilfen anbietet.

Leider wird die innere Not der vielen Betroffenen oft nicht erkannt oder, schlimmer noch, für »Theater« oder »komisches Getue« gehalten. Viele Therapeuten, die vorwiegend symptomorientiert arbeiten, reagieren erst dann, wenn die Betroffenen eine Summe von Symptomen aufweisen, die in ein vorgegebenes Diagnoseschema passen. Aber bei beginnenden Essstörungen sollte, wie bei vielen anderen psychischen Erkrankungen auch, die Behandlung früher einsetzen. Psychische Erkrankungen entwickeln sich langsam, meist über Jahre – das erfordert, deren Frühsymptome rechtzeitig zu erkennen und ernst zu nehmen.

Essgestörte weisen im Persönlichkeitsprofil viele Gemeinsamkeiten auf, was auf eine gemeinsame neurobiologische Ursache des Störungsbildes hindeutet. Diese zu erkennen und dadurch den Essgestörten mit bisher zu selten genutzten therapeutischen Strategien zu helfen, dazu möchte dieses Buch informieren und beitragen.

Essstörungen und Persönlichkeit

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