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5. Der Antrag

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Ich schrieb ein Buch – im Gegensatz zu Menschen, die das nur von sich behaupten. Mein Konzept hatte ich in groben Zügen skizziert, seit zwanzig, dreißig Jahren lag es in irgendeiner Schublade. Keine Ahnung, in welcher, aber ich weiß auch so, worum es in meinem Buch gehen soll. Erstens um die Frauen. Zweitens um die Männer. Drittens um die Liebe. Den Rest würde ich ausarbeiten – und zwar bald. Darüber war ich mir soeben klar geworden. Es wurde Zeit, zu tun, was immer schon auf meinem Lebensplan stand: Bücher verkaufen und schreiben!

Nachdem ich im Buchladen alle vorrätigen Trennungsratgeber und Selbstfindungshilfen durchgeblättert hatte, ging ich in aller Ruhe allein Kaffee trinken. Bis Albert zu Hause auftauchte, wollte ich den Tag nutzen, um meine Zukunft voranzutreiben.

Kaum saß ich im Café Läuft, krähte das Handy. Der Hahnenschrei zeigt Nachrichten von Albert an (es gab keinen Kuckucksruf als Signalton). Mein Nochgatte ließ mich per SMS wissen, dass es spät werden könnte. Es stünden heute zwei, drei Not-OPs an.

Früher hatte mir imponiert, dass Albert als Arzt Leben rettet. Inzwischen beschlich mich der Verdacht, dass er auch das nur aus Geiz tat. Er wollte nichts umkommen lassen.

Ich trank zwei Espressi, rief alle meine besten Freundinnen an und unterrichtete sie von meiner Lebenswende. Drei gratulierten mir, zwei kondolierten mir, alle boten Unterstützung an.

Danach fühlte ich mich stark genug, die heimische Frontlage zu klären. Irgendwie und irgendwann musste schließlich auch Albert erfahren, dass ich mich von ihm trennte.

Auf dem Heimweg kaufte ich im Blumenladen Gothic Blooms dreißig schwarze Rosen.

Zu Hause hängte ich als allererstes meine Kunst wieder auf. Abgehängt hatte Albert ausgerechnet meine feministisch-kritischsten Werke: »Er meint es doch nur gut«, »Beim nächsten Mann wird alles besser« und »Hilfe, ich bin die Weltputzfrau!« Das war in meinen Augen kein Zufall!

Sorgfältig arrangierte ich die Rosen in einem Putzeimer (!) auf dem Küchentisch und nahm mein pinkfarbenes Briefpapier aus der Schublade. Mit Füller schrieb ich in Schönschrift:

Albert —

willst Du mein Exmann werden?

Dann sag Ja zur Scheidung

Constanze

P.S.: u.A.w.g. bis morgen.

Ich steckte den Bogen ins magentafarbene Kuvert, bestäubte es mit einem Hauch Parfüm und schob es zwischen die Rosen. Mein Scheidungsantrag machte ziemlich was her.

Zuletzt stellte ich im Flur alle achtundzwanzig Kuckucksuhren auf fünf Uhr achtundvierzig und entsicherte die Schlagwerke. Albert würde ein frohes Erwachen haben! Höchste Zeit …

Dann packte ich meine kleine Reisetasche und verließ das Haus.

Als ich die Wohnungstür hinter mir zuzog, überkam mich Traurigkeit. Wie Albert wohl guckte, wenn er meinen Brief las? Würde er vielleicht sogar weinen? Vergrübe er verzweifelt den Kopf in meinem Duft? Hinge ihm Tinte an Nase und Stirn, wenn er sein tränennasses Antlitz wieder höbe, um dem Himmel seinen bitteren Schmerz zu klagen …?

Wie schade, dass ich das nicht sehen konnte!

Beim nächsten Mann bleib ich solo

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