Читать книгу 1 PUNKT - Helmut Ecklkofer - Страница 20

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START

Seit langer Zeit hört er seine innere Stimme. Das Band im Kassettenrekorder ist auf Anfang gespult. Nun drückt Milan die Starttaste. M. verlässt das Haus schon lange nicht mehr. Das Versprechen vom admiralblauen Himmel liegt lange zurück. Der Tanz ins Licht. Die Welt da draußen ist eine einzige Show. Überbelichtet, das Negativ vom Positiv. Eine skurrile Welt, voll von scheinbarem Gold und kitschigem Plüsch. M. hat allmählich seinen Rhythmus gefunden, nicht zu schnell und nicht zu langsam.

Er balanciert auf dem Schwebebalken in eine neue Zukunft. Er versucht, allen Ballast abzuwerfen. Jeder Tag wird fein säuberlich eingeteilt in 24 gleiche Teile. Der Zeitraster nimmt seine Gedanken, seine Seele, seine Erinnerungen, seine Phantasie, seine Sehnsüchte, seine Freiheit auf. Zeitlos begrüßt er den Morgen, den Tag und die Nacht. Er schwimmt in einem Meer von Zeit – er taucht ab in die UHRzeit – er verschwendet seine LEBENSzeit – er erlebt die EISzeit, die FREIzeit. Er gerät in ein Labyrinth, das für ihn undurchsichtig, ja undurchdringbar ist.

Wie kam ich jetzt darauf? Ach ja, Lotterie des Lebens. M. ist überrascht von seiner irrwitzigen Comedy-Show. Er fühlt sich wie in einem Horror-Zirkus inmitten wilder Bestien. Zwischen Sex und Lametta, Freiheit und Abgrund. Er ahnt nur die Bilder von der Vergänglichkeit. In homöopathischen Dosen werden ihm die Worte verabreicht.

KALT FÜHLT SICH ALLES AN

M. riecht den Duft des Regens. Die Regentropfen prallen auf die feuchte Erde und katapultieren die Moleküle in seine Nase. Die Tropfen zerstäuben schlagartig und bilden kleine Wasserwolken. Nun steht er da, als stiller Held mit Herzkammerflimmern. Was für ein Genuss es doch war, beschützt zu sein. Beschützt in sich selbst. In seiner Liebe, in seiner Euphorie. M. wähnte in jedem Tropfen eine Gefahr. Der Regen hat alles um ihn verwandelt. Kalt fühlt sich alles an. Er spürt jeden Tropfen auf seiner Haut, wie tausende kleiner Explosionen. Die Erde bebt im Sekundentakt. Wie im Phantomschmerz liegt er da, beklemmend still, verletzlich. Stimmen und immer wieder Stimmen. Er hat ein Blind Date mit seinem Leben. Einem Leben, dessen Verlauf einer geraden Linie glich, ohne viel Höhen oder Tiefen. Ein Leben, das allmählich zu verglühen drohte wie ein Kaminfeuer ohne den entsprechenden Sauerstoff. Er hat sich selbst verloren in seiner kleinen perfekten Welt. Solide, gesichert, das eigene Ich umkreisend, in einer unendlichen Umlaufbahn. Wie der Mond um die Erde zieht er seine Kreise, wirkt anziehend und abstoßend. Er fühlt den schwerelosen Raum, die Atemlosigkeit und die Angst, dass das Raumschiff Schicksal seine Träume, seine Vollkommenheit durchtrennt. Zufällig, ja manchmal willkürlich wirkte die Szenerie. War er an der Schwelle zu einer neuen Zeit angekommen, deren Ende er nicht kannte?

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