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FIDELITY

ICH SUCHE MEIN LEBEN

„Die Treue gibt unserem Leben eine Einheit, ohne die es in tausend flüchtige Eindrücke zersplittert.“ Ich suche mein Leben, meine Spuren, mein Ich und lerne eigenartige Dinge. Wo liegt die Balance zwischen Traurigkeit und Freude? Sie hat ihre Stimme in meinem Kopf zurückgelassen. Was wollte sie mir sagen? Was wollte ich sie noch fragen? Ich befinde mich in einem Tunnel der Gefühle. Eingezwängt zwischen den Wänden Denken und Handeln, Harmonie und Schmerz. Es ist dunkel. Nach und nach zeichnen sich atlasweiße Fragmente ab.

Wir tanzten im Gleichklang wie Fred Astaire und Ginger Rogers. Wir stehen uns nochmals gegenüber in dem großen Saal. Alles um uns verschwimmt. Die Geräusche verstummen. Ich berühre dich. Ich führe dich. Ich fühle dich. Aber etwas ist anders. Wo sind unsere Grenzen. Es wechselt das Draußen und das Drinnen. Sie trägt einen anmutigen obsidiangrauen Nebelschleier.

Wo liegt der Schlüssel des Rätsels? Wie ein Sonar sind meine Sinne. Ich taste nach der Wirklichkeit, die Ränder verschmieren, unscharf sind die Übergänge zwischen Tag und Nacht, Wachen und Schlafen, Leben und Tod. Wiedersehen. Ein schmaler Streifen aus Wahrheit liegt vor mir. Jeden Tag eine neue Etappe. Ich strample Kilometer um Kilometer wie die Radfahrer der Tour de France. Winde mich steile Pässe in die Höhe. Kein Blick zurück. Rase waghalsig die Abfahrten hinunter. Spüre den Fahrtwind, fühle für einen kurzen Augenblick die Freiheit. Was kommt nach dem Traum? Tränen füllten ihre Augen. Ich versuche, mich zu fokussieren.

Ich bin eine Mischung aus Peter Pan und Hans im Glück.

„So glücklich wie ich“, rief er aus‚ „gibt es keinen Menschen unter der Sonne.“ Mit leichtem Herzen und frei von aller Last ging er nun fort, bis er daheim bei seiner Mutter angekommen war. Auch ich tauschte viele Dinge, traf viele Leute und hatte immer Glück. „Alles, was du brauchst, ist Glauben, Vertrauen und ein bisschen Feenstaub“, sagte Peter Pan. Ja, ich hatte viel Vertrauen und auch etwas Feenstaub.

Ich lebe in der Vergangenheit und du in der Zukunft. Alles trennt uns, sogar die Zeit, die Zeit, die uns sonst so geeint, so vereint hat. Die Zeit, die wir ohne nachzudenken so unglaublich gut verbracht haben, die wir so mit Leben gefüllt haben. Die uns nie zu wenig war. Die wir immer so genossen haben. Du steigst auf in ungeahnte Höhen, ich tauche ab in die Tiefe meiner Seele. Suche nach dem Sinn. Nach meinem Sinn. Nach Sinn-Bildern. Nach Sinn-Symbolen.

SUCHE NACH DEM SINN

„Der Sinn des Lebens ist mehr, als das Leben selbst. Man kann nie wissen, was man wollen soll, weil man nur ein Leben hat, das man weder mit früheren Leben vergleichen noch in späteren korrigieren kann. Es ist unmöglich zu überprüfen, welche Entscheidung die richtige ist, weil es keine Vergleiche gibt. Man erlebt alles unmittelbar, zum ersten Mal und ohne Vorbereitung“, sagt Milan Kundera.

Ich lege das iPad auf die Seite. Ich fühle das Buch in meinen Fingern. Ich spüre den samtweichen Einband und bin fasziniert von den filigranen Verzierungen. Meine Finger gleiten wie über Blindenschrift. Die feinen Erhebungen helfen meinem Tastsinn. Meine Nervenbahnen geraten in Schwingungen. Die Synapsen verbinden sich wieder. Meine Augen erfassen die ersten Zeilen. Noch ist alles ungewohnt. Die Handschrift, die Materie jeder einzelnen Seite. Aber langsam kommt der Rhythmus. Wie im Takt der Musik arbeitet mein Gehirn. Ich lese aufmerksam und meine Sinne haben Zeit, sich zu akklimatisieren. Ich bin wie ein Schwimmer, der nach jedem zweiten Zug eine Atempause einlegt. Ich sauge die Worte auf wie ein Laubsauger, unermüdlich Blatt für Blatt. Die Buchstaben stellen Fragen und manchmal ist die Antwort leicht. Das Kerzenlicht scheint golden auf die fein säuberlich beschriebenen Seiten. Es ist, als ob die Sonne morgens aus diesem Buch aufgeht und alles in ein magisches Licht taucht. In Karmesinrot, in Glutorange, in Farbmischungen, die nur die Natur zustande bringt.

Ich bin mächtig stolz. Ich bin wertvoll. Mein Herz klopft unaufhörlich. An manchen Stellen des Textes bleibt es kurz stehen. Ich habe sicher vielen Menschen Freude bereitet, manche auch enttäuscht. Doch ich weiß jetzt erst, dass viele Menschen meine Worte, meine Gedichte nicht verstanden haben. Es ist ein Neubeginn. Wohin mich meine Reise führt, weiß ich noch nicht. Es gibt wunderschöne Bilder dieses Jahr. Ob es für ein Jahrbuch reicht? Ich habe unglaubliche Dinge erlebt und wundervolle Menschen kennengelernt auf meiner Reise zum Ich. Damit eine Reise beginnen kann, muss eine andere Reise zu Ende gehen. Ich habe viel gelacht und viel geträumt. Ich war verzaubert und verwirrt, ich war verrückt und verstört. Ich liebe extreme Gegensätze, doch dieses Jahr waren sie sehr extrem. Wie heißt ein so schöner Spruch: „Wirf deine Gedanken wie Herbstblätter in einen blauen Fluss, schau zu, wie sie hineinfallen und davontreiben – und dann vergiss sie!“ (aus dem Zen-Buddhismus).

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