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Palaver Samstagabend, 11. September 2010

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Etwas später hat Bernd die zwölf kalten Vorspeisen fertig und kann für den Hauptgang die vier Sorten Lasagne vorbereiten, eine vegetarische mit Pilzen, eine mit Auberginen und Tomaten, eine mit Spinat und Pinienkernen, schließlich noch zwei mit Hackfleisch für die so genannten Normalesser. Derweil räumen die Frauen schon die Küche auf.

„Wer soll all das vertilgen?“, meint Schneider, der mit einem Glas Rotwein in der Hand die gesamte Ess-Straße betrachtet, ehe Bernd die abgekühlten Platten, Schüsseln und Bratformen in die verschiedenen Kühlschränke räumt. Währenddessen haben die Frauen sich schon längst in die Gemächer verzogen.

„Abnehmer finden sich immer, Chef“, antwortet Bernd, ohne sich umzudrehen. „Da sind zum Beispiel unsere Familien und Freunde, der Seemanns-Chor, unsere Kollegen, dazu die neun Managerschüler und schließlich auch unser Vorgesetzter Dr. Lange mit Familie. Der müsste beim Büffet eigentlich Dr. Zu-Lange heißen, und seine Frau Doppel-Zulange. – Und wenn der Dr. Lange außer unseren Verabschiedungsurkunden und seiner Frau noch die beiden Doppel-Zulange-Töchter mitbringt, spindeldürr, aber immer wolfshungrig und abgrunddurstig….“

Schneider prustet los, verschluckt sich und Rotwein tropft ihm aus der Nase aufs Hemd. Bernd hat ihn im falschen Moment erwischt.

„Wenn Hilde das sieht, bin ich geliefert“, erschrickt Schneider.

„Wird schon nicht so wild werden, Chef“, grinst Bernd, „sagen Sie einfach, es wäre Blut. Man hätte ein Attentat auf Sie versucht. Müssen ja nicht gleich verraten, dass es nur ein kleines Attentat auf Ihre Lachmuskeln war. Und jetzt ziehen Sie das Hemd ganz fix aus, damit wir Salz auf die Flecken streuen können. Später versuchen wir noch mit Weißwein, die Reste aufzulösen.“

„Ich werde es Hilde erzählen, Breunecke“, lacht Schneider etwas später, als das Hemd mit ein paar Salzhäufchen darauf auf einem Tisch liegt und er im Unterhemd da sitzt, „aber glauben wird sie es mir wohl kaum, wenn sie das Salz sieht. Das ist wohl eindeutig kein Blut gewesen. Blut wäscht man mit kaltem Wasser aus. Das erzählt sie mir immer, wenn ich mich beim Rasieren schneide. Ein zweites Hemd für morgen hat sie hoffentlich eingepackt.“

„Aber sie wird zuerst erschrecken“, bemerkt Bernd, „und das hilft für den Beginn einer milden Vergebung.“

Auf den Schrecken hin trinken die beiden noch ein Glas Rotwein extra. Als Edwin Eberle erschöpft und doch recht aufgekratzt mit seinen neun Managern aus dem Dorfgemeinschaftshaus ankommt, genehmigen sich alle noch zwei Absacker aus Edwins Beständen. Eine Flasche gut gelagerter Chardonnay Jahrgangs-Grappa wird so in Gemeinschaftsarbeit der Glorreichen Zwölf, wie sich die angesäuselten Männer inzwischen nennen, in kürzester Zeit vernichtet.

„Eigentlich nicht ganz standesgemäß“, witzelt Edwin Eberle, „wenn der Herr Schneider hier zwischen uns im fleckigen Unterhemd wie ein Kanalarbeiter auf Urlaub sitzt.“

„Und wie war’s mit den Seebären“, fragt Bernd.

„Die Seebären sind schon eine lustige Truppe“, antwortet einer der Seminarteilnehmer, „die haben einige Liedchen mit uns gesungen. Hoffentlich sind die morgen nicht heiser. Und die Musiker sind Klasse! – Aber Sorgen haben die in ihrem Chor auch. Einer von ihnen, ein Mundharmonikaspieler – der war natürlich heute nicht dabei – will wohl unbedingt Vorsitzender werden. Und da es im Chor keine Sperre gegen die Aufnahme von Fördermitgliedern gibt, weil bei denen die Gesangsprüfung entfällt, führt er dem Chor lauter gut betuchte Freunde aus der Schweiz als Fördermitglieder zu, angeblich um den Chor finanzkräftiger zu machen. Jetzt zittern die anderen schon vor der nächsten Hauptversammlung, denn auch Fördermitglieder sind voll stimmberechtigt. Um das zu ändern, müsste man die Satzung anders fassen. Und dafür bekommt man bei der Hauptversammlung nun natürlich keine Mehrheit mehr gegen die Truppe des Mundharmonikaspielers, und einen Antrag auf Satzungsänderung hätte man in die Tagesordnung aufnehmen müssen, was aber nicht erfolgt sei. Ich habe ihnen den Tipp gegeben, doch noch vor der Hauptversammlung eine Sonderversammlung einzuberufen und den Mundharmonikaspieler wegen dieser Machenschaften auszuschließen. Aber das wollen sie auch wieder nicht. Lieber treten sie nach der Hauptversammlung alle aus und lassen ihn allein singen und Mundharmonika spielen. Das könnte doch auch ganz witzig sein, meinen sie. Vielleicht ist das morgen also einer der letzten Auftritte. – Und wir sind dabei!“

Schlehenbusch

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