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Partyvorbereitungen I Samstagnachmittag, 11. September 2010
ОглавлениеUnd genau so kommt es auch, denn von Kalles ISETTA 600 ist bei der Villa keine Spur zu sehen. Dafür steht aber ein Mann in Seemannskluft vor der Haustür, wohl einer von Kalles Chor-Kameraden. Und der fragt: „Wo soll der Seemannschor am Sonntagmorgen singen? Im Salon hier oder im Dorfgemeinschaftshaus? Wir müssen schließlich die Anlage aufbauen und auf den Raum abstimmen.“
„Seemannschor? - Davon weiß ich gar nichts! Tut mir leid!“, seufzt Bernd, „wer schickt Sie, und an wen sollen Sie sich wenden?“
„Na, der Kalle schickt mich natürlich. Und den sollte ich hier treffen!“, stottert der Seemann.
„Dann kommen Sie mal mit rein!“, reagiert Bernd ergeben, „das können wir drinnen klären. – Die Veranstaltung ist jedenfalls morgen ab zehn Uhr im Dorfgemeinschaftshaus. – Wenn Sie mal kurz anfassen, haben wir gleich alles aus dem Kofferraum in die Küche geräumt. Dann kann ich mit Ihnen zum Dorfgemeinschaftshaus fahren. Wir haben den Schlüssel.“
Drinnen kommt Hilde Schneider ihnen im Rollstuhl entgegen.
„Mist!“, sagt sie zu dem Seemann, „nun ist die Überraschung zum Teufel! – Aber stellen Sie den Karton mal ab und kommen Sie mit in den Nebenraum. Da besprechen wir Alles!“
Und damit rollt sie mit dem Seemann davon. Bernd steht mit seinen beiden Kartons als Depp da, der nichts kapiert und nun wie ein chinesischer Kuli all seine Schätze allein in die Küche der Managervilla schleppen muss.
Drinnen sitzt Schneider auf einem Stuhl und hält gleich den Finger vor den Mund, bis Bernd die Tür hinter sich geschlossen hat.
„Hilde hat mal wieder was angestellt!“, grinst er dann. „Was denn?“, reagiert Bernd ergeben.
„Den Seemannschor!“, lacht Schneider verlegen, „morgen Live-Musik. Sie hört die Jungs eben so gern. – Und ehrlich gesagt: als Kalle mit Fragen zu seinen Ermittlungen in Chucks Angelegenheiten bei uns in Ernatsreute auftauchte, passte es mir ganz gut, dass Hilde ihn mit dem Shanty-Chor gelöchert hat, bis er die Jungs anzuheuern versprach. Da konnte ich mich unauffällig zurückziehen. Kosten übrigens nicht viel, die Jungs. Dreihundert Euro und ein Weißwurstfrühstück. Und das übernimmt Edwin Eberle inklusive Getränke.“
„Wieso übernimmt der Edwin das denn? Und wie soll das morgen gehen?“, ist Bernd argwöhnisch.
„Alles schon geregelt“, lacht Ute Eberle ihn an, als sie dazukommt, „alles schon geregelt, Bernd. – Begrüße erst mal deine Familie. Danach erklär ich’s dir. – Egon und die Küchenmädchen können die Sachen rein tragen. Edwin ist schon mit unserer Managergruppe im Dorfgemeinschaftshaus. Die sollen eine Betriebsfeier hautnah mit organisieren und dann miterleben. So eine Gelegenheit haben die selten.“
Und damit schickt sie Bernd eine Treppe hoch. „Du wirst Judith und die Deinen schon finden. Geh immer dem Geschrei nach! Dein Simon schreit, als ob er Samson hieße!“
Bernd ist geschockt: Vom Seemannschor wusste er nichts. Auch von der Einbindung der Managergruppe in seine und Egon Schneiders Abschiedsparty hatte ihm niemand etwas erzählt. Aber er kann verstehen, dass Edwin und Ute den Kurs nur zur Hälfte ausfallen lassen können, um im Rhythmus zu bleiben. Zudem ist das mit der Betriebsfeier sehr sinnvoll. Und so muss er grinsen, als er beim Treppensteigen im Umblicken sieht, wie Egon Schneider mit den beiden Küchenmädchen Richtung Auto davon zieht.
„Klappe ist offen!“, ruft er Schneider zu.
Und der brummt zurück: „Ja, Ihre, Breunecke!“
Schneider hatte sich das Mithelfen in der Küche wohl etwas geruhsamer vorgestellt.