Читать книгу Berichte von der Reichstagstribüne - Helmut H. Schulz - Страница 16
18. März 1921
ОглавлениеUnsere Demokraten haben schwere geschäftliche Sorgen. Weniger wegen des rapiden Mitgliederschwundes, denn den nehmen sie fatalistisch hin wie jeder dem Grab sich nähernde die Arterienverkalkung und den Haarausfall. Sondern deswegen, weil die Republik bei uns durchaus nicht populär werden will. Daran ist sicher nur der alte Titel Deutsches Reich, den leider die Weimarer Verfassung aufrechterhalten hat, schuld. Einen solchen Fehler darf man nicht wieder machen. Im neuen Wehrgesetz, das im übrigen mit seinem 100 Tsd. Mann-Etat und seinem nochmaligen Abschwören der allgemeinen Dienstpflicht genau dem Ententediktat entspricht, ist deshalb von der Wehrmacht der Deutschen Republik die Rede. Der demokratische Abgeordnete Haas meint, das müsse geschehen, damit die Republik bei unserer Reichswehr endlich populär werde. Wir wollen es abwarten. Wir haben ja jetzt sogar einen Reichskunstwart, der alles Amtliche, darunter den kronenlosen Adler, unseren Herzen ästhetisch lieb machen soll. Aber die Deutschen sind nun mal komische Leute. Das alte kaiserliche Zehnmarkstück erfreut sich bei ihnen immer noch einer größeren Popularität als der neue künstlerisch-republikanische Zehnmarkschein...