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27. Januar 1921

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...Die Frauen des Reichstages, die Frauen sämtlicher Parteien, von denen allein Klara Zetkin sich ausgeschlossen hat, verlangen Reichsmittel, um die Jugendhilfe zu organisieren. Sofort zeigt sich aber auch wieder die rote Faust, dieses mal von einem Wirrkopf dirigiert. Der sozialdemokratische Schriftsteller, Abgeordneter Dr. Löwenstein hielt hier seine pädagogische Programmrede, die er an geeigneterer Stelle nicht losgeworden ist, da man ihn als Großberliner Kultusminister nicht bestätigt hat. Dieses Programm führt sicher nicht zu einem neuen Königgrätz. Er will jede Schulordnung aufheben, den Schüler zum freien Herren machen, der nur seiner »inneren Entwicklung« zu folgen hat; das ist, wie mir scheint, der kürzeste Weg nicht zur Zucht, aber zum Zuchthaus. Noch mehr; Dr. Löwenstein erwartet sogar die - »Weiterbildung der ethischen und sozialen Begriffe« von der freigelassenen Jugend, während wir bisher annahmen, daß diese Begriffe ihr erst überhaupt beigebracht werden müßten. Es ist der alte unselige Irrtum aller pädagogischen Nichtfachmänner von Rousseau bis Tolstoi, der uns hier erneut vorgetragen wird. Im Jahre 1906, noch mitten während der russischen Revolution, besuchte ich den Einsiedler von Jasnaja Poljana und erzählte ihm, wie entsetzlich verwahrlost ich überall von Petersburg bis Baku die Jugend seines Landes vorgefunden hätte, wie wüst sie gegen Eltern und Lehrer rebelliere, und wie schauerlich der Sittenzustand bei ihr sei. Der kleine alte Tolstoi sah mich aber nur mißbilligend an und meinte störrisch: Die Zeiten sind anders, es ist nötig, daß die Eltern sich vor den Kindern beugen...

Im Dezember vor zwei Jahren erließ der Volksbeauftragte Friedrich Ebert eine Verordnung, wonach das neue Heer der Republik aus Hundertschaften zu bestehen habe, die ihre Offiziere aus der eigenen Mitte wählten. Als dann im Januar die Volksbeauftragten in der Reichskanzlei eingekeilt waren und draußen der Pöbel tobte, flog die Verordnung nebst vielen anderen Theorien auf den Müllhaufen.

NB. Es ist schon merkwürdig, daß die Liberalisierung der Schule regelmäßig das Gegenteil erreicht, was ihre Aktivisten propagieren; keine höhere Moral durch Selbsterziehung, sondern Auflösung der »Zucht und Sitte«, wie sie damals auf der Tagesordnung stand. Pädagogische Systeme gehören bis heute zu den Tummelplätzen föderaler Parlamente, die auf diesem Feld schalten, wie sie es für richtig halten, je nach Koalition. Und infolge der Kulturhoheit der Länder ist ihnen auch keine Hemmung auferlegt.

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