Читать книгу Korruption im Krankenhaus - effektiv vermeiden, gegensteuern und aufklären - Hendrik Schneider - Страница 30
1.2.6 Übernahme der Kosten der Verteidigung Voraussetzungen der Kostenübernahme
ОглавлениеBei Bestehen eines Korruptionsverdachtes ist die Übernahme der Kosten für die Verteidigung zulässig, wenn diese unter dem Vorbehalt der Rückforderung steht, soweit sich der Verdacht erhärtet (eingehend zum Themenkomplex: Traut und Nickolaus 2019, 230 ff.). Das Bundesarbeitsgericht geht sogar von einem diesbezüglichen Anspruch des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin (§ 670 BGB) aus, wenn sich das Strafverfahren auf ein Verhalten in der beruflichen Sphäre bezieht, die Hinzuziehung der Verteidigung aufgrund des Gewichts der Vorwürfe erforderlich ist und letztlich kein Verschulden des Arbeitnehmers bzw. keine Straftat vorliegt (BAG, Urt. v. 16.3.1995 – 8 AZR 260/94). Für den Nachweis des Nichtvorliegens einer Straftat genügt die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO, das heißt mangels Tatverdachts.
Der Anspruch auf Erstattung der Kosten ist demgegenüber ausgeschlossen, wenn die Vorsatztat nachweislich begangen wurde, Bergwitz 2016, 203 ff, 206:
»Bei Vorsatzstraftaten scheidet ein Ersatzanspruch generell aus: Dies gilt nicht nur, wenn man die Ersatzfähigkeit in entsprechender Anwendung der Grundsätze zum innerbetrieblichen Schadensausgleich prüft, sondern auch, wenn man den Ersatzanspruch aus der Fürsorgepflicht herleitet. Denn es gehört nicht zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, seinen Arbeitnehmer vor den Folgen vorsätzlicher Straftaten zu schützen.«
In der Praxis wird wie folgt zu unterscheiden sein: Ergibt sich nach interner Überprüfung der Sachlage, dass nach Auffassung der Entscheidungsträger oder Entscheidungsträgerinnen im Krankenhaus keine Straftat vorliegt und die Vorwürfe unberechtigt sind (Beispielsfall: Der Compliance-Verantwortliche C, der wegen Beihilfe durch Unterlassen zur Korruptionstat eines anderen Mitarbeitenden beschuldigt wird, hat von dem maßgeblichen Sachverhalt erst im Nachhinein erfahren. Die Taten hätten durch ihn folglich nicht abgewendet werden können.), können die Kosten für die Verteidigung aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung mit dem oder der Beschäftigten und unter dem Vorbehalt der Rückerstattung übernommen werden. In anderen Fällen ist Zurückhaltung geboten (Hoffmann und Wißmann 2001, 249 ff.; Spatscheck und Ehnert 2005, 265 ff.). Hierbei ist auch zu bedenken, dass der Rückzahlung ermittlungsbehördliche Maßnahmen der Vermögensabschöpfung entgegenstehen können und daher die Realisierung des Rückzahlungsanspruchs fraglich ist (näher Graalmann-Scheerer 2017, 601 ff., 607). Werden in einer derartigen Situation und trotz entsprechenden Verdachtsgrades Kosten übernommen, besteht für die Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen im Krankenhaus sogar das Risiko, selbst wegen Untreue (§ 266 StGB) zur Verantwortung gezogen zu werden (Otto 2008, 693 ff., 699 ff. m. w. N.).
Wird das Strafverfahren schließlich gegen eine Geldauflage nach § 153a StPO eingestellt, ist die Übernahme der Kosten der Verteidigung im Rahmen des Ermessens nach hier vertretenem Standpunkt möglich. Allerdings sollte die Geschäftsführung diesbezüglich eine Abwägung nach den Prinzipien der Business Judgement Rule treffen. Es bedarf insofern der Abwägung, ob und weshalb die Kostenübernahme für die Krankenhausbetreibergesellschaft vorteilhaft gewesen ist. Hierbei spielt auch eine Rolle, ob der Anspruch des Mitarbeitenden nach § 670 BGB durchsetzbar ist. Im Fall der Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO ist insoweit von einer Umkehr der Beweislast auszugehen. Danach hätte der Mitarbeitende, dessen Strafverfahren nach § 153a StPO eingestellt wurde, zu beweisen, dass er die Tat nicht begangen hat.