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Steuern zahlen heißt, den wirtschaftlichen Erfolg mit dem Gemeinwesen teilen. Das ist ethische Verpflichtung und Last zugleich, die man gerne vermeiden möchte. Aber ohne Steuern kann der Staat seine Aufgaben nicht erfüllen, der Einzelne in der Gemeinschaft seine Fähigkeiten nicht entfalten und seine Rechte nicht wahrnehmen. Steuern sind somit allem, was das Leben in der staatlichen Gemeinschaft ermöglicht, vorgelagert. Ein Staat ohne Steuern mag auf den ersten Blick paradiesisch anmuten, in der Realität wäre der Verzicht auf Steuern das Ende staatlicher Ordnung. Steuerverweigerung ist deshalb nicht nur unsolidarisch, sie ist in einem sozialstaatlich organisierten Gemeinwesen auch eine Kampfansage gegen die Grundlagen der staatlichen Ordnung[1].

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Steuern als der finanzielle Beitrag des Einzelnen zur staatlichen Gemeinschaft bedürfen der rechtlichen Ausformung, um für den Staat eine planbare Größe zur Bestimmung des Umfangs seiner Aufgaben und zur Festlegung des finanziellen Spielraums seiner Aufgabenerfüllung zu sein (Haushalt)[2]. Für den Einzelnen müssen Steuern ein vorherseh- und kalkulierbarer Belastungsfaktor bei der Wahrnehmung seiner wirtschaftlichen Freiheiten (berufliche und unternehmerische Entfaltung) sein. Erst die Verbindung mit dem Recht macht die Steuern zum Teil der staatlichen Ordnung, erst das Steuerrecht ermöglicht die Orientierung der Verteilung steuerlicher Lasten an der Gerechtigkeitsidee.

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Die elementare Bedeutung der Steuern für das Funktionieren der staatlichen Gemeinschaft und der durch das Recht formulierte Anspruch, den gerechten Beitrag des Einzelnen festzulegen, machen es reizvoll, sich mit dem Steuerrecht zu beschäftigen[3]. Das Steuerrecht sagt nicht nur etwas aus über die Gerechtigkeitsvorstellungen, die der staatlichen Ordnung zugrunde liegen, es sagt auch etwas aus über die staatlichen Ziele, die staatlich definierten Werte und das Verhältnis des Staates zum Bürger[4].

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Die Güte des Steuerrechts und des Steuersystems prägen entscheidend die Beziehung der Bürger zu ihrem Staat und somit die allgemeine Steuermoral. Bereitschaft zur Steuerehrlichkeit gründet nicht auf staatlicher Kontrolle und Strafe, sondern vor allem auf einem verständlichen und an nachvollziehbaren Regeln orientierten Steuersystem. Für den Staat und seine Machtträger sind die Steuern eine ständige Versuchung, Einnahmen zu schöpfen und Verhalten zu beeinflussen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Steuer ein begehrtes Instrument der Politik ist und den Gesetzgeber immer wieder dazu verleitet, sie für vielfältige Zwecke zu instrumentalisieren. Die nie endende Steuerreformdiskussion zeigt, dass das staatspolitische Grundverständnis sehr unterschiedlich sein kann, ein Konsens schwer erreichbar ist und deshalb das Steuerrecht wohl immer in Bewegung bleiben wird.

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Die Steuerarten sind vielfältig und für den nicht Kundigen kaum übersehbar. Zur Zeit gibt es ca 30 Steuern[5], die an vielfältige Formen echter oder vermuteter Zahlungsfähigkeit oder an bestimmtes Verhalten anknüpfen. Die Zahl variiert aber stark danach, ob man sich an Steuertypen, an Einzelsteuern oder an Erhebungsformen orientiert.

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Schon die Vielzahl der Steuern mag den Einzelnen irritieren. Es wird ihn wenig trösten, wenn man ihm sagt, dass er nicht von allen diesen Steuern betroffen ist. Dazu kommt ein Orientierungsproblem. Die Vorstellungen über die gerechte Steuerlast, über das richtige Steuersystem, über die Art und Häufigkeit des steuerlichen Zugriffs gehen weit auseinander. Dem Steuerrecht fehlt es – nicht nur in Deutschland – an Beständigkeit, Übersichtlichkeit und Verständlichkeit. Wenn der Einzelne keine Planungssicherheit in seinen persönlichen wirtschaftlichen Dingen erhält, wenn er auf die Steuerrechtsordnung nicht vertrauen kann, wenn er gar das Steuerrecht nicht mehr versteht, wie soll er dann ein rechtsethisches Gefühl entwickeln können, den ihm obliegenden Beitrag leisten zu müssen? Wenn die Vorschläge zur Steuerreform täglich wechseln, dann wird die Steuerrechtsordnung der politischen Beliebigkeit preisgegeben. Der Bürger reagiert darauf, indem er versucht, sich seinen Pflichten zu entziehen.

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Steuerrecht ist Pflichtenrecht. Wer die Notwendigkeit seiner steuerlichen Pflichten nicht einsieht, wer sich ungerecht belastet sieht, wer vor der Kompliziertheit kapituliert, wer keine Regeln im Steuerrecht erkennt, der wird dieses Pflichtenrecht nicht akzeptieren. Ohne Akzeptanz erleidet das Steuerrecht aber einen Funktionsverlust, der auch durch staatliche Zwangsmaßnahmen nicht aufgeholt werden kann. Steuerrecht ist als Pflichtenrecht auf Akzeptanz angewiesen[6]. Diese Akzeptanz kann es nur gewinnen, wenn es nachvollziehbare Strukturen aufweist und auf überzeugenden Prinzipien beruht, die sich am Postulat der steuerlichen Lastengerechtigkeit orientieren.

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